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Die Steinernen Drachen (German Edition)

Die Steinernen Drachen (German Edition)

Titel: Die Steinernen Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Bündel nichtssagender Banknoten mit fremden Schriftsymbolen erhalten.
    Die schweren, dunkelgrauen Gewitterwolken trieben an seinem Fenster vorbei und erinnerten ihn an träge dahin wandernde Elefantenherden. Eigentlich sollte er duschen und sich fertigmachen. Chin hatte ihn über ein Treffen mit einer Person informiert, die sie morgen nach Laos begleiten würde, einen Insider, der viel über das Land und die Königsfamilie wusste. Frank hatte Zweifel, was diese Person betraf. Seit er wusste, dass die Asiatin im Zimmer nebenan nicht Doktor Ngo war, fiel es ihm schwer, überhaupt noch etwas von dem zu glauben, was sie sagte. Immer wieder fragte er sich, wie er sich so in dieser Frau täuschen konnte. Ihm war bewusst, dass er sich zu sehr von ihrem Liebreiz hinreißen ließ. Trotzdem hätte er die Zeichen erkennen müssen. Er kam zu dem Schluss, dass sie ihre Rolle bisher perfekt gespielt hatte. Nun musste er sich arrangieren und solange den Unwissenden mimen, bis ersichtlich wurde, welche Ziele diese Frau tatsächlich verfolgte.
    Der Durst trieb ihn schließlich aus dem bequemen Sessel und er bediente sich aus der Minibar. Bislang hatte ihn das schlechte Gewissen geplagt, weil Chin die Reise und alles was damit zusammenhing, finanzierte. Doch die Peinlichkeit, jemand anderem auf der Tasche zu liegen, war jetzt wie weggeblasen. Wenn man schon versuchte ihn reinzulegen, dann wollte er seinen Teil dazu beitragen und zumindest die Spesen in die Höhe treiben.
    Der Jetlag machte sich bemerkbar. Seine Armbanduhr zeigte sechs Uhr morgens. Im Flugzeug hatte er nur scheinbar geschlafen, so gesehen fehlte ihm eine Nacht und was dies betraf, war er außer Übung. Weiterhin einen klaren Kopf zu bewahren, war in seiner Situation jedoch Gold wert. Zunächst stellte er sich unter die Dusche und ließ für fünf Minuten einen lauwarmen Wasserstrahl auf sich herabprasseln. Danach fühlte er sich besser. Die von der Reise verschwitze Kleidung, tauschte er gegen eine hellgraue Cargohose und ein sandfarbenes T-Shirt, das ziemlich zerknittert aus der Tasche kam. Gern hätte er Sandalen getragen, entschied sich aber für Turnschuhe. Wenn es darauf ankäme, konnte er darin schneller laufen. Flüchten , korrigierte er sich.
    Ihre Verabredung war auf drei Uhr in Chinatown festgesetzt. Es blieben ihm gut zwei Stunden. Den Gedanken, sich schlafen zu legen, verwarf er. Die kurze Zeit genügte seinem Körper nicht, um ausgeruht zu sein. Nach einem missglückten Versuch, Schlaf zu finden, wäre er sicher erschöpfter als im Moment. Außerdem war er nicht sicher, ob seine Verletzung ihn überhaupt zur Ruhe kommen ließ. Zudem waren ihm die Schmerztabletten ausgegangen und daher sprach nichts mehr gegen einen Spaziergang.
    Das Monarch Lee Garden lag in der Silom Road, nicht weit vom Chao Phraya-Fluss entfernt. In westlicher Richtung, etwa zehn Minuten Fußmarsch entfernt, lag die berühmt berüchtigte Sex-Meile Patpong mit ihrem florierenden Nachtmarkt. Frank ging in die andere Richtung, die viel befahrene Straße entlang, dem Fluss entgegen. Rechts und links der Silom Road herrschte dichtes Gedränge auf den breiten Gehwegen. Ob es an der Mittagszeit lag oder ob es grundsätzlich so voll war, konnte er nicht sagen, hielt aber letzteres für zutreffend. Für einen kurzen Moment kam
    ihm wieder SARS in den Sinn, die tödliche Lungenkrankheit, die vor drei Monaten in Asien gewütet hatte. Er befand sich in einer unüberschaubaren Menschenmasse, die ihn wie eine Meereswoge mit sich zog. Alles potenzielle Virusträger? Bevor die Angst ihn übermannte, besann er sich auf die Berichte der Medien und ihm fiel ein, dass es in Bangkok nur wenig Betroffene gab. Bereits einen Block weiter störte er sich nicht mehr daran, von so vielen Menschen umringt zu sein. Stattdessen begannen andere Dinge an seiner Physis zu nagen. Unfähig zu differenzieren, was ihm tatsächlich zu schaffen machte. War es der körperliche Schmerz, der hohe Lärmpegel um ihn herum, oder die schwere, von Abgasen geschwängerte, kaum atembare Luft?
    Abrupt blieb er stehen, bremste dabei den Leiberstrom hinter ihm. Berührungslos teilte sich die Masse der Asiaten und floss links und rechts an ihm vorbei. Gewaltsam verdrängte er alle äußeren Einflüsse, horchte intensiv in sich hinein und fragte sich, was das ständige Gejammer sollte. Reiß dich endlich zusammen , schrie er sich innerlich an. Die Tatsache, dass er sich in einem fremden, exotischen Land befand, sollte Motivation

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