Die Steinernen Drachen (German Edition)
Vermutlich würde man unter dieser Voraussetzung nicht allzu schnell vorankommen. Was leider auch bei einer Malariaerkrankung zutreffen dürfte. Die Chance sie einzuholen, bevor sie das Hochplateau erreichte, schrumpfte folglich mit jeder Minute, die er noch länger in diesem Krankenbett verbrachte. Aber all das konnte er der Krankenschwester nicht erklären. Sein Mund war zu trocken, als dass er überhaupt ein Wort hätte sagen können. Er griff nach dem Trinkbecher und kippte den Rest des Wassers in seinen ausgedörrten Rachen. Gegen den stillen Protest der Asiatin schwang er mühsam seine schmerzenden Beine über die Kante des Feldbettes. Als die Pflegerin erkannte, dass sie ihn nicht dazu bewegen konnte, sich wieder hinzulegen, half sie ihm aufzustehen.
Er schwankte, konnte aber das Schwindelgefühl niederzwingen. Man hatte ihn bis auf die Unterhose ausgezogen. Seine Sachen lagen am Fußende auf einer umgestülpten Holzkiste, die einmal zum Transport von Mangos gedient hatte. Das zumindest, versprach der
Aufdruck. Die Wände aus unverputzten Betonsteinen waren weiß getüncht. Es gab zwei Fenster, unverglaste, ausgesparte Löcher ohne Rahmen, vor denen lediglich feinmaschige Drahtgitter gespannt waren. Trotzdem tanzten Mücken um die nackte 60-Watt-Birne an der Decke herum. In dem Raum standen noch weitere fünf Betten, die alle leer waren. Er versuchte sich zu erinnern, ob die beiden Polizisten ebenfalls in diesem Zimmer genächtigt hatten. Wenn ja, was hatte sie dann zu dieser frühen Stunde hinausgetrieben? Die Schwester zu fragen, deren zierliche Gestalt
ihm immer noch als Stütze fungierte, hielt er für unangebracht. Er besänftigte sich damit, dass man die Kranken von den Gesunden getrennt unterbrachte und seine Begleiter ein anderes Lager bekommen hatten.
Umständlich und nicht ohne Widerwillen zog er seine verdreckten Sachen an. Für einen Moment dachte er darüber nach, wo seine Tasche abgeblieben war. Hatte er sie im Dorf vergessen? Es fiel ihm nicht ein. Letztlich war es auch egal. Der Inhalt war nicht mehr von Belang. Für seinen Weg in die Berge brauchte er keine Papiere oder Kreditkarten, nicht einmal frische Sachen zum Wechseln.
Jede Bewegung tat weh. Als er den letzten Knopf seines Hemdes geschlossen hatte, war er außer Atem. Am starken Arm der Laotin erreichte er die Tür, die in einen schmalen Gang führte. Von irgendwo her drang ein klägliches Stöhnen an sein Ohr. Frank glaubte jemanden weinen zu hören. Seine Orientierung schien ebenfalls unter dem Fieber zu leiden. Er konnte sich überhaupt nicht erinnern, wohin er sich wenden musste. Als könnte die Schwester seine Gedanken lesen, lenkte sie ihn nach rechts und schob ihn durch den Korridor. Drei Minuten später stand er wieder im Eingangsbereich des Hauptgebäudes, wo er sich widerstandslos auf einen der Stühle setzte. Die Krankenschwester ließ ihn allein. Ab und an hörte er eilige Schritte über die Gänge hallen, sonst war es noch still in der Station. Draußen krähte ein Hahn, worauf einige Affen mit schrillem Gebrüll antworteten. Die Luft war selbst zu dieser Zeit schon heiß und schwer. Er horchte den Geräuschen des Regenwaldes zu und spürte, wie ihn die Schwerkraft immer mehr in den harten Holzstuhl presste. Plötzlich fuhr er hoch. Meinhans saß neben ihm und schenkte ihm eine bedauerliche Miene.
„Gehen Sie wieder ins Bett“, forderte er Frank auf. „Der Doktor kann uns einen Rücktransport nach Thailand besorgen. Dort erhalten Sie die ärztliche Versorgung, die Sie benötigen und dann geht’s ab in die Heimat. Sehen Sie endlich ein, dass Ihr Gastspiel hier zu Ende ist.“
„Wo ist Xieng?“
„Der Capitaine hat es vorgezogen in den Dschungel zu marschieren. Wir sollten darauf vertrauen, dass er das Richtige tut ... er ist Polizist.“
„Wie naiv sind Sie? Für ihn zählt nur die Rettung seines Landes. Was aus seiner Sicht bedeutet, dass ein Opfer gebracht werden muss. Sehen Sie ein, dass er die Seiten gewechselt hat und jetzt alles daran setzt, dass Lea ihrer Bestimmung folgt. Wenn er sie findet, wird er ihr dabei helfen, das Kind den Drachen preiszugeben.“
Der Kommissar lehnte sich zurück und starrte ins Leere. Frank schnaufte wie eine Dampflok und fragte sich, ob der Erreger bereits seine Lungen angegriffen hatte.
„Ich habe Ihnen bereits gestern gesagt, dass ich dieser Legende keinen Glauben schenke. Außerdem sehe ich mich außerstande, Sie weiter durch die Wildnis zu schleifen. Noch ein Jahr
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