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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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lang hatte ich keine Periode mehr ... Ich dachte, die Gefahr wär' vorbei, und wir brauchten keine Vorsicht mehr ... oh, mein Gott! Bei der zweiten Untersuchung hat der Arzt schon gesagt, daß das Babybehindert ist. Und daß eine Behandlung an die dreißigtausend Dollar kosten würde, damit es wenigstens laufen könnte! Dreißigtausend Dollar! Soviel Geld haben wir nicht. Was wir haben, reicht gerade, um unsere Tochter aufs College zu schicken. Ich wollte eine Abtreibung, aber sie haben mir gesagt, so was sei jetzt gesetzlich verboten. Ich müßte das Kind austragen. Und bei der Geburt hat es mich innen fast zerrissen. In meinem Alter – ich bin kein junges Mädchen mehr.« Sie hebt den Kopf, starrt die Mädchen verzweifelt an und fügt mit leiser Stimme hinzu: »Wenn man sie von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet, sieht man gar nicht, daß sie behindert ist. Sie sieht dann richtig hübsch aus. Grad so, wie sie vielleicht geworden wäre, wenn ich nicht so alt wäre ... O mein Gott ... entschuldigt! Ich heule euch die Ohren voll, wo ihr doch bestimmt selbst Sorgen genug habt. Als ich das erste Mal im Krankenhaus war, hab ich ein junges Mädchen getroffen, das von vier Männern vergewaltigt worden war, ihr eigener Vater dabei. Sie wollten ihr nicht helfen. Später hab ich gehört, daß sie etwas Illegales versucht hat und dabei gestorben ist. Was soll ich mich da also beklagen? Es gibt so viel Schlimmeres.«
    Sie schaut sich verwirrt um und betrachtet die Autoschlüssel in ihrer Hand.
    »Ich fahre jetzt mit der Schrottkiste weg. Wo wollt ihr euch denn hinstellen? Ihr wollt doch sicher die Tür beobachten, oder?«
    »Ja. Keine Sorge, wir finden schon ein Plätzchen.«
    »Leicht gesagt. Bei so 'nem Wetter jagt man ja keinen Hund vor die Tür.« Sie läßt der Bemerkung ein spöttisches Lachen folgen.
    Weit und breit ist kein geschützter Fleck zu sehen. Hinter dem Bus stehen Kleinwagen, abgesehen von einem Lkw weit hinten auf dem Parkplatz.
    »Wir gehen dort hinten hin.«
    »Von dort aus könnt ihr die Tür nicht sehen. Wartet mal ...« Ihr Blick gleitet forschend über die Autoreihen. »Vielleicht von dort drüben aus?«
    Plötzlich zucken alle drei zusammen, als genau gegenüber melodisch eine Hupe ertönt. Eine Autotür öffnet sich, und eine äußerst elegant gekleidete hellhäutige junge Frau lehnt sich heraus.
    »Haltet ihr Ausschau nach euren Kindern?« Sie spricht mit einem betont weißen Akzent. »Ja.« Maylene fühlt sich von der eindrucksvollen Erscheinung der Fremden richtig eingeschüchtert .»Ich auch. Möchtet Ihr einsteigen? Von hier könnt Ihr gut sehen, und es ist warm.«
    »Oh, vielen Dank.«
    »Na, da ist das Problem ja gelöst«, sagt die Mutter des behinderten Kindes und steigt schwerfällig in ihren Bus.
    Sie fährt weg. Maylene und Neola klettern schüchtern in das warme velourgepolsterte Innere des tollsten Autos, in dem sie je gesessen haben.
    »Eins noch vorneweg«, sagt die hellhäutige Frau, »Wenn ich die Leute mit meinem Sohn kommen sehe, fahre ich ihnen hinterher. Deshalb habe ich das Auto auch mit der Nase zum Ausgang hin geparkt. Ihr müßt dann ganz schnell aussteigen, klar? Ich will euch ja nicht entführen.«
    »Hinterherfahren?« fragt Maylene überrascht.
    »Ja. Ich möchte herausfinden, wer sie sind und wo und wie sie leben. Ich will ihnen keine Schwierigkeiten machen oder so etwas ... Sie werden nie davon erfahren. Ich will einfach – einfach nur wissen, wo er steckt. Solange es möglich ist ...«
    »Mein Gott, wäre ich doch bloß auch auf diese Idee gekommen!« sagt Maylene sehnsüchtig. »Obwohl ... ich habe ja sowieso kein Auto.«
    »Mhm.« Die fremde junge Frau wälzt das Problem in ihrem Kopf, findet aber keine Lösung. »Vielleicht könntest du ein Taxi nehmen.«
    Maylene lacht laut auf. Die Fremde zückt ihr Lederportemonnaie. »Hier ...«
    »Nein, vielen Dank. Bitte, nicht!« protestiert Maylene heftig. Zögernd steckt die Frau das Portemonnaie wieder weg. »Hast du dein Baby schon abgegeben?«
    »Ja. Und ... sie wird noch gestillt und ...«
    »Dann wartest du heute vergebens«, klärt die Frau sie auf. »Tut mir leid. Sie entwöhnen die Kinder zuerst.«
    »Warten Sie schon lange?« fragt Neola.»Sechs Stunden. Ich weiß selbst nicht, warum. Es mag verrückt sein, aber ich habe so eine Vorahnung ...“
    »Trägt Ihr Sohn ein Erkennungszeichen? Ein Bändchen oder sowas?«
    »Ja. Ein breites blaues Stirnband.«
    »Unsere haben Schleifen. Mein Baby hat eine

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