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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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Ich sagte, daß alle deine Wünsche in Erfüllung gehen werden. Du hast jetzt verstanden, daß du deinen Adolesco in der schönsten Stunde deines Lebens haben kannst. Aber du hast auch den Wunsch ausgesprochen, sterben zu wollen, wenn du ihn nicht heiraten darfst. Das, meine Liebe, ist immer noch der Fall. Du darfst ihn nicht heiraten, und du kannst ihn nicht heiraten. Und daher wird dies nicht nur die glücklichste Stunde deines Lebens sein, sondern auch die letzte.
    Wenn es soweit ist, wirst du zwei Phiolen erhalten, welche du austrinken sollst — eine davon bitter, die andere süß. Die erste wird dafür sorgen, daß deine Glückseligkeit wirklich vollkommen ist, ohne die kleinen nervösen Verkrampfungen, die so oft die erste Erfahrung einer Jungfrau mit der körperlichen Liebe beeinträchtigen. Das ist die bittere Flüssigkeit. Die süße wird dafür sorgen, daß nach der totalen Erfüllung eine leichte und schmerzlose Kühle über deinen Körper kommen wird. Das wird alles sein, ehe du die Besinnung verlierst. Doch diese Besinnungslosigkeit ist der Tod; du, Königin Amoretta, wirst niemals daraus erwachen. Um es offen herauszusagen – nach dieser Stunde der Liebesglut wirst du sterben. Bist du immer noch darauf vorbereitet?«
    »Ja.« Die kleine Königin hebt das Gesicht, die sanften Lippen fest zusammengepreßt.
    »Gut. Dann gibt es eine Kleinigkeit, die du tun mußt. Dein Prinz, der dich ja in seinen Armen sterben sieht, wäre darob natürlich untröstlich verzweifelt und keinesfalls in der Lage, gewisse Dinge zu tun, die er tun muß. Daher mußt du ihm zu irgendeinem Zeitpunkt im ... äh ... Verlauf der Ereignisse sagen – und ihn überzeugen –, daß du nur eine Doppelgängerin bist. Daß die Königin selbst nicht imstande war, ihre Skrupel zu überwinden, und an ihrer Stelle eben dich, ihre Doppelgängerin, gesandt hat – was übrigens ein Rechtbeider Personen ist. Du siehst die Notwendigkeit für dieses Vorgehen ein, und deine Phantasie wird dir zu Hilfe kommen, denke ich?«
    »O ja – aber wird er es nie erfahren? Wird er eine andere heiraten? Ach, das ... nein, nein!«
    »Beruhige dich. Diese Vorspiegelung falscher Tatsachen dauert nur eine Stunde lang. Und er wird keine andere heiraten – außer möglicherweise in vielen Jahren einmal, wenn er zurück sein wird in Pluvio-Acida. Und er wird sehr bald wissen, daß das Märchen von der Doppelgängerin Unsinn ist; daß er vielmehr diese Stunde mit der Königin selbst verbracht hat.«
    »Sehr gut. Ist das alles? Ich muß jetzt nachdenken ... Was, wir fahren zur Kathedrale?«
    Die Hochzeit soll vor dem großen Altar der Göttin der maßvollen Fruchtbarkeit stattfinden, einer architektonischen Zierde der Hauptstadt.
    »Ja, aber in einem Trakt des Gebäudes, der nur wenigen Menschen bekannt ist.«
    »Ich nehme an, mein Leichnam wird öffentlich aufgebahrt werden?« fragte die kleine Königin tapfer.
    »Ja, einen Tag lang. In der Kathedrale des Alls.“
    »Würdest du dann bitte dafür sorgen, daß Donna mein Haar zurechtmacht?«
    »Gewiß.« Der alte Herr zieht sein Notizbuch aus der Tasche und notiert dies sorgfältig. Ein, zwei Minuten lang herrscht Schweigen.
    »Mein armes Volk«, bemerkt die Königin gedankenvoll. »Ich glaube wirklich, daß es mich recht gern hat, nicht wahr? Und ich habe versucht, ein paar kleine Dinge in Angriff zu nehmen ... aber ich war so jung.«
    »Mehr als nur recht gem. Die Menschen werden erst den lauteren Charakter und die überragenden Qualitäten deines Bruders kennenlernen müssen, bevor ihre Trauer verebben kann ... Und nun ist es meine offizielle Empfehlung an dich, nur noch an die unmittelbar bevorstehenden Freuden zu denken. Denk daran, wie du dich bald fühlen wirst, wenn dein Prinz mit offenen Armen auf dich zugeht und du dich unbeschwert seiner Umarmung hingeben kannst.«
    »Ohhh, ja!« Und sie denkt an nichts anderes mehr, bis sie an der Rückseite der Kathedrale vor einem unauffälligen alten Nebeneingang anhalten. Aus dem Wagen hinter dem ihren steigen die ältere Dame und die Zofe mit der Tasche.
    »Dies ist Gräfin Verdant, meine Liebe. Ich glaube, du kennst sie bereits. Sie wird sich um alles kümmern und die ganze Zeit über in deiner Rufweite sein.«
    Mit diesen Worten verabschiedet sich der alte Ratsherr und fährt davon.
    Nach einer angemessenen Weile klopft er an des Prinzen Tür.
    »Oh, tritt nur ein!«
    Der Ratsherr öffnet die Tür und sieht sich dem Prinzen gegenüber, welcher sich, in kurze Hosen

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