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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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auf das Eis jenseits der Höhle. Das Gewölbe hallte von dem Krach wider.
    Hadley stand auf. »Kein Feuer. Meistens haben sie keinen Treibstoff mehr. Ob wohl noch etwas Bier an Bord ist?«
    »Geh hin und sieh nach!« Sie blickte ihm nach, wie er in seiner Unterhose mit Schottenmuster, dem schwarzen Trikot und den halbhohen Stiefeln aus ihrer Sicht wankte. Eine lächerliche Gestalt in SEINER großartigen Eislandschaft. Der weite Wolkenring um sie herum schien sich noch höher aufzutürmen. Die Sonne strahlte, die Vögel sangen in der süßen Luft. SEIN verzaubertes Refugium ... doch wo war ER? Wie lange noch, mein Geliebter ...? Sie senkte den Kopf; die Enttäuschung war zu grausam gewesen. Doch sie mußte tapfer sein, mußte sich als würdig erweisen ...
    Klappernde Schritte rissen sie aus ihren Gedanken. Die Giraffe kam wieder aus ihrer Höhle. Es war ein männliches Tier, wie sie bemerkte. Sie erhob sich und ging in die große Höhle. Im Innern war sie leuchtend grün, ein riesiges Gewölbe. SEIN Werk. Für sie? Die andere Giraffe zupfte an einem Ballen Alfalfa. Sie war ebenfalls männlich. Eine Siamkatze trottete mit hocherhobenem Schwanz vorbei; sie war sterilisiert.
    Soviel zur Theorie des armen Hadley.
    Zwei Strauße lagen lustlos im Dämmerlicht hinter den Ballen. Nichts hier sagte ihr etwas, es gab kein Zeichen von IHM. Wie lange noch, o mein Geliebter? Wo bist du?
    HIER, drang eine Antwort aus der Tiefe. GEDULDE DICH.WARTE!
    Unbeschreiblich glücklich ging sie wieder hinaus. Ein Waschbär schaufelte Kartoffelchips in ein Rinnsal von Eiswasser. Sie lächelte bei dem Anblick und hob Hadleys Zeitung auf.
    Als er zurückkam, war sie fieberhaft in die Lektüre vertieft.
    »Du wirst es nicht glauben, was in dieser Maschine war.« Er hatte beide Arme vollgepackt mit tiefgekühlten Speisen und Weinflaschen. »Ein Scheißmammutbaum, das war drin. Ein einziger großer, alter Baum, mit Wurzeln und allem, gut verpackt. Toll, was?« Er ließ sich zu Boden plumpsen und machte sich daran, eine der Weinflaschen zu öffnen.
    »Hadley, weißt du, was orbitale Perturbation bedeutet?«
    »Ja. Erdbeben und so ein Zeug. Ich habe dir doch gesagt, daß alles in die Luft fliegt. Ein Meteor wird im Südpol einschlagen.« Er studierte ein Etikett. »Ginseng mit Apfel und Kapuzinerkresse. Du lieber Himmel!«
    P. blickte auf, ihr Gesicht zeigte einen erhabenen Ausdruck.
    »Hör zu, Hadley. Orbitale Perturbation bedeutet soviel, daß der Erdball seine gegenwärtige Umlaufbahn verlassen wird. Sie versuchen, das nicht so deutlich auszudrücken, aber es steht zwischen den Zeilen. Es handelt sich um Meteoren. Die staatliche Sternwarte schätzt, daß ein sogenannter wandernder Planetoid aufgetaucht ist, der mehr Masse als die Erde hat.«
    Hadley nahm einen Schluck und starrte sie an.
    »Er wird nicht auf uns herabstürzen, begreifst du nicht? Er nähert sich uns nur auf so geringe Entfernung, daß er uns von der Sonne wegzieht.«
    Er wischte sich den Mund ab. »Wenn er so groß ist, warum sehen wir ihn dann nicht?“
    »Weil sein Perihel im Süden liegt, wo es nicht viele Observatorien gibt. Und sein Albedo ist gering.«
    »Du weißt eine ganze Menge, wie?«
    Sie stand auf, wodurch sie die Vögel erschreckte. »Hadley, der Erdball bricht aus, löst sich von der Sonne. Unsere Atmosphäre wird gefrieren. Alles wird sterben, alles. Die Erdkruste wird auseinanderbrechen. Die Kontinente werden sich wahrscheinlich abspalten.«
    »Das Ende der Welt«, seufzte er. »Ich habe es dir ja gesagt.«
    »Das Ende? Nein – der Anfang!« Sie hob ihr verzücktes Antlitz der tief über der Wolkenwand funkelnden Sonne entgegen. »Endlich macht ER sich frei. Endlich! O mein Liebling!«
    »Diese Marotte hast du also immer noch«, bemerkte Hadley.
    Sie sah ihn erstaunt an. »Wie bitte?«
    »Du und deine Vereinigung mit dem Gott Erde oder mit wem auch immer.«
    »Ich habe dir doch nie etwas davon erzählt.«
    Er lächelte betrübt. »O Mann, du hast schon als kleines Mädchen gesponnen.« Er nahm wieder einen Schluck und schüttelte sich. »Aber du hattest schon immer einen unglaublichen Hintern, das läßt sich nicht leugnen.«
    Sie wandte sich zornig ab, doch dann fing sie sich wieder. Er konnte nichts dafür, daß er so widerwärtig war. »Versuch mal nachzudenken, Hadley. Kommt dir nicht irgend etwas ziemlich ungewöhnlich vor? Bist du sicher?«
    Er rieb sich das sonnenverbrannte, stoppelige Gesicht. »Was glaubst du wohl, warum ich in diesem beschissenen

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