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Die steinerne Pforte

Die steinerne Pforte

Titel: Die steinerne Pforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prevost Andre
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Glücklicherweise ließ der Effekt nach etwa zehn Minuten nach.
    Als er wieder einen klareren Kopf hatte, fielen ihm zwei Dinge auf: Erstens roch er nicht gerade frisch gewaschen -der Zuber mit eiskaltem Wasser in Baltus’ Badezimmer hatte ihn doch abgeschreckt; zweitens hatte er seltsame Flecken auf seinem Hemd. Ohne es aufzuknöpfen, zog er es über den Kopf und untersuchte die Stelle: Er hatte das Pergament des Vogts unter seinen Mantel geschoben und die rote Tinte hatte auf das weiße Hemd abgefärbt. Auf dem Friedhof hatte er dann schnell die Münze in der Mitte der Sonne platziert, ohne an seine Kleider zu denken. Der Mantel und die Jacke hatten sich auf der Reise verflüchtigt und mit ihnen das Blatt Papier, das dazwischen gesteckt hatte. Kam das von der Hitze oder der Energie, die der Stein ausstrahlte? Auf jeden Fall hatten die Buchstaben sich auf seinem Hemd abgedruckt. Wenn auch in Spiegelschrift . . .
    Samuel lief nach oben in sein Zimmer, nahm Papier und Bleistift und hielt das Hemd an die Fensterscheibe. Dann notierte er:
    SI QUIS SEPTEM CALCULOS COLLEGERIT, SOUS
    POTIETUR.
    SI EEEECERIT UTSEX RADII EUI.GF.ANT, COR EWS
    TEMPUS RESOLVET.
    TUM PERPETUUM AESTUM COGNOSCE!’.
    Um ehrlich zu sein, selbst auf kariertem Papier des 21. Jahrhunderts und mit schwarzem Kugelschreiber geschrieben, sagte ihm der Text nicht viel. Lili hätte da sicher mehr Ideen. Er suchte sich saubere Sachen aus dem Schrank und beschloss, erst einmal zu duschen. Der Temperaturunterschied hatte ihn ganz schön ins Schwitzen gebracht. Als er kurz einen Blick in den Badezimmerspiegel warf, stellte er fest, dass er irgendwie anders aussah als vorher. Waren seine Schultern breiter geworden? Auch seine Oberschenkel erschienen ihm kräftiger. War der Flaum in seinem Gesicht dichter geworden? Vielleicht war es aber auch nur die Müdigkeit, die ihn älter aussehen ließ . . .
    Nachdem er wieder trocken und aprilfrisch war, schnallte Sam seine Tasche zu, um zu Grandma zurückzufahren. Er überlegte gerade, was er ihr diesmal erzählen sollte, als er von unten aus der Küche ein Geräusch hörte. Es klang, als würde ein Stuhl zurückgeschoben. Waren Paulus und Tabatha auf der Jagd nach dem Skarabäus aus dem Fernseher gefallen? Sam schlich wie auf Samtpfoten die Treppe hinunter. Vor der geöffneten Kühlschranktür stand ein gänzlich anderes Raubtier, ganz cremefarbene Eleganz und sonnengebräuntes Gesicht: Rudolf, der edle Ritter seiner Tante Evelyn.
    »Kann ich Ihnen ein Bier anbieten?«, fragte Sam so fröhlich wie möglich.
    Rudolf drehte sich mit verbissenem Gesicht zu ihm um.
    »Du kleines Miststück!«, donnerte er. »Hier hast du dich also verkrochen?«
    Er knallte die Kühlschranktür zu und war in zwei Sätzen bei Sam. In seiner Rechten hielt er das Handy, das Sam auf dem Tisch liegen lassen hatte.
    »Du willst dich wohl über uns lustig machen, was? Weißt du, in welchem Zustand deine Großeltern sind? Und deine Tante?«
    Sam zuckte nicht mit der Wimper, als Rudolf die Hand zum Schlag erhob, sich dann jedoch im letzten Moment besann und ihn lediglich am Arm packte.
    »Wo hast du seit gestern gesteckt? Wir haben dich überall gesucht!«
    »Ich war hier, zu Hause«, gab Sam zurück. »Ich wohne hier, schon vergessen?«
    »Solange dein Vater nicht wieder auftaucht, ist deine Familie für dich verantwortlich. Du hast uns zu gehorchen!«
    »Sie gehören nicht zu meiner Familie!«
    Ein mörderischer Blitz durchzuckte Rudolfs Blick. Er konnte sich kaum beherrschen.
    »Das werden wir ja sehen«, zischte er. »Und das Handy? Lili dachte, sie hätte es verloren. Du hast es ihr gestohlen, gib’s zu! Warum? Um es zu Geld zu machen? Du siehst genau so aus wie einer von diesen kleinen Junkies, die auf der Straße herumlungern und zu allem bereit sind, um ihren nächsten Schuss bezahlen zu können!«
    Samuel wollte ihm erst sagen, dass er nichts gestohlen hatte, dass Lili ihm ihr Handy sogar freiwillig geliehen hatte. Aber das hätte nur seine Cousine in Schwierigkeiten gebracht.
    »Sie sehen doch, dass ich es nicht verkauft habe, sonst wäre es ja nicht da!«
    »Ich sollte dich zur Polizei schleppen, dann würden dir deine Lügen schon vergehen. Kleine Schmeißfliegen wie dich sollte man sofort zertreten . . . Du hast Glück, dass du deine Tante hast!«
    Oh ja, welch ein Glück! Ohne seinen Arm loszulassen, zerrte Rudolf ihn zu seinem Wagen. Sam widersetzte sich nur halbherzig, er hatte sowieso wenig Lust gehabt, den Bus zu nehmen. Dafür

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