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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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starrte sie an. Auf einmal wurde ihr sterbensübel und am ganzen Körper brach ihr der Schweiß aus.
    »Nein!« schrie sie. Der Schrei war so laut, daß ringsum alle erschraken, verstummten und zu ihr hinblickten. Sie stieß gegen Lady Winters Arm, so daß dieser der Becher aus der Hand kippte und sich die Flüssigkeit im Schnee ausbreitete. Lady Winter sah auf die Flecken in ihrem Mantel.
    » Was soll denn das, Kind?« fragte sie ärgerlich. »Warum schreist du und fällst gegen mich? Kannst du nicht aufpassen?«
    Der Wirt vom Star und Crown eilte herbei. Er drängte die Menschen beiseite und baute sich drohend vor Mary auf.
    »Was ist geschehen?« fragte er. » Was fällt dir ein, so zu schreien? Und wie...« sein feistes Gesicht lief rot an vor Zorn, als er in den Schnee zu seinen Füßen blickte, »wie konnte es geschehen, daß du den Apfelwein verschüttet hast?«

    »Es ist doch nicht so schlimm«, sagte Lady Winter, »ein Mißgeschick. «
    Der Wirt neigte sein Gesicht dichter an Mary heran.
    »Wer bist du überhaupt? Ich habe dich hier noch nie gesehen!«
    Im selben Moment merkte Mary, wie das schmerzhafte, gespannte Ziehen, das sie schon die ganze Zeit zwischen ihren Rippen und tief in ihrer Brust gespürt hatte, langsam ihre Kehle hinaufstieg, ihren Hals mit einem stechenden Schmerz erfüllte und ihr die Luft abschnürte, so daß sie mit einem heiseren Stöhnen um Atem rang.
    Nicht jetzt, dachte sie entsetzt, während rote Punkte vor ihren Augen zu flimmern begannen und alle Geräusche um sie herum weit zurücktraten.
    Seit sie in London lebte, hatte der asthmatische Husten, der ihre Kindheit begleitet hatte, sie nur ein einziges Mal gequält, und sie hatte schon geglaubt, sie hätte ihn nun, da sie gesünder lebte, ganz überwunden, aber heute kehrte er so heftig wieder, wie seinerzeit vor Oakwood House in Shadow’s Eyes. Damals hatte er sie gerettet, heute schien er ihr verhängnisvoll. Statt schnell im Wald zu verschwinden stand sie nun hier als Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit und wußte nicht zu erklären, wer sie war und was sie hier tat. Wenigstens konnte sie im Augenblick überhaupt nicht sprechen. Sie krümmte sich zusammen, hustete, hatte den Eindruck, tief in ihrer Brust zerreiße etwas und fühlte deutlich, wie alle Menschen ringsum näher traten und einen undurchdringlichen Kreis um sie bildeten.
    »Du lieber Himmel, was hat die Kleine denn?« hörte sie eine Frau fragen, und der Wirt erwiderte barsch: »Interessiert mich nicht. Ich will wissen, was die hier zu suchen hat!«
    Lady Winters tiefe Stimme drang an ihr Ohr. »Bist du krank? Wir haben einen Doktor bei uns.«
    Der Doktor Ihrer Majestät. Auf eine ihr unerklärliche Weise fand Mary die Kraft, abwehrend den Kopf zu schütteln. Kein Doktor, nur das nicht. Er würde ihr das Tuch aus der Stirn streifen, um ihr Fieber zu fühlen, und ihre rötlichen Haare würden sich wie lange Flammen im Schnee ausbreiten, sichtbar für jeden, der sie sehen wollte. Vielleicht würde er sie auch zur Ader lassen, um die Krankheit
auszubluten, dann lag sie morgen früh noch halb besinnungslos im Gasthaus und vielleicht käme irgend etwas über den geplanten, gescheiterten Mordanschlag heraus, dann bräuchten die Schergen der Königin sie nur noch bequem aufzusammeln und in den Tower zu bringen. Aber im Tower landete sie ja sowieso. Sie wünschte, sie wäre in der Lage, Lady Winter zu sagen, sie solle sich keine Sorgen machen, denn der Anfall sei gleich vorüber. Aber sie brachte kein Wort heraus, sondern krallte ihre schweißnassen Hände in Lady Winters freundlich dargebotenen Arm, weil sie entgegen aller Erwartung voller Panik glaubte, ihre letzte Stunde sei gekommen und sie werde jetzt und hier, an dieser Stelle, in diesem gottverlassenen, einsamen Waldstück vor den Toren Londons elend ersticken.
    Das ist Gottes Rache, dachte sie wirr, Jesus, nein, nicht jetzt, ich will noch nicht sterben!
    Eine kräftige, männliche Stimme hinter ihr sagte: »Keine Sorge Mylady. Meine Schwester leidet oft unter diesem Husten. Ich weiß, was zu tun ist und werde mich um sie kümmern.«
    »Das Kind gehört ins Bett«, entgegnete Lady Winter, »es ist schwer erkältet.«
    »Ein unausgeheilter Husten, Mylady. Bei feuchtem, kalten Wetter wird er immer schlimmer.«
    »Wenn das Ihre Schwester ist, dann passen Sie gefälligst besser auf sie auf!« schrie der Wirt. »Was sucht sie überhaupt hier?«
    »Sie wollte Ihre Majestät, unsere glorreiche Königin einmal aus der

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