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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prevost Andre
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dem anderen durch das offene Fenster in Lilis Zimmer. Er musste unbedingt mit ihr reden ... Sie war noch unten mit ihrer Mutter, aber sie würde sicher bald hochkommen und die Dinger auf ihrem Teppich finden. In der Zwischenzeit setzte Samuel sich an seinen Computer und suchte im Internet nach »Hans Baltus«, ohne Erfolg: Es gab zwar mehrere Hans Baltus, einen Musiker oder einen Radchampion, aber eine Verbindung zu einem Maler im Mittelalter gab es nicht. Er lernte, dass »Klugg« – oder Klug – eine Art Rumkuchen war und Yser ein Fluss bei Brügge. Brügge lag, wie er vermutet hatte, im Nordwesten Europas. Er durchforstete die virtuellen Kunstgalerien nach dem flämischen Gemälde: Es war dort viel von den Bildern Van Eycks die Rede, aber keine Spur von Ysers Porträt. Ihre blassen Hände auf dem schwarzen Kleid, mit denen er sich so viel Mühe gegeben hatte, waren der Nachwelt nicht erhalten geblieben! Nach einer Weile zeigte ihm sein Computer an, dass Lili sich in das Forum eingeloggt hatte, das Sam auf seinen Papierkügelchen angegeben hatte.
    LILI: Bravo! Mein Zimmer = Mülleimer! War’n Scherz, bin froh, dass wir in Ruhe reden können ;-). Weiß nicht, was mit meiner Mutter los ist, das muss an Rudolf liegen. Hier stehen alle kopf! Und du? Sahst müde aus beim Essen.
    SAM: Hab meinen Vater verpasst = falsche Zeit :-(. Hast du die Münzen?
    LILI: Habe ich im Buch der Zeit gesehen. Du warst in Brügge, 1430, stimmt’s? Münzen in Sicherheit, in meinem Schulterriemen. Habe die ganze Zeit an dich gedacht!
    SAM: 1000 Dank. Ohne dich hätten sie mich gevierteilt! Erzähl ich dir später. Hast du Fortschritte in Latein gemacht? Du musst mir was übersetzen. Ist vielleicht wichtig: Sl QUIS SEPTEM CALCULOS COLLEGERIT SOUS POTIETUR. SI EFFECERIT UT SEX RADII FULGEANT, COR ElUS TEMPUS RESOLVET TUM PERPETUUM AESTUM COGNOSCET
    Verstehe davon 0! Danke!!!
    Lili versprach, sich zu beeilen, und sogar, falls sie nicht mehr rausdurfte, die Lateinlehrerin anzurufen, die ihre Mutter für sie aufgetrieben hatte. Samuel streckte sich auf seinem Bett aus und wartete. Er war kurz davor, einzuschlafen, als es zaghaft an seiner Tür klopfte. »Sammy? Darf ich reinkommen?« »Klar, Grandma, komm rein.«
    Grandma machte leise die Tür hinter sich zu, als wollte sie nicht, dass jemand sie überraschte.
    »Glaub mir, ich hab dich nur ungern auf dein Zimmer geschickt!«, wisperte sie. »Aber da du uns nicht sagen willst, was passiert ist. . . Das Handy, dein ständiges Verschwinden, da können dein Großvater und ich nicht einfach zusehen!«
    »Ich mach dir auch keine Vorwürfe, Grandma.«
    »Ich weiß«, sagte sie und setzte sich ans Fußende. »Das ist es ja gerade, was mich so beunruhigt . . . Aber ich bin nicht gekommen, um dir eine Predigt zu halten. Das hat Evelyn schon erledigt! Nein, ich wollte dir etwas.. . etwas anvertrauen. Ich weiß nicht, ob es dich etwas aufmuntern wird . . . Grandpa hat dir doch von Allans Praktikum damals in Ägypten erzählt? Sicher hat er dir auch erzählt, wie sehr ich außer mir war?«
    »Du hattest Angst, dass ihm etwas zugestoßen sein könnte. Aber ihr konntet euren Laden nicht einfach zumachen und nach Ägypten fliegen.«
    »Das hätten wir sicher getan, wenn es notwendig gewesen wäre. Aber in gewisser Weise war es das eigentlich nicht. Wie soll ich sagen . . . Ich war weit weg, Tausende von Kilometern entfernt, und habe gespürt, dass Allan in Gefahr schwebte. Aber, ich schwöre dir, Sammy, ich war hundertprozentig sicher, dass er noch am Leben war. Nachts im Schlaf sah ich so etwas wie kurze Filmszenen, ganz kurze. Ich könnte nicht behaupten, dass ich ihn gesehen hätte, aber ich habe gespürt: Er war da. Eine Mutter hat so etwas im Gefühl, weißt du, sogar im Traum. Er war da, mitten in einem Nebel, seltsame Gestalten ringsherum, wie bei einer Filmkulisse. Manchmal lächelte er, dann wieder war sein Gesicht verzerrt.«
    Es ging ihr immer noch sehr nah. Sam nahm sie in den Arm.
    »Ich glaube dir, Grandma.«
    »Das ist lieb von dir, mein Sammylein. Leider ist das noch nicht alles«, schluchzte sie leise. »An dem Tag, als ... als deine Mutter auf dem Hügel von der Straße abkam . . . Du warst gerade im Krankenhaus, erinnerst du dich?«
    Und ob Sam sich erinnerte! An jede Einzelheit dieses furchtbaren Tages. Er war gerade am Blinddarm operiert worden und eine der Krankenschwestern hatte ihm die Nachricht überbracht. Sie hieß Belinda, hatte rote lockige Haare und kuhartige große schwarze

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