Die Sternenkrone
mit dem Emblem von Pluvio-Acida darauf gekleidet, nach seiner siebten Dusche an diesem Tag die Brust abtrocknet. Er greift nach dem Zeremonienschwert, das ihm seine Eltern zusammen mit anderen für die Hochzeit notwendigen Accessoires mitgebracht haben, und versucht nervös, es zu schärfen. Dazwischen wirft er häufige Blicke auf eine bronzene Uhr, welche er im Verdacht hat, stehengeblieben zu sein, so langsam vergeht ihm der Nachmittag.
»Dieses verdammte Ding läßt sich überhaupt nicht zuschleifen!« ruft er aus. »Wertloses Blech! Das ist auch etwas, das ich an Ecologia-Bella so mag: Alle eure Sachen sind erstklassige Qualität. Weiß Gott, was ihr mit eurer Arbeiterschaft anstellt, daß das so ist ...«
»Vielleicht ist es das, was wir mit unserer Arbeiterschaft nicht anstellen«, lächelt der Ratsherr. »Und nun, mein lieber junger Prinz, stehst du kurz davor, an einem uralten ecologiabellanischen Brauch teilzunehmen, welcher dir, davon bin ich überzeugt, besser gefallen wird als alle anderen Dinge dieser Welt.«
»O mein Gott, muß ich mich schon ankleiden?«
»Absolut nicht.« Der Ratsherr schüttelt einen zweiten großen, schleierdünnen Umhang aus. »Vielleicht könntest du einen hübschen Morgenrock anlegen –dieser goldene dort drüben genügt vollauf.« Er winkt den Diener vorwärts, der hinter ihm eingetreten ist. »Und ein Paar Pantoffeln. Alte Steine sind kalt.«
»Nicht nur sie«, murmelt der Prinz; aber seine Neugier ist geweckt, ganz besonders als der Diener unteranderem auch ein Fläschchen Duftwasser und eine Bürste in die Tasche steckt, die er mitgebracht hat.
»Ich nehme an, daß du auf diesem Gebiet bald keinen Grund zur Klage mehr haben wirst«, strahlt der Ratsherr und hilft ihm, den alles verbergenden Umhang umzulegen. »Und jetzt komm mit, und bemühe dich, möglichst nicht aufzufallen.«
Es folgt eine Wiederholung der Reise über die Hintertreppen, der Wagenfahrt und der Erklärungen des Ratsherrn, wobei jener Teil, der sich im speziellen auf Königin Amoretta bezieht, ausgelassen wird.
Die Reaktion des Prinzen entspricht genau den Vorstellungen des alten Ratsherrn.
»Was für ein wundervolles Land!« ruft Prinz Adolesco wieder und wieder aus und kreuzt nervös die Beine. »Welch ein verständiges, aufgeklärtes Land! Meinst du das wirklich? Sie wird da sein? Es ist kein Scherz?«
»Auf meine Ehre! Da sieh ...« Er hebt eine Blüte auf, die irgendwie an Amorettas Schleierumhang hängengeblieben sein muß. »Gerade eben hat sie vor dir die gleiche Reise gemacht.«
»Beim Himmel, welch ein Land!« Der Prinz preßt die Blüte in seinen Händen, als wäre sie der Schlüssel zur Himmelstür, und stellt die Beine wieder gerade.
Von der sonnenbestrahlten Straße treten sie durch die unauffällige Tür in die Kathedrale und befinden sich in einem kühlen dämmrigen alten Korridor. An seiner linken Wand sieht man hohe Stützpfeiler aus Marmor, welche die Rückseite des riesigen Standbildes der sitzenden Göttin formen. In einer Nische befindet sich eine bewegliche Steinplatte, welche zur Seite geschoben ist und im Licht einer sanft leuchtenden Lampe eine Tür aus glänzendem Nußholz erkennen läßt. Der Ratsherr bedeutet Adolesco stehenzubleiben.
»Hinter dieser Tür befindet sich ein Apartment, das alles enthält, wonach es junge Liebende gelüsten könnte. Es gibt etliche Räume; dein Diener wird in einem Hinterzimmer sein, jederzeit bereit, dir später für die offizielle Zeremonie, welche dir rechtzeitig angekündigt werden wird, beim Ankleiden behilflich zu sein.
Im ersten Raum, den du betreten wirst, steht ein Bett. Und in dem Bett wird eine junge jungfräuliche Königin liegen, die niemals noch den nackten Körper eines lebendigen Mannes erblickt hat. Auch den ihren hat noch nie das Auge eines Mannes erblickt, noch die Hand eines Mannes berührt – nicht einmal die eines Arztes, seit ihrer Geburt. Und, denk daran, sie ist auch eine Königin, aus einer langen Ahnenreihe königlichen Blutes. Es wird vonnöten sein, daß du in deinem Verhalten äußerste Einfühlsamkeit walten läßt. Ich weiß, daß es dir daran nicht mangelt; ich habe genau beobachtet, wie du in der Lage bist, ein Vollblutpferd zu bändigen, wenn es scheut, und zu beruhigen, wenn es wütend reagiert. Das soll nicht heißen, daß es sich bei der Königin um ein Tier handelt, jedoch in unseren grundlegenden Gefühlen sind wir alle Tiere, und wir haben alle unsere eigene Empfindsamkeit, nicht wahr?
Ich
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