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Die Sterne rücken näher

Die Sterne rücken näher

Titel: Die Sterne rücken näher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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prüfte den Treibstoffstand, die Steuerventile, den Autopiloten und andere Geräte nach. Dann übertrug er seinen Kurs auf Band und legte es in den Autopiloten ein. Mit einem Hebeldruck fädelte sich das Band in den Bordcomputer, der klickte und summte.
    »Acht Minuten vor Start«, kam die Durchsage vom Turm.
    Noch nie waren acht Minuten so langsam vergangen. Alan schaltete den Sichtschirm ein und sah auf das Feld hinunter. Die Bodenmannschaft räumte eiligst die Umgebung seines Schiffes.
    »Eine Minute vor Start, Pilot Donnell.« Und dann begann der Countdown.
    Zehn Sekunden. Alan aktivierte den Autopiloten und drückte auf den Knopf, der seinen Sitz in einen schützenden Beschleunigungssessel verwandelte; genauer gesagt, in eine Art Wiege. Die Stimme vom Kontrollturm rief dröhnend die letzten Sekunden aus. Voll Spannung wartete Alan auf den harten Schlag der Beschleunigung.
    Dann kam das Röhren, das Schiff taumelte für einen Moment von einer Seite zur anderen, kämpfte mit der Schwerkraft und war dann frei. Der Start war gelungen.
    Ein wenig später folgte dann schlagartig die dröhnende Stille, als die Antriebsaggregate sich abschalteten. Dann kam der Moment des freien Falls und schließlich der ungeheure Druck der beiden Seitenjets, die das kleine Schiff in eine Drehung um die Längsachse brachten. Nun setzte auch die künstliche Schwerkraft ein. Es war ein geradezu perfekter Start gewesen. Nun hatte er nichts mehr zu tun, als darauf zu warten, daß die Venus näher rückte.
    Die Tage vergingen langsam. Alans Stimmung schwankte zwischen Zweifel und Triumph. Zweifelte er, dann war er überzeugt, seine Reise zur Venus sei die utopische Jagd nach einem Phantom, die ihn nur in eine Sackgasse führte, und Cavour sei schließlich doch nur ein paranoider Irrer, der Hyperdrive der Traum eines Idioten gewesen.
    In den Momenten der Freude stellte er sich vor, wie er Cavours Schiff finden und ein wenig später eine ganze Flotte von Schiffen mit Hyperdrive bauen würde. Und dann waren auch weit entfernte Sterne in die Reichweite der Erde gerückt! Dann würde er kreuz und quer über die ganze Galaxis reisen, wie er vor zwei Jahren die Erde bereist hatte. Kanopus und Deneb, Rigel und Prokyon – diese und noch viel mehr Sterne würde er besuchen. Von einem Ende des Universums zum anderen würde er hüpfen.
    Das schimmernde Oval der Venus wurde größer und heller. Schon erkannte er die Wirbel in der Wolkendecke des Schwesterplaneten der Erde.
    Die Venus war noch immer eine unbekannte Welt. Auf Mars und Pluto gab es Erdkolonien, aber um die Venus mit ihrer ätzenden Atmosphäre und unerträglichen Hitze hatte man immer einen großen Bogen gemacht. Cavour hatte recht gehabt: unbewohnt und unbewohnbar. Es hätte unvorstellbare Summen verschlungen, wollte man die Venus für die menschliche Kolonisation vorbereiten. Im anderen Sonnensystem gab es zahllose Planeten, die trotz der viel größeren Entfernung leichter und billiger zu kolonisieren waren.
    Das Schiff tauchte in die Wolkendecke ein. Schwaden heißen, grauen Dampfes strömten an der absteigenden Cavour vorbei. Endlich hatte Alan die Wolkenschicht durchstoßen. Jetzt mußte er von der Computer auf Handsteuerung übergehen und so gut wie möglich den alten Berechnungen Cavours folgen. Er brachte sein Schiff in eine Umlaufbahn tausend Meter über der Venusoberfläche, die in einem Winkel von 25 Grad zum Venusäquator verlief. Dann schaltete er seinen Sichtschirm auf Intensivbeobachtung.
    Er kreiste über einer in Staubwolken gehüllten Ebene. Der Himmel zeigte phantastische Farben; es war eine Suppe aus fleckigem Blau und Grün vor einem alles durchdringenden Hintergrund aus mattem Rosa. Die Luft unter seinem Schiff sah grau aus. Keine Sonne vermochte die dicke Dampfschicht zu durchdringen, die den ganzen Planeten einhüllte. Mehr als einen vagen, diffusen, perlmuttfarbenen Schimmer konnte sie nicht erzeugen. Die aus der Ebene steil aufragenden Berge warfen keine Schatten.
    Fünf Stunden lang ließ Alan sein Schiff über diese unendliche Ebene von West nach Ost treiben. Er hatte gehofft, einen winzigen Hinweis auf Cavours Lager zu finden – einen Pfad vielleicht, eine Hütte, einen Haufen rostigen Materials, irgend etwas. Aber es war hoffnungslos, und Alan wußte es. Er war wirklich naiv gewesen, wenn er geglaubt hatte, er könnte etwas finden. In den dreizehn vergangenen Jahrhunderten mußten die Winde der Venus jede Spur von Cavours Lager zugedeckt haben –

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