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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Und wenn mal wieder etwas daneben geht? Keine Sorge, irgendein tölpelhafter Charles Mackenzie steht dann schon bereit und legt sich mit dir ins Heu, damit du neue Kraft schöpfen kannst. Denn das ist dein Weg, nicht wahr? Du bringst die Männer um den Verstand, und wenn sie dann winseln, fühlst du dich ganz großartig! Und soll ich dir was Schönes sagen? Es brechen gute Zeiten für dich an! Deine Sorgen sind unbegründet, mein Herz. In den Unterlagen von Archibald Claybourgh ließ sich kein Hinweis darauf finden, daß er Marmalon zu hoch besteuert hat. Lustig, nicht? Seine Geldgier rettet dich zu guter Letzt vor dem Strick, und gerade an den hätte er dich gar zu gern gebracht. Der gute Claybourgh hat eifrig in die eigene Tasche gewirtschaftet und offiziell Marmalon behandelt wie jedes andere Gut. Das heißt—nicht der Schatten eines Verdachtes fällt auf dich. Du hattest ebensowenig Grund, ihn zu töten, wie die anderen noblen Leute in deiner Nachbarschaft – oder ebensosehr!«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich kenne jeden in dieser Gegend, auch die Leute, die für Claybourgh arbeiten. Man erzählte mir, daß in seinen Papieren nichts gefunden wurde. Es müssen doch Wegelagerer gewesen sein.«
    »Courday, Greene... die könnten aber...«
    »Keiner wird reden. Hier ist ein großes Gaunerstück über die Bühne gegangen, und keiner der vornehmen Herren wird sich noch nachträglich darin verstricken wollen. «
    »Jeder hier wußte aber, daß es mit Marmalon nicht gut stand.«
    »Wer kann’s beweisen?«
    Mary schwieg. Ihre Augen waren groß und ängstlich, als sie
schließlich sagte: »Ich wollte nicht auf diese Weise mit meinen Schwierigkeiten fertig werden.«
    »Nein? Kein geheimer Dank an die bösen Räuber im Wald?«
    »An die bösen Räuber vielleicht schon...«
    »Na siehst du. Mary«, Charles nahm ihre Hand, »Mary, die Zeit des Schreckens ist vorüber! Wir bleiben auf Marmalon! Alles ist gut geworden. Oh«, er ließ ihre Hand wieder los, »dieses entsetzte Gesicht! Keine Angst, ich habe begriffen! Es wird zwischen uns nichts mehr geben. Es muß mir reichen, dich in meiner Nähe zu wissen und dich jeden Tag zu sehen!«
    »Charles, ich weiß, ich sollte mehr Zeit für dich haben und...«
    »Ach, Mary! Wir wollen nicht deine Zeit, sondern deine Liebe!«
    »Du weißt doch, du bist mein bester Freund. Ich werde...«
    »O Gott! Vielen Dank, ich gehe! « Charles stand auf und ging zur Tür. »Dein bester Freund. Du lieber Himmel!« Laut krachend fiel die Tür hinter ihm zu.
    Mary ließ ihre Faust auf den Tisch fallen. »Verdammt noch mal! Wenn das nur gut ausgeht! Weiß der Teufel, ich möchte nicht zu guter Letzt Neujahr statt in Newgate im Tower verbringen!« Sie trat ans Fenster und blickte hinunter in den Hof.
    »Ich habe nichts getan, deshalb können sie auch nichts von mir wollen. Wegelagerer... sollten sie wirklich einmal den Richtigen erwischt haben?« Sie hob den Blick. In der Ferne ragten schwarze Bäume in den Himmel und der Schnee strahlte hell unter der Sonne. Mary spürte, wie ihr Herzschlag ruhiger und gleichmäßiger wurde. Ein Gefühl erwachte in ihr, das sie nicht gleich zu deuten vermochte — etwas Süßes, Warmes, Sanftes. Es machte sie jung und zuversichtlich, so, als taue draußen bereits der Schnee, als blühe hellgrünes Gras und als zerspringe das Eis auf den Bächen. Sie mußte lachen, und in diesem Lachen schwangen Triumph und eine letzte Verwunderung. Pater Joshua in Shadow’s Eyes hatte sie gelehrt, es sei eine Sünde, schlecht über Tote zu reden, aber im Augenblick waren ihr seine Lehren so fern wie der Himmel selber.
    Sie dankte Nans guten Geistern und sagte laut und inbrünstig: »Zur Hölle mit dir, Archibald!« Danach brach sie, zu ihrer eigenen Überraschung, in Tränen aus.

VII
    Es war der 15. August des Jahres 1543 und über Essex wölbte sich ein dunkelblauer, wolkenloser Himmel, an dem frühmorgens schon die Sonne strahlendhell aufging. Das grüne Laub der Bäume leuchtete und auf den Wiesen blinkte letzter Tau. Die Luft war mild und warm, sie versprach flirrende Hitze für den Nachmittag und trug den schweren Duft wilder Rosen in sich. Vögel zwitscherten, ein sanfter Wind bewegte Gräser und Blumen. Manche Möwe fand ihren Weg vom Meer her ins Land und zog silberhelle Kreise am Himmel.
    Am Fenster ihres Zimmers in Lavender Manor stand Cathleen und blickte mit großen Augen hinaus in den klaren Hochsommermorgen. Sie sah blaß aus, aber ihre Augen waren sehr lebendig. Sie

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