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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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wirklich nicht, wohin jener, den ich suche, geflohen ist. Möglicherweise weiß das nur die Frau.«
    Die Lippen der Gefangenen zuckten. »Habt Erbarmen – er ist mein Bruder…«
    »Ah! Du weißt es also!« rief Lian erfreut und schritt vor dem Feuer auf und ab. »Ah, du weißt es! Wir fahren also fort. Paß gut auf! Mit diesem Stock zerquetsche ich die Schenkel deines Mannes und drücke ihm das Rückgrat in den Bauch – außer du sprichst.«
    Er trat an den Mann und setzte den Hebel an.
    »Verrat nichts…«, ächzte der Mann und wand sich vor Schmerzen. Die Frau verfluchte den Wegelagerer, schluchzte, bettelte. Schließlich rief sie verzweifelt. »Ich sage Euch alles!
    Dellare ist nach Efred geflohen!«
    Lian ließ den Stock sinken. »Efred also. Das Land der Fallenden Wand.« Er spitzte die Lippen. »Das könnte stimmen.
    Aber ich bin nicht so leicht zu überzeugen. Du mußt es mir noch einmal unter dem Einfluß des Wahrheitserweckers bestätigen.« Wieder holte er ein brennendes Scheit aus dem Feuer und klemmte es der Frau zwischen die Fußgelenke. Dann trat er erneut zu ihrem Mann und setzte den Hebel an. Die Frau schwieg.
    »Sprich, Weib!« brüllte Lian wütend. »Diese Arbeit bringt mich zum Perspirieren!« Die Frau sagte immer noch kein Wort. Ihre Augen waren weit geöffnet und starrten glasig in die Höhe.
    »Sie ist tot!« schrie ihr Mann. »Tot! Meine Frau ist tot! Ah –
    du Dämon, du Scheusal!« Er kreischte. »Ich verfluche dich!
    Bei Thial, bei Kraan…« Seine Stimme überschlug sich.
    T'sais war beunruhigt. Die Frau war tot. War Töten nicht böse? So hatte Pandelume gesagt. Wenn die Frau gut gewesen war, wie der Bärtige behauptet hatte, dann war Lian böse. Alle drei natürliche Wesen aus Blut und Verderbtheit! Trotzdem, es war eine verruchte Tat, etwas Lebendem so lange Schmerzen zuzufügen, bis es starb.
    Da sie Furcht überhaupt nicht kannte, trat sie aus ihrem Versteck und schritt zum Feuer. Lian blickte auf und zuckte zurück. Aber der ungebetene Gast war ein schlankes Mädchen von unglaublicher Schönheit. Er schwenkte den Hut, verbeugte sich.
    »Willkommen! Willkommen!« rief er. Voll Abscheu blickte er auf die Gefangenen auf dem Boden. »Unerfreulich, wir dürfen sie nicht beachten.« Er warf seinen Umhang zurück, seine leuchtenden Augen bewunderten sie unverhohlen, und er stolzierte wie ein Gockel auf sie zu.
    »Ihr seid bezaubernd, meine Teure, und ich – ich bin der vollkommene Mann. Ihr werdet sehen.«
    T'sais legte die Hand auf den Degengriff. Die Klinge sprang von allein aus der Scheide. Lian hüpfte eilig zurück. Die Klinge und das wilde Funkeln in den Augen der Frau hatten ihn erschreckt.
    »Was soll das? Kommt, kommt!« rief er unwillig. »Steckt Eure Klinge wieder ein. Sie ist scharf und hart. Ihr müßt sie wegnehmen. Ich bin ein herzensguter Mensch, aber ich vertrage nicht, daß man mich reizt.«
    T'sais stand zwischen den beiden Gefesselten. Der Mann blickte flehend zu ihr hoch. Die toten Augen der Frau starrten blicklos in den dunklen Himmel.
    Lian sprang sie an, in der Hoffnung, sie überwältigen zu können, solange sie abgelenkt war. Doch die scharfe Klinge schnellte von allein auf ihn zu und stieß in den behenden Körper.
    Lian, der Troubadourbandit, sank auf die Knie. Ein Schwall Blut schoß aus seinem Mund.
    T'sais zog den Degen zurück, wischte das Blut auf dem grellgrünen Umhang ab und mußte sich plagen, die Klinge in die Scheide zurückzuschieben, denn der lebende Degen wollte weiter zustechen, ja töten.
    Lian blieb bewußtlos liegen. T'sais drehte sich um. Ihr war übel. Wie durch Watte hindurch hörte sie eine schwache Stimme. »Bindet mich los…«
    Sie überlegte kurz, dann durchtrennte sie die Stricke mit dem Degen. Der Mann taumelte zu seiner Frau. Er streichelte sie, knüpfte ihre Fesseln auf, flehte sie an, ihn anzusehen. Aber wie sollte die Tote ihm willfahren? Da zeichnete Wahnsinn sein Gesicht. Er sprang auf und schrie seinen Kummer in die Nacht hinaus. Dann hob er die schlaffe Gestalt auf die Arme und stolperte schwankend davon in die Dunkelheit.
    T'sais schauderte. Sie blickte vom reglosen Lian zum schwarzen Wald, der zu weit entfernt für den Schein des Feuers war. Langsam und während sie häufig über die Schulter zurückblickte, verließ sie die Ruine und rannte über die Wiese in den Wald. Lian, der Wegelagerer, blieb blutend allein am Feuer zurück.
    Der letzte Schimmer der flackernden Flammen verlor sich in der Dunkelheit. T'sais tastete

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