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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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es tut mir leid. Wir müssen umdrehen.«
    »Nein, nein! Warum?«
    »Dieser verrückte Wind dort oben, er bläst mit einer Geschwindigkeit von vierhundert Kilometern. Die Kanadische Luftwaffe hat befohlen, daß alle von hier verschwinden müssen. Alle Leute aus Spence Bay wurden evakuiert. Madame, es hat keinen Sinn, dorthin zu fliegen.«
    »O bitte, bitte!« Sie starrte voller Entsetzen den Kompaß an, dessen Kurszeiger unerbittlich auf 180 Grad herumgeschwenkt war. Nach Süden, weg von IHM.
    »Madame, ich habe keine Wahl. Ich bedaure.«
    »Edouard, wieviel kostet dieses Flugzeug?«
    »Dieses hier? Na ja, ungefähr zweihundertsechzig bis dreihunderttausend US-Dollar. Dazu kommen noch die Instrumente.«
    Sie tippte eine Zahlenkombination in ihr zierliches malvenfarbenes Geldtransfer-Taschengerät. Dann setzte sie einen Daumenabdruck auf seine Lesescheibe und unterschrieb mit einem winzigen goldenen Stift. Ein purpurfarbener Wertchip kam heraus.
    »Hier, Edouard, ich möchte Ihr Flugzeug kaufen.«
    Er betrachtete den Chip, betrachtete ihn noch einmal und pfiff durch die Zähne.
    »Nehmen Sie ihn, Edouard, es ist gutes Geld. Sehen Sie die Deckungsbestätigung?« Sie hielt ihm das kleine Gerät hin, auf dem neun Digitaleinheiten zusehen waren. »Sie können die Bodenstation anfunken, damit von dort eine telegrafische Bestätigung eingeholt wird. Ich bezahle die Unkosten.«
    »Ich glaube Ihnen, Madame. Doch wenn ich Ihnen diese Maschine verkaufe, was dann?«
    »Dann fliegen Sie mich wieder nach Norden. Sie brauchen sich dann keine Sorgen mehr zu machen, es ist mein Flugzeug.«
    Er schob sanft ihre Hand weg. »Glauben Sie mir, Madame, es tut mir leid, aber Geld nützt einem Toten nichts mehr.«
    »Edouard! Ich bitte Sie, ich muß nach Norden, der, den ich liebe ... verstehen Sie nicht? Ich zahle jeden Preis. Bitte!«
    »Ich bedaure sehr, wirklich sehr.« Die Muskeln in seinem Gesicht arbeiteten heftig, doch die Instrumente blieben unerbittlich. »Ich bin gewiß kein Feigling, Madame. Sehen Sie, sobald dieser Sturm vorbei ist, bringe ich Sie nach Spence Bay, überallhin. Umsonst«, fügte er verzweifelt hinzu.
    »Nein, nein, nein ...«, schluchzte sie. Die Norseman arbeitete sich weiterhin schwerfällig durch das Grau weiter, die Nadel blieb beharrlich auf 180 Grad stehen. Ihr ganzer Körper brodelte vor Widerspruch, vor schmerzhaftem Verlangen, nach Norden umzudrehen. Weit über ihnen blies ein Hochzeitshauch ins Leere, während sie hilflos von IHM weggetragen wurde. Was konnte sie tun? Sollte sie Edouard bitten zu landen und einfach zu Fuß nach Norden weiterwandern?
    Doch dieses Land war grausam und unwirtlich, das wußte sie. Und sie mit ihren zierlichen Schühchen! Hilf mir, Geliebter! Hilf mir! Aber wie hätte ER das tun können?
    Die Maschine setzte ihren Weg dröhnend und blindlings nach Süden fort, stundenlang, jahrelang. Plötzlich wurde es vor den Fenstern heller. Sie flogen über den Wolken ins Licht der Sonne. Edouard drehte ruckartig den Kopf zu ihr um.
    »Die Sonne!« keuchte er. Er begann, auf dem Kompaß herumzuklopfen.
    Die Sonne? Sie war zur Linken hinter ihnen. Sie konnten also nicht nach Süden fliegen! Sie waren weiter nach Norden geflogen, die ganze Zeit! Zu IHM!
    Schwindelig vor Dankbarkeit ließ sie sich in ihren Sitz zurücksinken. O mein Geliebter, wie konnte ich nur an DEINER Macht zweifeln? Neben ihr bearbeitete der Pilot seine Instrumente mit Stößen und Tritten. Die Norseman neigte einen Flügel, dann den anderen, und segelte gleichmäßig nach Norden, von einem mächtigen Wind nach oben getrieben. Die Nadel des Kompasses zuckte spielerisch.
    »Sauerei, sie hakt!« Edouard verdrehte voller Panik die Augen. »Sie reagiert überhaupt nicht!«
    Sie war so glücklich, daß sie fast nicht sprechen konnte. »Es ist alles in Ordnung, Edouard. Haben Sie keine Angst!«
    Doch er hatte Angst, er wand sich in seinem Sitz hin und her und keuchte fassungslos über die absonderlichen Dinge, die ihren Flug auf der Woge eines allmächtigen Windes begleiteten. Sie sah Palmen, Hausdächer, Reklametafeln, ein Durcheinander von namenlosen Bruchstücken, die alle träge im klaren Sonnenlicht über dem schneeigen Wolkenraum taumelnd tanzten. Ein riesiger, geierähnlicher Vogel – vielleicht ein Kondor? – schwebte hölzern vorbei.
    »Sehen Sie – ein Flugzeug!« Edouard griff schnell nach seinem Fernglas. Eine dicke viermotorige Düsenmaschine folgte ihnen im Rückwärtsflug. Allem Anschein nach trug sie die

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