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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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oberstes.
    Okay, jetzt durch das Tor hinaus, die M-30 in die lockeren Hosenbeine des Drillichs gesteckt. Im letzten Moment greift er auch noch nach zwei Granaten, die West mit sich herumgetragen hat, und hakt sie an seinem Gürtel fest.
    Der zweite Schlüssel öffnete das Vorhängeschloß des Tors im Zaun, und er tritt gelassen hinaus, bevor jemand in den Garten kommt. Gut so, er hat keine Lust mehr zu weiterem Zoff, obwohl er jetzt ein hübsches Plätzchen weiß, wo er Leichen verstauen kann. Er läßt die Kette wieder ins Schloß schnappen und sperrt hinter sich zu.
    Draußen verläuft eine Schotterstraße. Ein Wegweiser, auf dem die Umrisse eines Busses abgebildet sind, gibt die Richtung nach San Izquierda an. Er braucht irgendein Transportmittel, und GI's können umsonst in den Bussen fahren.
    Aber er wollte, er hätte eine Landkarte. Die Front müßte sich irgendwo in Richtung Norden befinden – die Himmelsrichtung kann er am Sonnenstand ablesen –, aber wo und wie weit? Er ruft sich die strategischen Karten ins Gedächtnis zurück, mit den säuberlich gezeichneten Linien und angenommenen Gué-Stellungen und Angaben über ihre Stärke, in der sogar seine eigene Kompanie markiert war. Irgendwo in den Staaten sitzen Männer in friedlichen Räumen und zeichnen diese Linien. Numerieren die Anhöhen. Bewegen kleine Zinnsoldaten durch die Landschaft, wenn sie Neuigkeiten von der Front erhalten.
    Er ist ein kleiner versprengter Soldat, aber die Landkarten-Macher wissen nichts davon. Er und Isidor West.
    Hinter ihm rumpelt etwas. Er dreht sich blitzartig um, aber es ist nur der Bus von San Izquierda, der aus der Richtung der Stadt kommt.
    Er hält neben ihm an, wie perfekt inszeniert, und ein junges Mädchen steigt aus. Eine Sekunde lang glaubt er, es sei das Mädchen, das ihm die Nägel geschnitten hat. Aber das kümmert ihn jetzt nicht; er hüpft hinein und humpelt durch den Gang nach hinten, wobei er sein Gewehr verborgen hält. Die Wirkung der KZ-Pille scheint etwas nachzulassen. Er setzt sich auf den hintersten Platz, fischt sich noch eine Tablette heraus und schluckt sie.
    In dem Bus sitzen nicht viele Fahrgäste; drei Frauen mit Babies, ein paar sehr alte Männer und Frauen, zwei oder drei Kinder, Körbe mit Hühnern und ein Schwein mit einem Seil um die Hinterbeine.
    Er wartet, bis sie ein ganzes Stück weit weg vom Krankenhaus sind, erst dann bringt er das Gewehr zum Vorschein. Es bedürfte dringend einer Reinigung, aber es funktioniert noch. Er wiegt es in seinem Arm und schaukelt den Gang zum Fahrer vor.
    »Wo befinden sich die Guévaristas jetzt?« fragte er in holperigem Spanisch. »Nada, nada.« Der Fahrer macht einen belustigten Eindruck.
    »Aber wo wird gekämpft?« beharrte Don. »Ich habe die Orientierung verloren.« Während er das ausspricht, erkennt er, daß der Fahrer nur das letzte Wort verstehen und meinen könnte, er sei verloren. Also versucht er es noch einmal. »Me equivado – ich habe mich verlaufen. Donde – wo sind sie? Mis amigos sind dort. Ich muß zu meinen Freunden.«
    »Ah!« Der Fahrer macht eine weiträumige Handbewegung nach vorn. »Al norte – weit weg, muy lejos, sehrweit.«
    »Ah«, sagt er jetzt seinerseits. »Gracias. Ich fahre mit dir nach Norden. Ich möchte nicht zurück nach San Izquierda.«
    »Si.« Er dreht sich um und geht zurück zu seinem Platz, wobei er beinah über das Schwein fällt.
    An der nächsten Haltestelle steigt eine alte Frau mit Hühnern aus, und ein Junge auf Krücken hüpft herein. Ihm fehlt ein Fuß, das Bein endet in einem dreckigen Strumpf, der um den Stumpf gebunden ist. Er sieht aus wie ein sehr junger Sechzehnjähriger. Als er sich hinsetzt, bemerkt Don, daß er unter dem Arbeitskittel die Hose einer Gué-Uniform trägt, und sein einer Stiefel gehört zur Gué-Kampfausrüstung. Offenbar ein verwundeter Veteran, der zurückgelassen wurde, als sich die Front nach vorn verschob. Der Junge wirft ihm einen eindringlichen Blick zu, dann wendet er den Kopf ab.
    Don zuckt zusammen und nimmt sich noch eine KZ aus der Schachtel. Aber sie wirkt nicht schnell genug, um ihn davon abzuhalten, an die Männer zu Hause mit ihrem behaglichen Leben zu denken, bei denen der Krieg im Saal stattfindet, die Linien auf Landkarten eintragen und ihre Zinnsoldaten hin und her schieben.
    Der Bus rumpelt weiter; ab und zu hält er, um jemanden aussteigen zu lassen. Leute, die nach einem Tag in San Izquierda nach Hause zurückkehren. Da und dort, geduckt zwischen den

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