Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
sich erschrocken zur Ordnung, und merkte gleichzeitig, daß sich seine Willenskraft auflöste, schwach und hinfällig wurde. »Ob du willst oder nicht, Mary...« Er hob sie auf seine Arme und kletterte die Leiter zum Heuschober hinauf; sie war steil und Mary stieß immer wieder gegen das Holz, der Stoff ihres Kleides verfing sich in einem Nagel, aber Charles kümmerte sich nicht darum. Mary fühlte, wie ihr schwindelig wurde.
»Laß mich los«, schrie sie, »Gott verdamme dich, Charles Mackenzie, wenn du mich nicht auf der Stelle losläßt! « Sie versuchte ihn mit ihren Fäusten zu treffen, aber er preßte sie nur noch enger an sich.
»Hör auf, so wild um dich zu schlagen«, fuhr er sie an, »wir stürzen sonst beide!« Sie wurde still und bemerkte, daß sie die letzte Sprosse erklommen hatten. Weiches Heu nahm sie auf, in dem ein allerletzter schwacher Duft von Klee aus dem vergangenen Sommer hing. Die Erinnerung an jenen Sommer ließ Mary schwach und hilflos werden. Ringsum zerschmolz der Schnee, die grauen Wolken lösten sich auf. Mary lag auf brauner, warmer Erde und Charles Mackenzie neigte sich über sie. Sie legte beide Arme um seinen Hals, ihre Lippen berührten seinen Mund, nicht scheu wie vorhin
unten im Stall, sondern fest und warm. Ohne zu wissen, wie das hatte geschehen können, spürte sie, daß seine Erregung auf sie übergegangen war. Verwirrt fragte sie sich, wie das so schnell passieren konnte. Auf der Leiter, sie wußte es genau, hatte sie sich noch gewehrt und gesträubt und das verzweifelte Gefühl gehabt, in einer Falle gefangen zu sein. Jetzt streifte Charles ihr das Kleid vom Körper, und sie genoß es! Sie wagte nicht die Augen zu öffnen, als ihre Finger unter sein Hemd fuhren und es ungeduldig auseinanderrissen. Charles hatte es geschafft. Sie lag in diesem verdammten Schafstall und hörte von weither die Lämmer blöken, geradeso, wie die leichtfertigen Bauernmädchen der Umgebung, wenn sie sich abends mit ihren Liebsten in irgendwelchen Heuschobern trafen. Später, wenn sie daran zurückdachte und ihr die Schamröte dabei ins Gesicht stieg, beruhigte sie ihre schuldbewußten Erinnerungen damit, daß sie sich sagte, es habe an ihrer Erschöpfung gelegen. Ja, ausgelaugt war sie gewesen, am Ende ihrer Kräfte, die ganze Welt hatte sich gegen sie verschworen und sie konnte nichts und niemandem mehr Widerstand leisten, nicht einmal, oder vielleicht am wenigsten, sich selbst. Doch dies war nur die halbe Wahrheit, denn über das andere konnte sich Mary keine Rechenschaft ablegen, sie begriff es nicht. Als sie dort lag und Charles küßte, war es ihr, als kehre für einige Augenblicke ihre Jugend zurück, etwas vom zarten, lieblichen Schimmer, der aus der Londoner Zeit vor Lettices Tod in ihrem Gedächtnis haften geblieben war. Sie war allzu kurz nur jung gewesen, und sie hatte nie etwas vermißt, außer einer leisen Sehnsucht nichts gespürt. Jetzt plötzlich war diese Sehnsucht übermächtig, in diesem Augenblick, da alles zu Bruch ging, wofür sie gelebt und gekämpft und ihre Jugendjahre hingegeben hatte. Charles’ Lippen und sein Körper wiegten sie in der köstlichen Illusion, noch einmal ein junges Mädchen zu sein, sorglos und frei wie tausend andere, die lachend und unbekümmert einen Mann umarmen und von ihm umarmt werden. Sie stöhnte Charles’ Namen, als er in sie eindrang und sich in ihr bewegte, und zuerst schien ihr Körper unsicher und erschrocken. Doch dann erreichten sie und Charles die Höhe ihrer Leidenschaft im selben Augenblick, bewegten sich gleichmäßig und zärtlich und den Bruchteil eines Herzschlages lang
meinte Mary, jenseits ihres Bewußtseins in Himmel oder Hölle zu fallen, dann sank sie zur Erde zurück, wußte aber, ehe sie ankam, daß sie noch nicht gesättigt war.
»Lieber Gott, es war so schön«, murmelte sie. Auf Charles’ Stirn glänzte Schweiß und seine Augen waren dunkel. Sein Atem hatte sich kaum beruhigt, da beschleunigte er sich schon wieder, seine Muskeln spannten sich. Selig bemerkte Mary, daß auch er noch nicht am Ende war. Er rutschte von ihr ab und rollte auf den Rücken, hob sie über sich, daß sie auf ihm zu sitzen kam. Sie erschrak, weil ihr dies zu schamlos vorkam, doch die Worte, mit denen sie ihn abwehren wollte, erstarben ihr auf den Lippen. Schon war er wieder in ihr, begann sich erneut zu bewegen, und sie begriff, wie sie ihm antworten mußte. Ihre Beine preßten sich in seine Seiten, seine Hände umfaßten ihre Oberschenkel.
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