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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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verursachte Rötung noch nicht ganz verschwunden war. Sein Armsteckte in einer großen Schlinge und stand weit von seinem Körper ab. »Es wird schon werden«, tröstete Don ihn sanft. »Du mußt den Scheiß einfach hinter dich bringen.« Der Mann grunzte erneut.
    Als er Miss Plastik sah, grüßte er sie fröhlich und erzählte ihr, daß der Spaziergang im Garten ihm wirklich gutgetan habe. Sei ein bißchen vorsichtiger, mahnte er sich selbst. Du benimmst dich wie betrunken. Er schwächte sein Grinsen ab.
    Sie zog die Stirn kraus. »Wenn Sie nach draußen gehen, Soldat, sollten Sie besser Kleidung anziehen.«
    »Kleidung?«
    »In der Wäschekammer finden Sie Drillichanzüge. Dafür sind sie dort.«
    Das wurde ja immer besser. Auf dem Rückweg in sein Zimmer holte er sich Jacke und Hose, die dem Anschein nach in Ordnung waren und alle Knöpfe hatten. Die Wäscherei hier wird von starken Jungs geführt, dachte er gutgelaunt und glühte innerlich durch das angenehme Gefühl, daß alles in allerbester Ordnung sei.
    Zur Nacht nahm er einen Tiefschläfer, und zum erstenmal schlief er, süß und ohne Träume. Alles, was der Krieg ihm angetan haben mochte, war weit weg und ging ihn nichts an.
    Sein letzter Gedanke war, daß er mit System vorgehen und sich die Tabletten einteilen mußte. Er mußte zurück an die Front. Er wußte jetzt, daß er abhängig war; mit den Pillen war er normal, ohne sie war er ein kranker Schatten. Und die Front war der Ort, wo es welche gab. Es wäre nicht schwierig, abzuhauen und dorthin zu gelangen; es gab nicht viele, die in die Kampfgebiete abhauten. Und wenn er sich ein paar geschickte Worte zurechtlegte, würde er es bei jeder Einheit schaffen, aufgenommen zu werden.
    Die Tage vergingen wie schwebende Blumen. Immer wieder mußte er sich ermahnen, sich nicht zu euphorisch zu benehmen, aber niemandem schien an ihm etwas Ungewöhnliches aufzufallen. Sogar die dunkelhaarige Schwester akzeptierte seine Geschichte von dem Garten und wie gut ihm die Blumen getan hätten, und sie lächelte liebevoll.
    Dann kam der Morgen des Tages, an dem jeder außer ihm zu wissen schien, daß er am nächsten Tag entlassen würde, gemeinsam mit vier oder fünf anderen Burschen, die ebenfalls einen Entzug hinter sich hatten.
    An jenem Nachmittag machte er noch eine andere Entdeckung. Hatte er sich verrechnet, oder hatte er doch etwas vergessen? Wie auch immer, er fand nirgends mehr D's. Er konnte suchen, soviel er wollte, es gab keine mehr. TL's, und KZ's waren noch da, aber keine Durchhalte-Pillen. Na gut, zum Teufel, er hatte schon früher mal keine gehabt, er könnte es auch ohne schaffen.
    Aber als die Stunden vergingen und sich die Insekten wieder bemerkbar machten, geriet seine Entschlossenheit ins Wanken. Er fischte sich mit zwei Fingern eine KZ-Pille aus dem Versteck. Sie waren eigentlich nur für Gelegenheiten der direkten Feindbegegnung gedacht. Aber hier, so weit entfernt von der Front, was konnten sie ihm anhaben? Er konnte sich nicht an irgendwelche schlimmen Nebenwirkungen erinnern, außer dem Ausbruch unbändiger Kraft ...
    Eine nicht existierende Kolonne von Termiten krabbelte unter seinen Hosenbund, er krümmte und kratzte sich. Eine Minute später mußte er es erneut tun. O Gott, nicht so etwas ... Wenn er sich sehr zusammennahm und niemanden aus der Nähe in seine Augen sehen ließ, könnte nichts passieren.
    Er knackte eine KZ.
    ... Wie er es sich vorgestellt hatte, geschah nichts, außer daß er sich wacher vorkam und das Jucken der Insekten nachließ. Außerdem erschienen ihm die Farben heller und strahlender. Verdammt, KZ's sind nichts anderes als Super-Aufputschpillen, dachte er. Aber er war nachlässig geworden; er stand direkt vor dem Fenster, wo jeder hätte hereinsehen und ihn beobachten können. Eine perfekte Zielscheibe. Er trat zurück und zog die Vorhänge zu.
    Seine Gedanken schweiften ab zum letzten Tag, den er im Kampf verbracht hatte. Anhöhe Nummer dreißigvierzigsieben war ihr Angriffsziel. In dieser Gegend nannte man die Berge >Anhöhen<. Die Front hatte sich inzwischen viel weiter nach vorn verschoben, hatte er die Leute sagen hören. Aber wo war der Feind jetzt?
    Er sah sich besorgt um, öffnete die Vorhänge einen Spalt und spähte hinaus. Draußen bewegte sich nichts. Auch im Korridor nicht. Oder, Moment mal – sein Hörvermögen schien geschärft –, da waren Schritte am anderen Ende des Korridors, im Aufenthaltsraum. Kleine, tapsende Schritte.
    Als er angestrengt

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