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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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verwahrloste Katze, die endlose Meilen in Wildnis und Freiheit herumgestreift ist. Sie hatte am Themseufer gesessen und über das sonnenglitzernde Wasser und die vielen Boote geblickt, sie war durch das dichteste Menschengewühl gelaufen und hatte sich dem Geruchsgemisch von Parfüm, gebrannten Mandeln, Algen und faulendem Fisch hingegeben. Als sie das Haus durch den Kellereingang betrat, musterte die Köchin sie mißbilligend.
    »Besuch für dich da«, sagte sie mürrisch.
    Mary sah sie erstaunt an. »Besuch? Für mich?«
    »Ein Mann!« Die Köchin legte in dieses Wort die ganze Empörung und allen Abscheu, derer sie fähig war. Sie selbst hatte sich mit diesen Kreaturen nie abgegeben, aber es war ganz bezeichnend für ein junges Mädchen wie Mary, daß es kein Gefühl für Sittlichkeit hatte.
    »Er wartet in der Halle«, fügte sie hinzu.
    »Frederic!« entfuhr es Mary. »Oh, oder es ist Nicolas!« Die beiden waren die einzigen, die ihr einfielen, und sogleich schlug ihr Herz schneller. Sie strich sich über die Haare, reckte die Schultern und schritt gemessen die Treppe hinauf. Niemand brauchte zu merken, daß sie beunruhigt war. Sie trat in die Halle, ein leichtes Lächeln
auf den Lippen, ein nervöses Glitzern in den Augen – und blieb erstarrt stehen. Der Mann, der zum Fenster hinausgesehen und sich bei ihrem Eintritt umgedreht hatte, war ihr Bruder Edward.
    Die dreieinhalb Jahre, die seit ihrer Trennung vergangen waren, hatten ihn vollends zerstört. Niemand konnte sich mehr auch nur einen Augenblick lang darüber täuschen, daß er einen Säufer und dummen Taugenichts vor sich hatte. Sein Gesicht war aufgequollen, die Haut großporig und von einem ungesunden Weiß. Seine blauen Augen blickten verschwommen, was ihnen einen vollkommen begriffsstutzigen Ausdruck verlieh. Er trug eine fleckige Hose, völlig verdreckte Stiefel, ein durchlöchertes Hemd, und seine Haare waren wild und ungekämmt. Er stank grauenhaft nach Alkohol und hatte mit diesem Geruch schon das ganze Treppenhaus erfüllt. Mit offenem Mund, dessen Unterlippe leicht herabhing, starrte er seine Schwester an. Ein dümmliches Grinsen breitete sich über sein Gesicht. »Tag, Mary«, sagte er langsam.
    Mary brachte zunächst keinen Ton heraus. Nur mühsam bezwang sie ihr Entsetzen. »Aber was tust du denn hier?« fragte sie schließlich.
    Edward lehnte sich gegen die Wand, wippte lässig auf den Füßen und lachte unbeherrscht. Die Tatsache, daß er Mary erschreckt hatte und daß er etwas wußte, was sie nicht wußte, nämlich weshalb er hier war, gab ihm ein primitives Überlegenheitsgefühl.
    »Schönes Haus«, sagte er, »wohnst verdammt vornehm für ’n Balg aus dem Armenhaus!«
    »Weshalb bist du hier?«
    »Freust du dich nicht, mich zu sehen? Deinen einzigen Bruder. Willst du mir nichts zu trinken anbieten?«
    »Ich will wissen, warum du gekommen bist!« Sie hatte sich gefangen und betrachtete ihn kalt. Das altvertraute Gefühl des heißen Angstschmerzes im Magen verging. Hier konnte er ihr nichts tun.
    Edward merkte, daß sie ihre Haltung wiederfand, und das ärgerte ihn.
    »Hochnäsiges Weib!« schnauzte er. »Wird dir aber gleich vergehen, du Ratte! Unser Vater schickt mich!«

    »So?«
    »Was würdest du sagen, wenn er will, daß du sofort nach Shadow’s Eyes kommst?«
    Mary wurde blaß, aber sie verzog das Gesicht zu einem mitleidigen Lächeln. »Sofort? Ich komme im August, zu Frederic. Und von Vater lasse ich mir nichts befehlen, das kannst du ihm ausrichten. War das alles?«
    Edward betrachtete sie verwundert. Er verstand nicht, wie sie so erwachsen hatte werden können. Sie stand sehr aufrecht da, in einem Kleid aus schwarzem Samt mit gebauschten Ärmeln und einem Kragen aus weißer Spitze um den Hals. Ihre rötlichen, windverwehten Haare glänzten im Zwielicht der Halle, ihr schöngeschwungener Mund lächelte spöttisch. Edward empfand, wie schon früher so oft, den plötzlich fast übermächtigen Wunsch, in dieses blasse Gesicht zu schlagen, mit allen zehn Fingern an den Locken zu zerren, mit beiden Beinen gegen diesen schmalen Körper zu treten, so lange, bis Mary zusammenbrechen und sich schreiend, um Gnade flehend, vor ihm auf dem Boden wälzen würde.
    Leider konnte er das hier nicht tun. Lustvoll stieß er statt dessen hervor: »Lettice liegt im Sterben!«
    Mary gab einen erschreckten Laut von sich. Unwillkürlich preßte sie eine Hand auf ihr Herz.
    »Was?« fragte sie ungläubig.
    »Wir hatten das Fleckfieber in Shadow’s

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