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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ihr mit, sie würden beide nach London reisen, um an Pfingsten der Krönung Anna Boleyns zur Königin Englands zuzusehen.
    »ja aber«, stotterte Mary verwirrt, »wird sie denn Königin?«
    »Wir haben heute früh die Nachricht erhalten«, entgegnete Anne, »in aller Stille hat Seine Majestät Anna Boleyn, die Marquise Pembroke, geheiratet. Der neue Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer, hat die Ehe zwischen dem König und Katharina von Aragon für von Anfang an ungültig erklärt.«
    In der Stille der Provinz und im schweigenden Nebel dieses Winters hatte Mary all die Ereignisse vergessen, die England bewegten und von denen man sagte, sie würden noch Tod und Verderben für viele Menschen bringen, aber jetzt tauchten sie erneut auf.
    »Ich möchte noch nicht nach London«, sagte sie.
    »Ich möchte hin, Mary. Und ich will, daß du mich begleitest.«
    »Was ist mit Mylady?«
    »Sie bleibt selbstverständlich hier.«
    »Ich habe aber in London nichts zu tun«, begehrte Mary auf, »und die Krönung interessiert mich nicht!«
    »Es ist ein Ereignis von historischer Bedeutung. Außerdem solltest du dich freuen, aus dieser Abgeschiedenheit herauszukommen. Du bist zu jung für die Einsamkeit. Und zu hübsch. Du solltest mehr junge Männer kennenlernen. «
    »Wenn Sie mich unbedingt verheiraten wollen, Miss Brisbane, kann ich Sie beruhigen: Ich gehe sowieso im Sommer nach Kent zurück und heirate Frederic Belville.«
    Anne blickte sie mißtrauisch an. »Du hast ihn fünf Jahre lang nicht gesehen. Woher weißt du so sicher, daß er dich immer noch heiraten möchte?«

    »Das werde ich ja sehen.«
    »Aber...«
    »Ich weiß, Sie können es nicht erwarten, daß ich heirate.«
    »Du willst doch bestimmt nicht ewig mit uns zusammenleben!«
    Mary preßte die Lippen zusammen. »Ich glaube«, sagte sie dann, »daß Sie nicht ewig mit mir zusammenleben möchten, Miss Brisbane! «
    Sie wandte sich um und lief in ihr Zimmer, wo sie die Flügel ihres Fensters aufriß und sich weit hinauslehnte, um ihre glühenden Wangen vom Wind kühlen zu lassen.
    Anne ist machthungrig, dachte sie, und besitzergreifend! Aber als es darum ging, den toten Lord aus den Gemächern ihrer heiligen Cathleen zu schaffen, war ich gerade gut genug!
    Ihr Stolz verbot es ihr, lange zu streiten. Wenn man sie nicht wollte – sie mochte sich nicht aufdrängen! Und da sie im Sommer ohnehin fortgehen würde, konnte sie sich auch gleich auf den Weg nach London machen.
    Und so saßen sie nun in der Kutsche, ließen Lavender Manor und das bezaubernde verkommene Rosewood hinter sich und reisten nach London, begleitet von drei bewaffneten Dienern, denn die Zeiten waren unruhig und es lauerte viel räuberisches Gesindel in den Wäldern. Überall war schon zu erkennen, daß eine große Feierlichkeit im Land bevorstand. Aus allen Städten und Dörfern machten sich die Menschen auf den Weg nach London, um der Krönung beizuwohnen. Unzählige Pferde und Leiterwagen waren unterwegs und je näher man London kam, desto größer wurde das Gedränge auf den schmalen Feldwegen, an deren Rändern letzte Schneereste tauten. Es wurde immer schwieriger, in den Wirtshäusern noch Zimmer für eine Übernachtung zu finden. Meistens mußten sich zehn wildfremde Frauen und Männer einen Raum teilen, der eigentlich nur für zwei oder drei Personen vorgesehen war. Eilig wurde Stroh in den Ecken aufgeschüttet und die Gäste ließen sich auf den harten Lagern ohne Murren nieder, froh, überhaupt etwas gefunden zu haben. Abends saß man noch dichtgedrängt in den verräucherten Schankstuben, lachte, tratschte, trank Brüderschaft und politisierte. Hauptgesprächsthema war natürlich die neue englische
Königin. Niemand war besonders gut auf sie zu sprechen. In den Provinzen waren die meisten Menschen viel moralischer als in den Städten und außerdem seit Jahrhunderten tief in ihrem katholischen Glauben verwurzelt, daher verwirrte sie der Streit zwischen König und Vatikan und die Liebschaft Seiner Majestät mit einer junge Hofdame empörte sie.
    »Ihr wißt hoffentlich, warum der König sie nun wirklich heiratet«, sagte eine alte Bauersfrau an einem regnerischen Abend in irgendeinem Wirtshaus, »man erzählt sich, Miss Boleyn sei bereits in anderen Umständen und habe ihn deshalb gezwungen!«
    »Der König läßt sich nicht zwingen. Er wollte sie schon immer heiraten.«
    »Vielleicht schenkt sie ihm einen Sohn!«
    »Den neuen König von England! Sohn einer Frau, die von halb Europa

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