Die Sternenkrone
bestimmt von der Hitze und dem Gestank nach Desinfektionsmitteln. Es gab kein Fenster, nur einen kleinen dicken Glasstein, der in die Tür eingelassen war. Es gab einen Abort ohne Sitz. Eine nackte Matratze lag schräg im Raum auf dem Boden. Das war alles.
Sie ließen ihn auf die Matratze plumpsen, und dann kam der Höhepunkt der Entwürdigung – sie zogen ihm die Schlafanzughose aus. Er wehrte sich und schrie, und er hörte, daß seine Stimme dumpf klang. Der Beruhigungsraum hatte eine wirkungsvolle Schalldämpfung. Das schwache Wimmern, das er hier in der Nähe gehört hatte, hätte von jemandem stammen können, der sich die Lunge aus der Brust schrie.
»Wie lang? Wie lang?« flehte er.
»Wir werden sehen«, antwortete Miss Plastik spröde, und dann gingen sie hinaus. Die Tür fiel mit einemlauten Krachen ins Schloß.
Er erhob sich und lief hinterher, um das Gesicht gegen das Glas in der Tür zu drücken. Es war nur von der anderen Seite aus durchsichtig. Hinter der Spiegelung seines Gesichts sah er nur den Schein der Deckenlampe. Voller Verzweiflung ließ er sich wieder auf die Matratze fallen. Aber er kam nicht zur Ruhe – unter der Zwangsjacke begannen die unsichtbaren Insekten wieder zu jucken.
An diese Nacht konnte er sich nicht, wollte er sich nicht mehr erinnern.
Er versuchte alles mögliche, schlug sich beinahe die Zähne aus. Er entdeckte an dem Notdurfteimer eine scharfe Kante und stellte sich mit dem Rücken davor, um das Segeltuch daran aufzuscheuern. Statt dessen glättete er nur die Metallkante, die verdammte Jacke war nicht aus normalem Segeltuch, sondern aus einemsuperfesten Stoff. Er verbrachte eine Stunde damit, sich an die Tür zu lehnen und das Gesicht gegen das Glas zu drücken. Einmal erschien draußen ein Kopf. Er schrie: »Hilfe!!«, so laut er konnte. Der Kopf verschwand wieder.
Der Durchfall setzte wieder ein, er versuchte, den Eimer zu erreichen, beschmutzte sich jedoch. Die Bisse der Insekten waren unvorstellbar qualvoll, er konnte sich nicht hinlegen, sondern lief in dem kleinen, heißen Zimmer auf und ab, auf und ab.
Schließlich warf ihn die Schwäche nieder, er kroch zur Matratze und kauerte dort zusammengekrümmt wie eine zuckende, wahnsinnig gewordene Kugel. Endlos, Stunde um Stunde voller Qualen ...
Irgendwann während dieser Ewigkeit wurde die Tür geöffnet, und die dunkelhaarige Schwester kam herein. Sie brachte ihm ein Glas Wasser und ein kühles, feuchtes Tuch, mit dem sie ihm das Gesicht abwischte. Es tat ihm unglaublich gut.
»Wie ... lange noch?« Sie runzelte die Stirn. »Jetzt ist es bald vorbei. Ich werde mit jemandem reden.«
»Was ist das hier... ein Braves-Kindböses-Kind-Spiel?« Sie verstand nicht, schüttelte nur verneinend den Kopf.»Hören Sie, ich schreie nicht ... nicht mehr ... Ich werde ... ein braves Kind sein.«
Sanft sagte sie: »Ein Patient hat mir etwas verraten, das angeblich hilft. Suchen Sie an Ihrem Körper eine Stelle, die nicht schmerzt – vielleicht das linke Ohr, vielleicht eine Hand oder die Zunge! Irgend etwas, das nicht weh tut – und konzentrieren sie sich darauf! Denken Sie nur an diese Stelle, die nicht weh tut! Denken Sie fest daran! Man hat mir gesagt, daß es wirklich hilft.«
Dann ging sie.
Er befolgte ihren Rat. Vielleicht half es ja wirklich.
Dann änderte sich die Beleuchtung in dem Türglas. Hans und Klaus kamen herein. Sie hoben ihn hoch und lösten die Zwangsjacke. Seine Arme waren so steif, daß er sie kaum herausziehen konnte.
So beschmutzt und nackt, wie er war, wurde er durch den leeren Flur zurückgeführt und auf sein Bett gestoßen. Er war sehr darauf bedacht, kein Wort zu sagen, nicht den geringsten Widerstand zu leisten. Er hatte inzwischen über einiges nachgedacht.
Das Entscheidende war, daß er hier herauskam. Seinem Leben hier ein Ende zu machen, war schlechtweg unmöglich. Davon hatten sie ihn überzeugt. Er war unumstößlich >sicher<, das stimmte.
Sein Entkommen mußte also nach ihren Methoden ablaufen. Er mußte ihr Spiel mitspielen. Grinsen, so tun, als ob es ihm besser ginge, alles erdulden. Keine Fragen, keine Bitten um Magenmittel. Keine Diskussion über einen behutsameren Entzug. Sogar ein Lächeln für Miss Plastik ...
Würde er das schaffen? O Gott, o Gott, was täte er alles nur für das Viertel einer D-Pille! Er war so schwach, so schwach. Konnte er all das schaffen, ohne etwas einzunehmen, konnte er durchhalten?
Er mußte.
Schließlich nahmen sie an, daß er nach Hause
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