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Die Sternseherin

Titel: Die Sternseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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weniger nützlichen. Wie würde er reagieren, wenn ihm eine Geliebte nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht schon die Ehe antrüge? Und eine Seelenpartnerschaft war einzigartig. Wie konnte ich das nur behaupten? Sie hatte wenig gemein mit diesem Bund der Sterblichen, der bestenfalls für ein paar Jahrzehnte geschlossen wurde. Sie ging viel tiefer. »Ewig«, das wusste er, währte nichts, aber es dauerte bei seinesgleichen erfahrungsgemäß etwas länger, als man sich gemeinhin vorstellte. Und diese Zeit hatte Asher nicht. Sobald seine Schwester versorgt war, würde er sich aus dieser Welt verabschieden. Das Beste würde sein, er entspräche Estelles Wunsch und hielte auch in Zukunft deutlich Abstand. Dummerweise war es für die Reise durch die Zwischenwelt notwendig, diesen zweifellos guten Vorsatz zu brechen und ihren verführerischen Körper fest an sich zu pressen. »Du hast recht!« Asher streckte seine Hand aus und wappnete sich gegen die Flut von Emotionen, die ihn erwarteten, sie legte zögerlich ihre langen, schmalen Finger hinein und – nichts geschah. Er fühlte nur kühle Distanz und war überrascht, wie erfolgreich sie ihre Emotionen maskieren konnte. Oder empfand Estelle am Ende überhaupt nichts für ihn? Sie trug nun das exotische Parfum, an dem man einen Vampir erkennen konnte, wenn dieser unvorsichtig genug war, seiner Leidenschaft freien Lauf zu lassen, und Asher kam sich wie ein Idiot vor. Das kleine Biest hatte ihn benutzt! Estelles erhitztes Gesicht sagte mehr als ihre Worte. Feen zogen Energie aus sexuellen Begegnungen und jetzt, da sie erhalten hatte, was sie begehrte, war er nichts mehr als eine weitere Trophäe in ihrer zweifellos umfangreichen Sammlung.
    Etwas grober als notwendig zog er sie durch die Zwischenwelt und setzte das Luder in der Suite ab, die vermutlich ihr anderer Liebhaber bezahlt hatte. Julen. Ein bitteres Bedauern breitete sich in seiner Brust aus. Er hatte kein Recht, sich zu beklagen. Sie hatten sich gegenseitig missbraucht, doch dies zu wissen, verschaffte dem brennenden Gefühl, etwas besonders Wertvolles verloren zu haben, keine Linderung. Er wollte gerade einen Schritt zurücktreten, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Estelles verführerischen Körper zu bringen, den ein Morgenmantel nur unzureichend bedeckte, da stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf seine Wange. »Danke für den unvergesslichen Abend, das sollten wir bei Gelegenheit wiederholen.« Schelmisch fügte sie hinzu: »Wenn du dich wieder erholt hast.«
    »Warum nicht!« Tatsächlich, warum eigentlich nicht? Sie ergänzten sich offenbar bestens. Zwei betrügerische Diebe. Seine Stimme war kaum mehr als ein dunkles Grollen und er verschwand, bevor er Worte sagen konnte, die unverzeihlich gewesen wären.
    Draußen schlug die Uhr am Trinity College zwölf Mal und als Estelle die Vorhänge aufzog, blickte sie blinzelnd in den sonnenhellen Mittag. Kein Wunder, dass Asher so merkwürdig gewesen war. Sonnenschein bereitete ihm mit Sicherheit Kopfschmerzen.
    »Ich werde allmählich selbst zum Nachtmahr.« Sie fuhr sich mit der Hand über die müden Augen und beschloss, wenigstens einen Teil des verlorenen Schlafs nachzuholen, um Energie für eine weitere Suche in der Bibliothek zu sammeln.
     
     
     
    XII
     
    Julen nutzte die Nacht, um nach dem Streuner zu suchen, der ihm während des Überfalls entwischt war. Doch der Flüchtige war kein Dummkopf. Dies hatte bereits sein rechtzeitiger Rückzug bewiesen. Der junge Vampir hielt sich offenbar gut versteckt, denn der Weg durch die Zwischenwelt war für ihn ganz bestimmt nicht gangbar. Selbst wenn er von dieser Möglichkeit gewusst hätte, wäre er viel zu schwach und jung gewesen, sie zu nutzen.
    Nach einer vergeblichen Suche schlug Julen den Rückweg ein und klappte unterwegs seinen Kragen hoch. Vom Meer wehte ein eisiger Wind und er hatte heute noch nicht getrunken. Dies und seine finstere Stimmung ließen ihn die Kälte spüren. Da aber neuerliche Reisen durch die Zwischenwelt ihn unnötig erschöpft hätten, nahm er den kürzesten Weg durch die Stadt, zu Fuß. Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen und erfühlte einen Gegenstand darin. Der Fund aus dem Büro des ermordeten Detektivs. Der kleine Datenspeicher in seiner Hand erinnerte ihn daran, dass es ihm immer noch nicht gelungen war, die darauf gespeicherten Informationen zu entschlüsseln. Es war wie verhext. Julen gestand sich ein, viel zu viel Zeit mit Estelle

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