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Die steinerne Pest

Die steinerne Pest

Titel: Die steinerne Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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runden Raumes vorbei, stellte
sich direkt neben Trautman und versuchte erneut, draußen
mehr als blendende Helligkeit und spiegelndes Wasser zu
erkennen. Nach einigen Augenblicken gelang es ihm
sogar. Vor dem Horizont zeichneten sich zwei oder drei,
vielleicht auch noch mehr verschwommene dunkle Umrisse ab; das mußte die Inselgruppe sein, die ihr Ziel war.
Dies allein beantwortete jedoch nicht die Frage, warum
Trautman so sichtlich beunruhigt war. »Was ist passiert?«
fragte Mike noch einmal. Trautman setzte nach einem
Augenblick das Fernglas ab, fuhr sich mit der Hand über
das Kinn und reichte ihm den Feldstecher. »Sieh selbst«,
sagte er.
Mike griff zögernd nach dem Glas, setzte es an und
blinzelte in Erwartung des sicherlich noch grelleren
Sonnenlichtes. Überrascht stellte er fest, daß er nicht im
mindesten geblendet wurde. Offenbar handelte es sich bei
dem Feldstecher um ein weiteres Wunderwerk aus den
schier unergründlichen Lagern der NAUTILUS, das jedem
herkömmlichen Gerät um Jahrzehnte voraus war. So nahe,
daß man glaubte, nur den Arm ausstrecken zu brauchen,
sah er den weißen Sandstrand einer bewaldeten kleinen
Insel vor sich. Und er entdeckte fast auf Anhieb das,
weshalb sie hergekommen waren: Wie ein umgedrehter
silberfarbener Teller lag das fremde Schiff auf diesem
Strand, nur noch zu einem Drittel von der Brandung
umspült. Aber er sah auch noch mehr. Und das jagte ihm
einen eisigen Schauer über den Rücken.
Das Schiff war nicht allein auf dem Strand. Mindestens
zwei, wenn nicht gar drei oder mehr Dutzend Menschen
umstanden die Flugscheibe, und nicht wenige, selbst durch
das starke Fernglas betrachtet winzige Gestalten krochen
wie emsige Ameisen über seinen Rumpf, machten sich
hier und da zu schaffen oder schienen gar in seinem
Inneren zu verschwinden.
»Großer Gott!« flüsterte Mike entsetzt. »Sieh nach
links«, sagte Trautman. Mike sah unsicher zu ihm hoch,
setzte den Feldstecher dann wieder an und tat, wie
Trautman ihn geheißen hatte. Im nächsten Moment machte
sein Herz einen erschrockenen Sprung und schien direkt in
seiner Kehle weiterzuklopfen, denn er gewahrte etwas,
was ihn noch viel mehr erschreckte als der Anblick der
menschlichen Gestalten, die über das Sternenschiff
krochen: Ungefähr eine Meile vor der Küste der kleinen
Insel lag ein gewaltiges Schlachtschiff, dessen Kanonen
drohend auf das Meer hinaus gerichtet waren und
scheinbar direkt auf Mike zu deuten schienen. Und es war
nicht allein. Neben dem riesigen grauen Stahlkoloß
ankerten zwei weitere Kriegsschiffe. »Aber wie... wie ist
das nur möglich?« murmelte Mike.
»Wir sind zu spät gekommen«, antwortete Trautman.
Seine Stimme klang bitter.
Langsam ließ Mike den Feldstecher sinken. »Aber das
ist doch gar nicht möglich«, murmelte er kopfschüttelnd.
»Ich meine... niemand hat gewußt, daß... « »Das Logbuch
war anscheinend nicht vollständig«, unterbrach ihn
Trautman. »Oder ich habe es nicht aufmerksam genug
gelesen. Einige Seiten waren herausgerissen, einige sind
unleserlich vom Wasser geworden. Sie müssen einen
Funkspruch abgesetzt haben, ehe sie sanken. «
»Aber das... das darf nicht sein«, stammelte Mike.
Plötzlich stieg hilfloser Zorn in ihm auf. »Es wird eine
Katastrophe geben. Wir müssen irgend etwas tun!«
Trautman antwortete nicht, aber es war gerade dieses
Schweigen, das Mike noch mehr erschreckte. Hilflos
drehte er sich vom Fenster weg, hob dann noch einmal den
Feldstecher, führte die Bewegung aber nicht zu Ende. Es
war so, wie Trautman sagte: Sie waren zu spät gekommen.
Die Katastrophe ließ sich nun nicht mehr aufhalten.
Nach einer Weile seufzte Trautman tief, drehte sich
herum und ging mit hängenden Schultern auf die Treppe
zu. Er sagte nichts, sondern forderte Mike nur mit einer
entsprechenden Handbewegung auf, ihm zu folgen, und er
wirkte mit einem Mal sehr müde und zehn Jahre älter.
Als er die Hand nach dem Treppengeländer ausstrecken
wollte, rief Mike ihn noch einmal zurück. »Trautman?«
»Jetzt nicht«, sagte Trautman, aber Mike folgte ihm mit
zwei schnellen Schritten und ergriff ihn am Arm, um ihn
zurückzuhalten. Trautman tat etwas völlig Unerwartetes:
Er blieb tatsächlich stehen, fuhr jedoch mit einer
blitzschnellen Bewegung herum und riß seinen Arm los in einer Art und Weise, die zweifellos der Ansatz dazu
war, Mike von sich zu stoßen oder ihm eine schallende
Ohrfeige zu versetzen. Im allerletzten Moment hielt er
sich zurück, und auf seinem Gesicht

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