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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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zurückkehren würde, sie konnten ihn nicht ewig hierbehalten. Und er vermutete, daß sie überbelegt sein mußten – durch das Gitter hatte er sehr viele Betten gesehen, von dem großen Raum mit der Kuppel aus, in dem er aufgewacht war. Wahrscheinlich waren sie bestrebt, ihn als >geheilt< zu betrachten und loszuwerden.
    Wahrscheinlich waren sie versessen darauf zu beweisen, daß ihr brutales System funktionierte, daß er erfolgreich >entgiftet< war.
    Grimmig lächelnd lag er in seinem Schmutz und in seiner Schande. Er würde vor einem gutgläubigen Publikum spielen.
    Also versuchte er es. Fast hätte er es vor Schwäche nicht geschafft, doch er trug sein Tablett immer schön an den Tisch, zwang sich zu essen, unterhielt sich freundlich mit dem jeweiligen Typen, der geradeneben ihm saß, und erzählte niemandem etwas davon, wenn er das ganze Essen nach der Rückkehr in sein Zimmer wieder erbrach. Während die Welt um ihn herum sich in einem Schwindel drehte, schritt er mit schlenkernden Armen über den Korridor. »Üben, üben!« Die dunkelhaarige Schwester lächelte ihn an. Als Miss Plastik bei einer ihrer Runden im Viertelstundentakt den Kopf durch seine Tür steckte, zwang er sich, ihr zuzulächeln und sie zu grüßen. Einmal entschuldigte er sich sogar, daß er ihr soviel Unannehmlichkeiten bereitet hatte. Sie lächelte und sagte: »Dafür sind wir ja da, Soldat.« Vor seinem geistigen Auge entstand ein Bild, wofür sie da wäre, wenn er das Sagen hätte, und er grinste zurück. Er versuchte, sein Zimmer sauberzuhalten, und wenn eine Inspektion anstand, benutzte er den Wischlappen.
    Das Problem war nur, daß er sich kein bißchen besser fühlte. Innerlich. Die Nächte waren eine Hölle von Alpträumen. Und er wurde nicht stärker, sondern schwächer; die Schwäche lastete wie ein eisernes Joch auf seinen Schultern, und nach jeder Anstrengung war ihm schwindelig, und er keuchte. Er verbarg das, so gut er konnte, und wenn er gelegentlich hinfiel, dann schob er das auf die Krankenhauspantoffeln. Eines Tages schaffte er es, zu duschen, und beinahe wäre er ertrunken, weil er in der Kabine ohnmächtig geworden war. Er fand die Wäschekammer und holte sich einen sauberen Schlafanzug, aber er brauchte fast eine halbe Stunde, um ihn anzuziehen, wobei er sich an das Regal lehnte und der Raum um ihn herum in Schwärze versank. Er wurde von Tag zu Tag schwächer.
    Worin bestand der Plan – sollte sein Körper wieder lernen, selbst die benötigten Substanzen zu produzieren, wie ihm jemand erzählt hatte? Was wäre, wenn sein Körper sich weigerte, wenn er den kritischen Punkt schon überschritten hatte? Er wußte nicht viel über die Funktionen der inneren Organe, es interessierte ihn auch nicht, aber er wußte, daß die einzelnen Menschen sich erheblich voneinander unterschieden. Was wäre, wenn er derjenige wäre, welcher sich nicht mehr erholen würde, dessen Adrenalindrüse oder was immer auch abgestorben war? Er hatte das Gefühl, daß seine Energieversorgung immer mehr nachließ, wie bei einer verbrauchten Batterie, jeden Tag wurde sie geringer. Es bereitete ihm ernsthafte Sorgen, daß er es nicht schaffen könnte, seinen Entschluß durchzuführen, daß er hier für alle Zeiten mit seinen unerträglichen Erinnerungen festsäße.
    Aber wunderbarerweise funktionierte es. Sie waren in der Entzugsabteilung überbelegt. Es dauerte keine Woche, bis man ihn wieder verlegte, diesmal in einen Korridor, in dem Stühle standen, und mit einem freien Zugang zu der Räumlichkeit zwischen den Gittern, dem >Aufenthaltsraum<. Am Ende des Korridors befanden sich normal aussehende Doppeltüren, die auf einen gartenähnlichen Ort hinausgingen. Sein neues Zimmer war nicht größer als das bisherige, aber das Fenster, zwar ebenfalls vergittert, hatte durchsichtige Glasscheiben und Vorhänge. Er ging hin und blickte hinaus auf eine Wand und einen verwilderten Garten. Und die Fenster konnten mittels eines Drehgriffs, den man durch das Gitter erreichen konnte, geöffnet werden! Er zwang sich trotz seiner zitternden Arme, die Flügel weit aufzuschieben, dann sank er auf den Stuhl, um die frische Luft tief einzuatmen. O Gott! Einen Augenblick lang fühlte er sich wirklich besser.
    An seinem zweiten Tag dort gewährte man ihm einen >Gelände-Freigang<. Hans kam, schloß die Tür am Korridorende auf und deutete hinaus auf den Weg durch den ungepflegten Garten. »Geh spazieren! Dreimal am Tag!« Dann ging er wieder hinein.
    Ein paar Minuten lang

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