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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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als Anwalt in New Jersey. Und dann beschloss er plötzlich, sich aus dem Staub zu machen. Von einem Tag auf den anderen. Einfach so.
    Er reiste quer durch Europa, von Lissabon bis nach Bukarest. Ein paar Tage verbrachte er im österreichischen Klagenfurt. Von dort aus waren vor etwa einhundertfünfzig Jahren ein paar Leute aufgebrochen, um in Delaware das zu züchten, was sie am besten kannten – Pfirsiche. Das waren Waynes Vorfahren.
    Schließlich blieb er in Prag hängen. Es war buchstäblich ein Unfall: Als er in der Metro auf der Rolltreppe zu lange eine hübsche Rothaarige anstarrte, fiel er hin und brach sich das Bein. Er mochte die Stadt gern, aber er hätte sich hier vermutlich nicht niedergelassen. So aber verbrachte er etwa eine Woche in einem hoch über der Stadt gelegenen Krankenhaus und versuchte mit Hilfe eines Wörterbuchs, mit den Krankenschwestern zu kommunizieren, die auf Englisch nur ye s und no und good sagen konnten. Das Englisch der Ärzte war kaum besser. Trotzdem entschied sich Wayne zu bleiben. Er zog in eine Pension und begegnetedort Dave. Gemeinsam mieteten sie sich in Holešovice ein. Die Wohnung blickte auf den Bahnhof, war laut und die Heizung verströmte einen merkwürdigen Geruch. Sie hatten beide Angst, dass irgendwo Gas entweicht und sie eines Tages nicht mehr aufwachen. Also hielten sie sich lieber außerhalb der Wohnung auf. Dave fand eine Stelle in einem internationalen Anwaltsbüro und spielte Wayne häufig kleinere Aufträge zu, so dass er nicht aus der Übung kam.
    Seitdem ist Wayne öfters umgezogen. Er hat bestimmt mehr Wohnungen als Frauen gehabt.

HERBST IN PRAG
    A ls sie wieder aufwacht, ist es blendend hell im Zimmer. Sie kneift die Augen zusammen. Am liebsten würde sie für einen Moment die Sonne ausknipsen. Aber jetzt muss sie wirklich aufstehen.
    In einer knappen Stunde wird ihr Michal im Salon die Haare waschen und dabei sanft den Kopf massieren, während aus den Lautsprechern spanischer Hip-Hop dröhnt. Michal hat zwei Jahre lang in Barcelona gearbeitet und herausgefunden, dass ihm Hip-Hop Inspiration für seine Haarkreationen liefert. Vanda wird die ganze Zeit aus dem Fenster in den Park starren und den Wirbel um ihre Person genießen.
    Sie nimmt eine eiskalte Dusche. Schaltet ihr Handy ein. Keine Nachrichten. Sie fährt Petrs PC hoch. Er hat nicht gelogen, man kann wirklich keine Netzverbindung herstellen. Sie klickt den Ordner ART an und inspiziert die Fotos, die er dort lagert. Wahre Kunst, wirklich. Frauen mit gespreizten Beinen, alte blondierte Models beim Blasen, blöde Tussen in rosa Bikinis, die sich am Strand herumfläzen. Nicht mal was richtig Abgefucktes. Schon im Supermarkt kriegt man was Spannenderes.
    Vanda packt ihren Kram zusammen und macht sich auf den Weg. Sie steht schon in der Tür, als sie zum Bücherregal zurückkehrt, Die Entdeckung der Langsamkeit in die Hand nimmt und die zwei Tausender hineinlegt. Sie stellt das Buch auf seinen Platz im Regal zurück, unmittelbar darauf zieht sie es aber wieder heraus, öffnet es und liest einen Satz aus der Mitte. Er brauchte die Bewegungen des Meeres, und das Segeln war ihm wichtiger als das Atmen. Na, dann viel Spaß dabei, denkt sie. Zieht einen Tausender wieder heraus und steckt ihn in ihre Hosentasche.
    Sie sieht sich um. Auf dem Tisch liegt ein Filzstift, mit dem sie ihre Telefonnummer auf die Glaswand des Aquariums kritzelt. Darunter: Vanda. Punk! Irgendwann. Irgendwo. Vielleicht.
    Sie nimmt Abschied von der Wohnung. Von Nestor. Und von Petr. Hängt sich ihre rote abgewetzte Latextasche über die Schulter und wirft einen letzten Blick in den Spiegel. Fährt sich mit den Fingern durch die Haare und zieht ihre Lippen mit einem roten Lippenstift nach. Setzt sich die Kopfhörer auf und lässt I am X laufen. Auf Myspace hat mal eine damit angegeben, dass sie mit dem Sänger im Bett war. Sie hat ein Foto reingestellt, mit ihr und ihm beim Knutschen. Vanda findet den Typen auch sexy, wenn es drauf ankäme, würde sie vielleicht auch mit ihm ins Bett gehen. Und nachher würde sie das Foto an Harry mailen. Damit das Arschloch sieht, was er verpasst.
    Sie verlässt die Wohnung. Schlägt die Tür zu. Im Treppenhaus rutscht sie zweimal fast auf den frisch gewischten Stufen aus. Vor dem Haus setzt sie sich die Sonnenbrille auf. Die lässt sie sexier erscheinen. Denkt sie zumindest. Auf jeden Fall fühlt sie sich mehr sie selbst. Sie fühlt sich sicherer. Vanda sieht sich um. Das Laub auf den Bäumen ist

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