Die Steinernen Drachen (German Edition)
schnell auf sie zu.
Millisekunden vor dem Aufschlag öffnete Frank die Augen und starrte in das Gesicht eines Chinesen. Der Mann schreckte zurück, fing sich aber sogleich wieder.
Das Brennen in seiner Schulter kam nicht mehr von den giftigen Zähnen des roten Drachens, sondern von einer Spritze, die der Asiat gerade aus seinem Oberarm zog. Noch immer hingen Teile des Traums in seinem Kopf und überlagerten die Wirklichkeit. Neben ihm brannte eine Taschenlampe. Außerhalb des Lichtkegels war es stockdunkel. In einiger Entfernung ertönte der immerwährende Gesang des Dschungels, heraufgetragen von einem böigen Wind, der über das Plateau fegte. Mal sehen, was die Chinesen gegen die Malaria empfehlen , dachte er schlaftrunken. Dann zog ihn das Serum in seiner Blutbahn hinab in einen traumlosen Schlaf.
Der Anfang vom Ende
14. Juli 2003
Am östlichen Horizont schimmerte bereits das schwache Licht des Morgens, als er seine Augen aufschlug. Lachsfarben schmückte sich der Himmel über dem Dach des Regenwaldes und die ersten Sonnenstrahlen wanderten über sein Gesicht. Jemand hatte ihn unter einen Felsvorsprung gezerrt und mit seinem Regenponcho zugedeckt. Seine rechte Gesichtshälfte lag auf der Erde. Kleine Kiesel pieksten in seine Wange. Er fragte sich, wie viele Insekten während der Nacht in seinen Gehörgang gekrabbelt waren und richtete sich abrupt auf. Die Kerbtiere im Ohr waren vergessen, als er feststellte, dass er keine Schmerzen hatte. Der Chinese von heute Nacht fiel ihm ein, der ihm einen Schuss gesetzt hatte. Was auch immer in der Spritze war, es war scheinbar noch besser, als das Zeug der CIA. Er wischte sich notdürftig den Dreck aus dem Gesicht und trank aus der Wasserflasche, die man ihm überlassen hatte. Duschen und Zähneputzen fällt wohl auch heute aus!
Die Soldaten der chinesischen Einheit waren längst alle wach und frühstückten ein undefinierbares Reisbreigemisch aus Blechbüchsen. Es fand keinerlei Unterhaltung statt. Man reichte ihm eine Ration und er probierte vorsichtig. Das Zeug war klebrig zäh und geschmacklos. Um seinen Magen zu füllen, aß er es. Kaum hatte er den letzten Löffel intus, kam der Anführer zu ihm herüber. Frank sah zu ihm hoch. In seinem Rücken ging die Sonne auf.
„Ich bin Lieutenant-Commander Xietai Wang und Sie werden mir jetzt die Zeichnung des Drachen aushändigen!“
Diese Stimme war noch fest in seinem Gedächtnis verankert. Jetzt war er sich absolut sicher, dass es derselbe Mann war, der ihn in der Lagerhalle verhört und geschlagen hatte. „Ich habe sie verloren“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Niemand von den Amerikanern hatte dem Stück Papier Beachtung geschenkt, als man mich bewusstlos durch den Dschungel schleifte.“ Die Erklärung klang plausibel und er wollte auf keinen Fall, dass die Chinesen die Krankenstation oder das Dorf durchsuchen und dort noch mehr Unruhe erzeugen würden. Zum anderen war es ihm innerlich eine Genugtuung, den CIA-Leuten die Schuld in die Schuhe zu schieben. „Wenn Sie wollen, können Sie mich durchsuchen“, fügte er hinzu und hob einladend seine Arme.
„Das haben wir längst“, antwortete Wang. Man sah ihm an, dass er intensiv nachdachte.
„Was nützt Ihnen der Drache? Prinzessin Le Ah trägt ihn bereits auf der Haut“, gab er ihm zu verstehen und hoffte endlich zu erfahren, was die Chinesen vorhatten.
„Dieser Drache ist unvollständig. Das bedeutet ein hohes Risiko.“
„Selbst schuld! Sie haben dem Tätowierer vor einem Jahr dazwischen gefunkt. Er konnte sein Werk nicht vollenden“, konterte er und wunderte sich über seinen forschen Ton.
„Damals haben wir unter anderen Voraussetzungen gehandelt. Die Lage hat sich geändert. Wir müssen annehmen, dass es dem Feind gelungen ist, in den Besitz des Drachensymbols zu gelangen.“
„Darauf können Sie einen lassen!“
Der Lieutenant-Commander wurde blass und zeigte so etwas wie eine emotionale Regung. Er wollte alles daran setzen, die Situation für sich zu nutzen. Da er ohnehin in Gewahrsam dieses Mannes war, konnte er auch versuchen, ihn für seine Sache zu gewinnen, um seine Chance zu wahren, das Kind und Lea zu
retten. „Was kann Kham mit der Skizze des Drachens schon anfangen, solange er nicht die Prinzessin hat?“, fragte er vorsichtig.
„Er braucht die königliche Tochter Le Ah Thi Ky nicht. Wenn er den Drachen hat, kann er auch anderweitig intervenieren. Es gibt noch jemanden aus der Blutlinie Savang Vattanas, dem diese
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