Die Sternenkrone
auf seinem Artilleriefahrzeug (oder was auch immer) zu lesen, sondern sie – sollte es sich als notwendig erweisen – sogar selbst zu verfassen und niederzuschreiben. Die Kampfkraft der Armee geht weit über die Summe ihrer Einzelindividuen hinaus; und die Kampfkraft eines einzelnen Soldaten ist gleichzusetzen der Kampfkraft von zehn Gegnern – denn sein Kopf ist klar, und sein Herz ist rein.
Einen Aspekt bei der Herstellung einiger Kriegsgeräte gibt es, welcher recht interessant erscheint. Es ist wohl allgemein bekannt, daß Jungen im Teenageralter meist nichts lieber tun, als irgendein Fortbewegungsmittel zu zerlegen und wieder zusammenzubauen. Anstatt nun diese ganze Energie sinnlos durch des Herumbasteln an Jeeps und Mofas zu vergeuden, werden alle Mädchen und Jungen, die es wünschen, in ihrer Freizeit in die Geheimnisse der Konstruktion etwa eines Kampfflugzeuges oder Panzers eingeweiht. Und wahrhaftig stolz schwellt sich dann die Brust des jungen Mechanikers, wenn sein eigener Bomber aus dem Hangar rollt und sich in die Lüfte erhebt.
Dies ergibt zuweilen höchst merkwürdige Namen für todbringende Maschinen, aber der Anblick eines Schriftzuges >Mittelschule Edelweiß< auf einem Raketenwerfer trägt sehr dazu bei, die Bedienungsmannschaft immer daran denken zu lassen, wofür sie den Willen hat zu kämpfen.
Und ebendiese jugendliche Interessenvielfalt wird auch dort eingesetzt, wo es um die Herstellung der Computer und fernmeldetechnischen Geräte für die Armeen geht. Recht zahlreich sind dabei Vorschläge für die Verbesserung und Erneuerung seitens der Jugend, welche dann auch Anwendung finden.
Diese ganze unwillkommene militärische Aktivität wird Ecologia-Bella von seinen Nachbarnationen aufgezwungen, im besonderen von dem großen Land jenseits der hohen Berge namens Pluvio-Acida.
Die Landschaft von Pluvio-Acida ist angeblich flach bis hügelig, aber seit vielen Generationen hat niemand sie zu Gesicht bekommen – bedingt durch die eigentümliche Undurchsichtigkeit der Luft. Es gibt auch Gerüchte, wonach Pluvio-Acida einstmals eine fruchtbare Erdschicht und lebende Bäume besessen haben soll, aber der Boden ist jetzt so ausgewaschen und aufgewühlt von Leuten, die Löcher hineinbohren, um alles das abzubauen, was frühere Löcherbohrer übersehen haben, daß jeder Schritt auf offenem Gelände einen Sturz in eine Art trockenen Schlick bedeutet, der nach Schwefelwasserstoff >duftet< – ausgenommen dort, wo durch das ständige Absinken des Untergrundes von Sprüngen durchzogener Beton den Boden bedeckt.
Wie alle vernünftigen Menschen verwenden auch die Pluvio-Acidaner fossile Brennstoffe für die Energiegewinnung – das heißt also Erdöl: mit den üblichen Folgen. Sie haben eine reiche, wenngleich in ihrer Vielfalt begrenzte Fauna, bestehend aus braunen Ratten, Kakerlaken und zwei Arten von Hausfliegen. Auch eine bestimmte Sorte von hartem Gras gedeiht immer noch in freier Natur.
Die sehr Reichen, von denen es in Pluvio-Acida viele gibt, verschönern ihre schlammwüstenartigen Besitzungen mit geschickt nachgemachten Bäumen aus Plastik, was einen halbwegs angenehmen Eindruck macht. Die andere Klasse, die Armen – auch das Proletariat genannt –, von denen das Land noch weit mehr hat, sehen sich die Landschaft der Reichen im staatlichen Fernsehen an, welches ihnen auch sagt, wofür sie ihren Lohn ausgeben sollen.
Pluvio-Acida erfreut sich einer sehr hohen Beschäftigungsrate für gesunde männliche Bürger zwischen zwanzig und fünfunddreißig; die aktuelle Zahl ist 105 Prozent. (Die überzähligen Prozentpunkte ergaben sich aus der Unfähigkeit eines oder mehrerer Zählbeamter, bestimmte Arbeiter von Robotern zu unterscheiden.) Alle diese Arbeitskräfte werken wie verrückt in Schmelzhütten, Maschinenfabriken, Minen, Schmieden, Walzwerken, chemischen Fabriken und so weiter, und das Bruttosozialprodukt ist extrem hoch. Die Arbeitslosen verursachen keine Probleme, da man sie an normalen Tagen ohnehin nicht sehen kann.
Das typische Frühstück eines pluvioacidanischen Arbeiters besteht aus einem in unverdünnten Alkohol getauchten stark gezuckerten Krapfen; zum Mittagessen wird üblicherweise der Krapfen weggelassen. Die Geburtenrate ist hoch, aber die Überbevölkerung wird gebremst durch Serien von unvermeidbaren Betriebsunfällen, genannt >Hopplas<, welche absolut nichts mit den vielen Kindern zu tun haben sollen, die mit drei Beinen, sechs Fingern oder Spaltbildungen der Wirbelsäule
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