Die Steinernen Drachen (German Edition)
Ehre zu Teil werden kann. Vattanas Sohn Souphanouvong hat zwar alle seine Titel und Ämter niedergelegt, um Präsident des Obersten Volksrates von Laos zu werden, konnte aber seine königliche Abstammung nicht verleugnen. Genau wie seine Nachkommen. Er hat eine Tochter, die gleichwohl als Opfer für die Drachen dienen kann. Und diese Frau ist unter dem Gefolge des Kwan Kham.“
Diese neue Wendung versetzte ihn in Angst. Wieder hatte sich der Wind gedreht. Wie auf einem Schachbrett ging es hin und her. Der laotische Geheimdienstchef hatte einen überraschenden Zug gemacht, mit dem er nicht gerechnet hatte. Von Anfang an hatte der Laote jemanden in der Hinterhand, der Leas Platz einnehmen konnte. Für Frank gab es keinen Zweifel, um wen es sich dabei handelt. Eine Frau, die sehr viel wusste: Chin!
Es wollte ihm noch nicht recht in den Kopf, warum Kham so einen Aufwand betrieb, Lea in seine Gewalt zu bekommen. Das ergab nur Sinn, wenn Kham nicht sicher sein konnte, ob Chin dieselben Voraussetzungen erfüllen würde wie Lea. Möglicherweise war ihr königliches Blut etwas zu verwässert. Er fragte Wang danach, der immer noch grübelnd vor sich hinstarrte und seinen Unterkiefer mahlen ließ.
„Ihre Überlegung ist plausibel. Es besteht ein Risiko, wenn das Opfer nicht zu hundert Prozent aus der Linie des Monarchen stammt. Die Drachen sind mächtige Wesen und lassen sich sicher nicht täuschen.“
„Sie glauben tatsächlich den Quatsch, an die Legende mit den zehn Sonnen? Für Sie ist das keine Mythologie, für Sie ist das alles Realität?“, fragte er den Lieutenant-Commander, der in seinem Tarnanzug ein anderer war, als der finstere Mann im dunklen Anzug, der ihn in Deutschland verhört hatte.
„Ich bin Soldat und habe meine Befehle. Was ich glaube, ist irrelevant“, antwortete er.
Die Spezialeinheit des chinesischen Geheimdienstes, unter dem Kommando von Lieutenant-Commander Xietai Wang, bewegte sich auf einem schmalen Pfad in Richtung Norden, als eine Explosion über die Bergrücken donnerte. Frank zuckte zusammen. Der brachiale Knall der Detonation prallte wie ein Pingpongball zwischen den aufragenden Felswänden hin und her, sein Echo wurde hundertfach zurückgeworfen. Der Ort der Explosion ließ sich akustisch nicht lokalisieren. Erst als im Südosten eine Staubwolke über einen tiefer liegenden, bewaldeten Bergsattel aufstieg, wusste er, wo die Sprengung hochgegangen war. Ein hastiger Blick in die abgeklärten Gesichter seiner Begleiter zeigte ihm, dass die Chinesen wegen der Explosion keineswegs beunruhigt waren. Unbeeindruckt setzten sie den Marsch fort. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass für einen kurzen Moment ein zufriedenes Grinsen auf Wangs schmalen Lippen gelegen hatte.
Im Schatten eines steil aufragenden Massivs machten sie Rast. Wieder bekam er Brei und frisches Wasser. Die Landschaft hatte sich verändert. Die tropische Vegetation war dem rauen Bergklima gewichen und die steilen Hänge waren mit hüfthohem Gras überzogen. Dazwischen lagen verstreut bizarre Stein- und Felsformationen oder Geröllfelder. Nur noch gelegentlich und schwach trug der Wind die Geräusche des Dschungels zu ihnen herauf. Der ewig grüne Regenwald erstreckte sich wie ein smaragdfarbener Ozean bis an den Horizont. Der Nebel hatte große Netze über die Baumwipfel gespannt, die wie weiße Gischt über die tiefer liegenden Sporne schwappte. Am Himmel türmten sich erste Monsunwolken vor die brennende Sonne und ließen den nächsten Tropenschauer erwarten. Diesmal gesellte sich Frank zum Commander, der auf einem großen Steinbrocken hockte und mit Stäbchen Reis in sich hineinschaufelte.
„Was hat es mit dieser Explosion auf sich?“
Wang sah von seinem Blechnapf auf. Ein Reiskorn klebte in seinem Mundwinkel. „Ihre Freunde vom CIA haben den Eisenbahntunnel gefunden“, erklärte er in beiläufigem Ton und aß weiter.
Er musste nicht lange überlegen, was das bedeutete. Man hatte Ilka und ihren Leuten eine Falle gestellt. Das war der Plan gewesen, um die Amerikaner aus dem Rennen zu nehmen. Seine Idee mit den Chinesen zusammenzuarbeiten, erschien ihm plötzlich mehr als fragwürdig. Der chinesische Geheimdienst schreckte vor nichts zurück, war schon einmal drauf und dran gewesen, ihn zu töten. Reichlich unverlässliche Verbündete, mit denen er sich da einlassen wollte. „Warum lassen Sie mich nicht gehen?“, fragte er aus seinen Überlegungen heraus. „Die Skizze des Drachens ist nicht mehr
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