Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
Vom Netzwerk:
runzelt die Stirn, verwirrt und angeekelt. Diese späte Leidenschaft paßt nicht in seine Begriffswelt. Er schnaubt verächtlich und zupft an seinen Schnurrbart, der sich sehr fremd anfühlt. Nun, er kann nur hoffen, daß sein jüngeres Ich irgendwo in den Nebeln der Zukunft mehr Glück hat.
     
    Fünfundfünfzig Jahre in dieser Zukunft schlägt Diane ihre schönen jungen Augen auf. Sie spürt, daß jemand neben ihr liegt, aber sie dreht sich noch nicht um.
    Die Jalousien des Schlafzimmers sind heruntergelassen, und sie kann im Halbdunkel wenig erkennen, aber selbst dieses Wenige verrät ihr sofort, daß sie sich auf keinen Fall in Hyannisport oder auch nur in der Nähe davon befindet. Nicht daß der Raum häßlich wäre – er wirkt sauber, aber unpersönlich wie in einem Motel. Die Wände sind tatsächlich in Apricot gehalten, allerdings nur getüncht. Sie sieht weiße Vorhänge und Rollos, aber keine Farnpflanzen, keine eleganten Korbmöbel, keine Riesenspiegel. Der einfache Frisiertisch, die Bank, die Lampe – alles billige Katalogware. Auf dem Tisch steht ein kleines Parfümfläschchen, jedoch von Fotos keine Spur. Der Teppich ist verblaßt und abgetreten. Alles deutet darauf hin, daß die Einrichtung seit langem benutzt wird. Eisige Bestürzung, das unaussprechliche Gefühl, daß dies nicht wahr sein darf, kriecht in ihr hoch.
    Sie horcht. Weder das Rauschen der Brandung noch das Wispern hoher Laubbäume. Nur das Surren eines Fenster-Ventilators.
    Wenn sie ganz still liegenbleibt, wenn sie sich weigert, hier zu existieren, dann geht das hier vielleicht irgendwie vorbei, und alles wird so, wie es sein soll – sein muß! Sie macht die Augen zu, verschließt die Ohren.
    Aber sie hört eine Stimme. Die Stimme eines jungen Mannes, eine dieser Stimmen, die immer am Zurückkippen in die Kindheit sind.
    »Mein Gott ... du bist so schön!« Sie will nicht, wird nicht antworten, wird diese Realität nicht anerkennen. Eine Hand berührt die ihre, eine scheue Hand, die zitternd ihre Hüften streichelt. »Diane – Diane Fortnum! Ich frage mich, was, in aller Welt, du hier neben mir suchst!«
    Unwillkürlich wispert sie: »Wer ... wer bist du?«
    »Don. Don Pascal. Wir waren in der gleichen Klasse.«
    »Don ... Pascal? Don Pascal?« Erstaunen, ja Entsetzen schwingt in ihrer Stimme mit und macht sie lauter als nötig.
    »Genau. Don Pascal, der Streber. In einem Bett mit Diane Fortnum, dem Schwarm der Abschlußklasse, dem schönsten Mädchen am College. Der Traumjeden Mannes ... Und doch müssen wir uns nahestehen, sehr nahestehen, würdest du das auch so sehen? Sag mal, erinnerst du dich überhaupt an mich, Diane?«
    »Äh ... vage.«
    »Ich weiß. Mädchen wie du sehen an den Strebern vorbei. Außerdem hatte ich eine schlimme Akne. Eine echt schlimme Akne. Ich sag's dir lieber gleich, bevor du dich umdrehst und mich ansiehst.«
    »Ich ... ich werde mich nicht umdrehen. Das Ganze ist ein schrecklicher Irrtum. Ich gehöre nicht hierher. Der Spuk wird in ein paar Sekunden vorbei sein, ganz bestimmt. Ich weiß, daß ...« Sie beginnt am ganzen Körper zu zittern.
    »Nein«, sagt er sanft, »Diane Fortnum gehört nicht hierher. Aber allem Anschein nach warst du genau hier. Diese Dinger machen keine Fehler ... Aber du kannst natürlich warten, wenn du meinst.«
    Stille macht sich breit. Diane liegt mit geschlossenen Augen da, reglos, bis auf das Zittern, das sie immer wieder überkommt. Ihre Haut spürt das Baumwoll Dacron-Gemisch der einfachen Bettlaken. Die Klimaanlage rattert kurz und verstummt wieder.
    Eben als die Situation unerträglich zu werden droht, dringt ein schwaches Miauen an ihr Ohr, und etwas zerrt an der Bettdecke. Sie reißt die Augen auf – und begegnet dem grünen Blick eines großen schwarzen Katers. Er wartet sprungbereit, die Vorderpfoten auf die Bettkante gestützt.
    Sie liebt Katzen – und ganz besonders schwarze Katzen. Diese hier kommt mit der Schnauze näher, schnüffelt und zieht sich dann zurück, allem Anschein nach etwas verwirrt. Diane widersteht dem Impuls, das Tier anzusprechen. Der Kater mustert sie noch eine Weile. Allem Anschein nach findet er nicht, was er gesucht oder erwartet hatte, und so wendet er sich ab und geht zur Bank. Er springt elegant auf die Sitzflache, läßt sich mit eingerollten Pfoten nieder und beobachtet sie weiterhin kritisch.
    »Da scheint noch jemand der Meinung zu sein, daß du hierhergehörst«, sagt Don und setzt rasch hinzu: »Ich meine das nicht spöttisch,

Weitere Kostenlose Bücher