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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Rudis
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beobachtet, der in den nächtlichen Himmel ragte. Sie haben sich geküsst. Sich aufs Bett fallen lassen. Davor hat er allerdings noch Musik aufgelegt. Oder nicht? Petr weiß es nicht mehr.
    Er raucht und die Fahrerkabine versinkt in einer Wolke uferloser Traurigkeit. Er denkt an Klára, die ihm so nah war, dass sie die Nähe nach kurzer Zeit nicht mehr ertragen konnte. Er denkt an Klára und sein gestriges Ich, streichelt dabei die kleine Delle auf dem Rücken der kleinen scharfen Vanda, sie war mal auf einem Spielplatz vom Klettergerüst heruntergefallen. Von Neuem liegt er mit ihr im Bett und liebkost ihre Schulter. Sie sagt, dass es kitzelt. Er mustert ihre frische Tätowierung. Kill the Barbie. Es kommt ihm immer noch etwas kindisch vor. Er legt seinen Kopf auf ihre Brust und lauscht ihrem Herzschlag. Dann liegen sie nebeneinander, rauchen gemeinsam eine Zigarette, pusten die Rauchkringel gegen die Decke und überlegen, welches Lied sie sich für den Tag wünschen, an dem es sie nicht mehr geben wird.
    Er denkt an Vanda und ihr Muttermal lässt seine Gedanken zu Klára schweifen und dann denkt er nur noch an Klára und die Muttermale, mit denen ihr Körper geradezu übersät war. Er drückt die Zigarette aus, ein neues vierminütiges Glück ist verraucht. Petr pustet den Rauch aus dem offenen Fenster. Die Straßenbahn nähert sich dem Karlsplatz. Malmö wedelt mit dem Schwanz und Joy Division singen:
    And we’re changing our ways
    Taking different roads
    Then love, love will tear us apart again
    Natürlich, der Song ist es. Genau der. Den würde er gerne bei seiner Beerdigung hören. Eines der wenigen Dinge, die ihm von Klára geblieben sind. Ansonsten hatte er kaum noch etwas. Ein paar gemeinsame Fotos. Bücher. CD s. Und Malmö.
    Er dachte, die Geschichte sei längst abgeschlossen. Klára war doch schon so lange weg. Er wusste nicht einmal, wo er sie sich vorstellen sollte, vielleicht in Schweden irgendwo. Und Vanda? Zum Teufel auch mit den Gefühlen.

MUSEUM
    W ayne starrt in den Himmel, wahrscheinlich schon seit geraumer Zeit, er kann sich aber an nichts erinnern. Er sieht vereinzelte Wolken und lange, dünne weiße Flugzeugstreifen. Im National Geographic hat er mal gelesen, dass zehn Prozent der Bewölkung von den Kondensierungsdämpfen verursacht werden. Eines Tages werden womöglich alle Wolken von Flugzeugen herrühren.
    Jetzt aber noch nicht.
    Die Sonne brennt auf sein Gesicht. Wayne liegt auf einer Parkbank, die mit Graffiti besprüht ist. Irgendwo in der Nähe hört er den Schnellring dröhnen. Und ihm dröhnt der Kopf. Seit wann liegt er schon da? Er muss eingenickt sein. Von Mike hat er geträumt. Hat sein zerschossenes Gesicht gesehen. Dann hat ihm Mike zum Abschied gewunken, sein Gesicht entfernte sich immer mehr und löste sich schließlich auf. Im Traum hat Wayne geweint.
    Jetzt setzt er sich auf. Und sieht sich um.
    Er sitzt in dem kleinen Park neben dem Nationalmuseum, in dem er sich einmal fast zu Tode gelangweilt hat. Solche Institutionen, in denen alte Knochen, Steine und zerfallene Trachten aufbewahrt und ausgestellt werden, brauchen nur Nationen mit ramponiertem Selbstbewusstsein, hat er damals zu der Kleinen gesagt. In dem Museum ist er also schon einmal gewesen, aber in diesem Park? Vielleicht hat er ihn mal durchquert, hingesetzt hat er sich hier bestimmt noch nie.
    Er sieht einen älteren Mann in braunem Mantel, der zum Wenzelsplatz hinuntergeht und von zwei Junkies um Kleingeld angehauen wird. Eine Rentnerin mit Hackenporsche schleppt sich schnaufend den asphaltierten Weg hinauf. Bei Wayne bleibt sie stehen und fragt, ob alles in Ordnung sei. Wayne nickt. Er hat sich nur ausruhen müssen.
    Er fingert in seiner Jackentasche nach dem Handy. Keine Nachricht von der Kleinen. Das Portemonnaie ist auch da. Mit allem Drum und Dran: Seine Karten und sein Geld sind drin. Auch ihr Foto.
    Aus der Brusttasche zieht er eine Serviette aus dem KFC . Der zerknitterte Mengele mit Fettspuren im Gesicht grinst ihn an. Da hat ihn dieser Fastfoodnazi also wieder rumgekriegt. Wayne hat Sodbrennen, er bräuchte eine Tablette. Oder lieber gleich zwei.
    Der Schnellring dröhnt.
    Er entscheidet sich, nicht mehr ins Büro zurückzukehren, sondern nach Hause zu gehen. Das wird ihm guttun. Von dort aus wird er eine SMS an Dave schicken, dass er recht habe, Wayne bräuchte ein paar Tage frei. Dann wird er den Termin im Fitnessstudio absagen und sich bei einem guten Porno auf dem Sofa entspannen. Danach wird er

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