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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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schwaches Glühen, ein Alles-ist-in-Ordnung-Empfinden, sich in ihm ausbreitete. Wer könnte ohne D's diesen Krieg ertragen? Er kannte keinen.
    »He, was ist mit den anderen passiert? Mit meiner Einheit?« fragte er, als sie später wieder vorbeikam. »Jack, Errin, Benjy?«
    »Ihre Freunde? Es tut mir leid, ich weiß es nicht. Sie sind allein hergebracht worden. Ich habe gehört, daß Sie ein einziger Überlebender sein sollen. Also, ich fürchte, ihre Freunde gehören zu den Opfern, Soldat. Oder vielleicht sind sie auch nur leicht verwundet.«
    Freunde, dachte er. Ja, er mochte Jack auf eine eigenartige Weise, und Benjy war ein guter Kerl. Aber wußte sie nicht, daß man in diesem Krieg keine Freunde hatte? Wenn man D's nahm, brauchte man keine, und wenn man KZ's nahm, konnte man sich nicht einmal an das Wort erinnern.
    »Was meinen Sie mit einem Entzug ab morgen? Was wird man mit mir anstellen?«
    »Sie sollen nach Hause kommen, Soldat. Nach Hause. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie hatten Glück. Was glauben Sie, warum Sie in einer Übergangs-Einrichtung untergebracht sind?«
    Er hatte keine Ahnung.
    »Weil wir euch Jungs doch nicht vollgepumpt mit dem grauenhaften Zeug nach Hause schicken können, oder? Also müssen Sie zwei oder drei Wochen lang einen Entzug machen. So schlimm wird's schon nicht werden. Denken Sie einfach daran, daß Sie nach Hause zurückgehen.«
    Er legte sich zurück, in seinem Kopf drehte sich alles. Das Glühen der D-Pille in seinem Körper überstrahlte alle Sorgen. Morgen war noch weit weg.
    Aber daran denken, nach Hause zu gehen? Er hatte kein besonders großes Verlangen danach. Zu Hause bedeutete ihm nicht mehr viel, seit sich Geri von ihm getrennt hatte. Aber um die Wahrheit zu sagen, er konnte sich kaum noch an sie erinnern. Es war eine von diesen Ehen gewesen, die noch schnell vor dem Einberufungsbefehl geschlossen wurden, und soweit er wußte, hatte er kein Kind hinterlassen. Ihre Briefe waren kurz und fast unleserlich gewesen; am Anfang enthielten sie heiße pornographische Intimitäten, und der letzte im vergangenen Herbst endete mit den Worten: »Ich denke, wir sollten uns das Ganze noch mal überlegen.«
    Sie hatte bei seiner Familie in San Diego gewohnt. Das war sicher kein berauschendes Leben für sie gewesen. Er schätzte, daß sie sich in Wirklichkeit von seiner Mutter scheiden ließ. Er schmunzelte vor sich hin.
    Wohin sollte er also jetzt gehen? Erst mal zurück nach San D, dann würde es schon weitergehen. Irgendwas würde sich dann ergeben. Es hatte keinen Sinn, sich jetzt schon Sorgen deswegen zu machen. Er hätte sich nicht einmal Sorgen machen können, selbst wenn er es versucht hätte.
    Er erinnerte sich an die Woche, als man zum erstenmal D's ausgegeben hatte. Was für ein Wandel! All die Kerle, die vom Desertieren geschwärmt hatten, dachten nicht mehr daran. Sie hatten sich oft gefragt, was das Zeug wohl enthalten mochte. Es war nicht Kokain, nichts von dem, wovon er je gehört hatte. Wunder der modernen Wissenschaft!
    Nein, Moment mal, das erste, was man ausgab, waren die KZ's gewesen. Er hatte eine Extraration erhalten, als jemand beobachtet hatte, daß er mit seiner M-18 in die Luft schoß, anstatt auf die Gués vor sich.
    Aber, zum Teufel, viele andere taten das auch. Die Kinder, die sie erschossen, waren so jung gewesen, und sie schossen so schlecht. Er hatte erwartet, daß die Gué Kommunisten drei Meter groß und grimmige Kerle sein mußten. Und keine Zwölfjährigen mit Kindergesichtchen. Natürlich waren es genau diese Zwölfjährigen, die Minen auslegten, die dann Kameraden zerfetzten, wenn sie Pech hatten, aber ... aber ... einem ins Gesicht zu sehen und ihm die Eingeweide aus dem Leib zu pusten war irgendwie anders. Sie liefen davon, so schnell sie konnten, reichte das denn nicht?
    Aber die Armee sah die Dinge anders. Töten! Töten! Seine Ausbildung ... Jedenfalls lief es darauf hinaus, daß man ihm irgendwelche rote Kapseln gab und ihn anwies, jedesmal eine zu nehmen, wenn er in einer Situation war, die es erforderte, daß er schoß. KZ's – Kampfzonen-Pillen –, sie hatten all seine Zurückhaltung, jemanden in die Luft zu jagen, aufgehoben und die Lust am Töten in ihm geweckt. Tatsächlich hatten sie all seine Zurückhaltung in jeder Hinsicht aufgehoben. Aber glücklicherweise erinnerte man sich an das, was man unter dem Einfluß von KZ's tat, nicht besonders gut. Sie hatten mehrere kleine Marktflecken durchkämmt und überall ihre Flammenwerfer

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