Die Sternenkrone
Abschiedsspaziergang zusammen machen.
Die Königin läuft auf ihn zu. »Was ist geschehen, mein Liebster? Bist du verletzt?«
»Warum zum ... warum rennen sie nicht davon? Verschwinde, gotteslästerlicher Vogel, flieg schon davon! Diese Tiere hier, das sind hoffnungslose Feiglinge! Amy, das sind sie! Warum laufen sie nicht weg?«
»Nimm es dir nicht zu Herzen, liebster Adolesco! Wir werden einen davon so abrichten lassen, daß er davonläuft. So schnell wie der Blitz!«
Der Prinz läßt ein Stöhnen äußerster Frustration hören und wirft das Luftdruckgewehr weit weg. Dann ermannt er sich, grüßt die Anwesenden, küßt die Hand seiner Liebsten und stapft davon.
Amoretta blickt ihm nach und lächelt zärtlich. Eine der älteren ihrer Damen bemerkt dieses Lächeln und fühlt ihr Herz zu Eis erstarren, denn es besiegelt Amorettas Schicksal; das Lächeln verrät nämlich nicht nur das strahlende Glück eines betörten Mädchens, sondern ein neues Element liegt darin, welches sich in dem vergangenen Jahr entwickelt hat: ein Funken durch nichts zu erschütternder Mütterlichkeit. Amoretta kennt ihren Liebsten jetzt gut; sie ist sich vieler Dinge bewußt, ist nicht gedankenlos und unbekümmert, wofür sie viele halten. Doch anstatt ihre Leidenschaft zu dämpfen, hat dieses Wissen den gegenteiligen Effekt. Adolesco ist zu einem Teil ihr Sohn geworden, dem sie alles vergibt. Sie sieht seine Fehler und übersieht sie zugleich – mit der unerschütterlichen Überzeugung einer Mutter, die sicher ist, daß der Sohn sie unter ihrer liebevollen Lenkung alle ablegen wird, wenn er nur erst einmal erwachsen ist.
Die Dame seufzt in ihrem Dilemma: Dieser übermächtige Mutterinstinkt wäre wohl in andere Bahnen gelenkt worden, hätte Amoretta ein echtes Baby gehabt; doch dazu ist es nun zu spät. Nun ja; wir sehen, daß auch in Ecologia-Bella ein Mädchen einen Taugenichts an ihr allzu mütterliches Herz drücken kann, der sich dort des Platzes ihrer späteren rechtmäßigen Kinder bemächtigt. Nicht, daß Adolesco nun ein Taugenichts wäre; er ist nur noch sehr jung und unausgegoren, und die endgültige Form, zu der sich seine Persönlichkeit später auskristallisieren wird, könnte unter Umständen eine nicht so anziehende sein.
Aber wir müssen nun zum Tag seiner Hochzeit zurückkehren.
Um die Mittagsstunde wird ein mehr oder weniger zeremonielles Mahl eingenommen, an dem Prinz Adolescos Eltern teilnehmen, die Herrscher von Pluvio-Acida. Sie landen am Vormittag mit dem königlichen Düsenflugzeug, das selbstverständlich von konventionellen Flüssigbrennstoffen angetrieben wird. Eine beachtliche Menschenmenge hat sich versammelt, um die Ankunft von König Puerco Volante, Königin Porcellana und Prinz Slimoldi mitzuerleben, wenngleich das anwesende Volk von Ecologia-Bella sich auch gelegentlich diskret schneuzt und die Nasen zuhält.
Königin Porcellana revanchiert sich umgehend.
»Was ist das für ein schrecklicher Geruch?« fragt sie Adolesco, der die Treppe hinaufgelaufen ist, um seine Eltern zu begrüßen. »Das riecht wie Giftgas! Mein Gott! Glaubst du ...?«
»Beruhige dich, liebe Mutter. Das ist nur frische Luft. Bei manchen Menschen hat sie diese Wirkung.«
Die Königin schnuppert. »Kein Wunder, wenn etliche dieser Leute Gesichtsmasken tragen. Das machen diese gräßlichen Bäume. Als erstes mußt du veranlassen, daß man alle fällt. Ich habe gehört, sie sind schuld an der Umweltverschmutzung.«
Und zu dem Zeitpunkt, als König Puerco Volante und seine Familie den Palast erreichen, wo Königin Amoretta sie erwartet, sind sie von den Sauerstoffschwaden so übermannt, daß sie nichts mehr von sich geben, was wert wäre, hier erwähnt zu werden.
Ihre Teilnahme an dem Mahl wird durch einen Schwächeanfall von Königin Porcellana vorzeitig beendet, und die Herrscher von Pluvio-Acida sind dankbar, sich in ihre Gästesuite zurückziehen zu können.
Kurz darauf verschwinden auch die anderen Gäste, um sich auszuruhen und für die bevorstehenden Festivitäten vorzubereiten. Die Hochzeit soll am frühen Abend stattfinden, denn dies war die Stunde von Amorettas Geburt; aber die Sommersonne steht immer noch hoch am Himmel.
Und nun stattet ihr der alte Ratsherr seinen letzten Besuch ab. Er trifft die kleine Königin en deshabillé an; träumerisch arbeitet sie am Blumenkranz einer Brautjungfer.
»Meine Liebe«, sagt er in sehr ernstem Tonfall, »bist du bereit für die Stunde, da deine Wünsche – all deine Wünsche
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