Die Sternenkrone
weichen zurück. Wollen die Fremden ihn hier liegenlassen? O Gott ...
»Hört zu«, japst er, fast am Ende seiner Kräfte. »Ich weiß, wo das Geld ist. Der Tresor ... Ich zeig ihn euch. Nach der Explosion. Aber bringt mich von hier weg, um Himmels willen!«
Schließlich beugt sich der Mann, der über ihm steht, herab.
»O. k. Wir bringen dich weg, aber du mußt mal hier rüberschauen.« Er schnalzt mit den Fingern hinter Hagens Ohr. »Versuch's mal.«
Betäubt vor Schmerz und zu verwirrt, um sich zu wundern, dreht Hagen den Kopf dorthin, wo er das Schnalzen hört. So sieht er die Brechstange nicht, die heruntersaust und seinem Leben ein Ende setzt.
Sonst würde Hagen sofort wissen, was mit seinem Kopf passiert ist. Er kennt diese Art von zerschmetterten Schädeln. Er hat in seinem Leben einige davon gesehen. Jeder Arzt, der mit Lastwagenfahrern zu tun hat, wird sofort bescheinigen, daß das tiefe Loch in Hagens Schädel nur eine Ursache haben kann – einen harten Aufprall gegen den Überrollbügel.
Hagen ist kaum tot, da fangen die beiden Männer schon damit an, seinen Körper den umgestürzten Lkw hochzuhieven und in die Fahrerkabine zu quetschen.
Hup, hup – WAMM! Die Kabinentür kracht zu. In Windeseile klettern die Männer vom Lkw und rennen zu ihrem Wagen. Sie können gerade noch dem herausspritzenden Diesel ausweichen. Nerven wie Drahtseile, die beiden.
Der Supra fährt mit Vollgas weg, aber er hat das Ende der Brücke noch nicht erreicht, als sich der tonnenschwere umgestürzte neunachsige Lastzug aufbäumt und in einem Feuermeer aus roten und blauen Flammen explodiert.
Anstatt weiterzufahren, stoppt der Supra am Straßenrand und wartet dort mit abgeblendeten Scheinwerfern. Das Geprassel der Flammen ist ohrenbetäubend. Der kalte Wind trägt einen beißenden Geruch in ihre Richtung. Momentan sind sie die einzigen Bewunderer dieses Schauspiels. Weit und breit ist kein anderes Auto zu sehen.
Sobald die größte Gefahr vorbei ist, fährt der Supra zu dem ausgebrannten Lastwagen zurück und die Männer steigen, mit Stablampen in der Hand, wieder aus. Der Gestank ist inzwischen ekelerregend. Einer der Männer umrundet das Wrack und sucht dabei den Erdboden sorgsam ab. Der andere, der sich wegen der Hitze die Hände mit Taschentüchern umwickelt hat, klettert in die verkohlte Fahrerkabine. Er überzeugt sich, daß Hagens Lieferscheine vollständig zu Ascheverbrannt sind. Um sich zu vergewissern, daß nicht in irgendwelchen Nischen andere Papiere das Feuer überstanden haben, leuchtet er alle Ecken und Winkel der Fahrerkabine genau aus. Keiner der beiden Männer hält sich damit auf, nach dem Tresor zu suchen.
Plötzlich schnaubt der Mann, der unten den Erdboden absucht. Er hält das Teil eines Tiefkühlcontainers in der Hand, auf dem man die Buchstaben >BOHEMIA CL.< deutlich entziffern kann. Das schmelzende Eis hat das Schild vor der vollständigen Vernichtung bewahrt. Das könnte ungewollte Neugierde erwecken.
Neugierde ist eine Sache, die alternde Oligarchen überhaupt nicht schätzen. Sie finden, daß es die Öffentlichkeit nichts angeht, wie sie leben oder was sie essen. Deshalb haben sie auch die Mühe nicht gescheut, Männer wie diese hier als Eskorte für bestimmte delikate Ladungen anzuheuern, selbst wenn die Gefahr eines Unfalls verschwindend gering erschien. Ihre Arbeit ist es, Spuren zu vernichten, die zu dem Bohemia Club führen könnten.
Deshalb verschwindet das beschriftete Schild und andere ungewollte Bruchstücke in den noch züngelnden Flammen, zusammen mit einigen Fleischbrocken, die das Inferno überstanden haben und noch identifizierbar sind.
Schließlich sind die beiden Männer zufrieden. Sie kehren zu ihrem Wagen zurück. Die Streifen Isoliermaterial, mit denen sie ihre Schuhsohlen beklebt haben, um keine Spuren zu hinterlassen, reißen sie ab und werfen sie in den Kofferraum des Supra.
Als der Fahrer einsteigt, nähern sich von weitem, von der Landstraße her, Lichter. Sie tanzen zwischen den flachen Hügeln auf und nieder. Es sind die Scheinwerfer eines langsam dahinfahrenden Polizeiautos, das seine Geschwindigkeit aber bestimmt beschleunigen wird, wenn der Fahrer das noch glimmende Wrack des Lkws sieht.
Die Männer interessiert das kaum. Sie kommen auch ohne Scheinwerferlicht aus. Der Mond, der zwischen den rasch dahinjagenden Wolkenfetzen zu sehen ist, scheint hell genug, um ihnen den Weg zu der durch Bäume gut geschützten Stelle zu zeigen, von der aus sie seelenruhig
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