Die Sternseherin
bestochen, um nicht an Erik verraten zu werden. Die drei sind am frühen Nachmittag in Richtung Wald gegangen und noch nicht zurückgekehrt.« Er schaute grimmig. »In den vergangenen Jahren sollen hier häufiger junge Frauen verschwunden sein. Die Leute glauben, sie würden von Feen entführt.«
Julen fluchte leise. »Jetzt erinnere ich mich wieder. Vor vielen Jahren war ich schon einmal in der Bretagne. Da hieß es, der Comte de Blavet, der sich für einen Alchemisten hielt und unter dem Verdacht stand, schwarze Magie auszuüben, ließe Frauen entführen, um sie dem Teufel zu opfern. Ich kannte ihn nicht besonders gut, aber er war ganz besessen vom Okkulten und hat sogar eine geheime Vereinigung gegründet. Wenn ich mich nicht irre, gibt es die immer noch und dieser Assistent, den Sara getroffen hat, trug ein Bild des Château Blavet in seinen Erinnerungen.«
Asher sah ihn eindringlich an. »Wo ist das Schloss?«
»Auf der anderen Seite des Waldes«, antwortete Julen und merkte, dass er ins Leere sprach. Rasch folgte er dem Vengador, der mit großen Schritten auf den Wald zuging, der dunkel und abweisend vor ihm aufragte. Als er ihn eingeholt hatte, erinnerte er sich an ein weiteres Detail. »Der Wald von Brocéliande ist Feengebiet, wir sind darin nicht besonders gern gesehen.« Er zeigte auf den Mond, der voll und rund am Himmel stand. »Und morgen feiern sie Wintersonnwende.«
»Weißt du, wie egal mir das ist?«
»Ich wollte es nur erwähnt haben.« Julen blieb plötzlich stehen. »Hör mal!«
Auch Asher erstarrte. Er konnte deutlich Schritte hören, aber niemand war zu sehen.
Plötzlich stand Manon vor ihnen. »Den Göttern sei Dank! Ich dachte schon, ihr kommt überhaupt nicht mehr. Sie sind entführt worden.«
Asher griff die Fee am Arm. »Wo sind sie?«
»Im Schloss – zusammen mit einem guten Dutzend Vampire.«
»Was? Woher weißt du das?«
»Wir wollten zu den Steinen. Estelle weigerte sich mitzukommen, und deshalb ist Selena vermutlich umgekehrt. Ich habe nicht sofort bemerkt, dass sie nicht hinter mir waren. Es ist schon so lange her, dass ich meine Familie gesehen habe.« Sie bekam einen verträumten Blick und Asher hätte sie am liebsten geschüttelt, als Manon glücklicherweise weitersprach. »Als ich zum Weg zurückkam, waren sie schon fort. Ungünstigerweise hat Estelle ihre Aura maskiert.« Sie sah Asher böse an. »Ich möchte gar nicht wissen, was zwischen euch vorgefallen ist! Wir sind den Reifenspuren gefolgt, sie führen direkt zum Schloss.«
»Wir?«, mischte sich Julen ein.
Manon winkte und zwei hinreißende Geschöpfe traten hinter den Bäumen hervor. »Meine Schwestern haben mich unterstützt.« Zu den Feen gewandt sagte sie: »Mädels, gebt euch keine Mühe. Asher ist vergeben, und von dem hübschen Blonden hier lasst ihr auch besser die Finger.« Die Konturen der Erdgeister verschwommen und schienen sich mit Wald zu verbinden. Plötzlich wirkten sie überhaupt nicht mehr wie Geschöpfe dieser Welt. Als Julen genauer hinsah, entdeckte er grüne Ohren unter ihrem üppigen Haar. Er war noch nie einer Lichtelfe begegnet und wusste nicht, was er von den drei Frauen vor ihm halten sollte. Ihre erdgebundene Magie faszinierte ihn – und doch widersprach sie allem, was er bisher kannte. Er ahnte, dass die hübsche Hülle nur eine Fassade war, unter der sich etwas weitaus Unheimlicheres befand. Asher schien weniger beeindruckt, verbeugte sich jedoch leicht vor den Feen, die zur Antwort huldvoll nickten und zu berichten begannen, was sie über das Schloss wussten; viel war es nicht. »Niemand weiß sicher, was dort geschieht. Unsere Anweisung lautet, die Gegend zu meiden«, gaben sie auf erneute Nachfrage zögerlich Auskunft. »Der Dämon hat einen mächtigen Schutzzauber über das Haus gelegt, andere Dämonen waren aber noch nie dort.«
Julen gab ein abfälliges Schnaufen von sich. »Er weiß, dass wir kommen, aber wie er Vampire dazu gebracht hat, ihm zu helfen, ist mir ein Rätsel.«
Als ob sie seine Bemerkung nicht gehört hätte, fuhr sie fort: »Er ergötzt sich am Leid der Gefangenen.« Dann änderte sich ihre Stimme: »Eure ehemaligen Herren fürchten nichts mehr als die Macht der Unterschicht. Ihr habt nach Jahren unwürdigen Frondienstes ein Recht auf Wohlstand in Freiheit, fordert es ein. Gemeinsam seid ihr eine Größe, mit der die gesamte vampirische Welt und sogar der Rat rechnen müssen.«
»Das ist Urian!«, flüsterte Julen erschüttert. »Ich erkenne seine
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