Die stillen Wasser des Todes - Roman
Sie ihm gesagt, dass er sich mit seiner Dienstwaffe selbst richten sollte? Sind Sie nicht auf den Gedanken gekommen, dass er vielleicht seine Frau mit in den Tod reißen würde?«
Denis Childs sah ihn mit unbewegter Miene an, und nur jemandem, der ihn sehr gut kannte, wäre aufgefallen, wie seine dunklen Augen sich ein wenig verengten. »Superintendent, Sie vergessen sich. Ich habe nichts dergleichen getan. Ich habe lediglich –«
»Die Höflichkeit walten lassen, die einem leitenden Polizeibeamten gebührt.« Kincaid versuchte gar nicht erst, seinen Abscheu zu verbergen. »Und jetzt haben wir ein weiteres Opfer, Edie Craig, und zweifellos sind sämtliche forensischen Beweise, die Craig mit Rebecca Meredith’Tod in Verbindung bringen, verschwunden. War Edie Craig etwa nicht so wichtig? War Rebecca Meredith nicht so wichtig?
Und was ist mit den anderen Frauen, deren Leben er zerstört oder ausgelöscht hat? Hatten sie nicht verdient, dass ihnen in irgendeiner Form Gerechtigkeit widerfährt?« Kincaid hielt nur inne, um Atem zu schöpfen. »Aber das ist doch eine viel elegantere Lösung für die Met, nicht wahr? Angesehener ehemaliger Polizeibeamter kommt bei tragischem Brand ums Leben. «
Denis Childs warf Cullen einen Blick zu, der besagte, dass er sich wünschen würde, er wäre tot, wenn er auch nur eine Silbe dieses Gesprächs nach außen dringen ließe.
An Kincaid gewandt, sagte er dann in jenem bedächtigen Ton, der die Beamten unter seinem Kommando erzittern ließ: »Gerechtigkeit? Reden Sie mir nicht von Gerechtigkeit, Duncan. Glauben Sie wirklich, dass es für diese Frauen, für ihre Familien und für ihre Karrieren besser wäre, wenn das, was ihnen angetan wurde, an die Öffentlichkeit käme?
Wenn es Gemma gewesen wäre, hätten Sie das gewollt? Hätte Gemma das gewollt?«
»Ich –«
»Und was Jenny Hart betrifft« – Childs zeigte mit dem Finger auf ihn – »garantiere ich Ihnen, dass diese DNS -Proben untersucht werden und dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen veröffentlicht werden, ohne Rücksicht auf den Schaden, den der Ruf der Met dadurch erleiden könnte.
Und wenn Sie irgendetwas beibringen können, was Craig mit Rebecca Meredith in Verbindung bringt, werde ich mein Möglichstes tun, damit seine Beteiligung an ihrem Tod ebenfalls publik gemacht wird.«
»Inoffiziell, wenn ich Sie recht verstehe?«
»Wenn das die beste Methode ist.« Childs musterte Kincaid nachdenklich. »So etwas lässt sich arrangieren. Soviel ich weiß, pflegen Sie privaten Umgang mit einer Polizeibeamtin, die Verbindungen zu einer großen Tageszeitung hat?«
Kincaid blieb der Mund offen stehen. Er hatte Melody Talbots Geständnis, dass ihr Vater der Ivan Talbot war, der Eigentümer der London Chronicle , nie irgendjemandem weitererzählt. Und sie hatte ihm zwar gesagt, dass sowohl Doug als auch Gemma es wussten, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden die Information weiterverbreitet hatten.
Nachdem er die Bombe hatte platzen lassen, strich Childs das Revers seines Mantels glatt, ganz so, als trüge er darunter einen City-Anzug und nicht etwa einen alten Pulli. »Und nun«, fuhr er fort, »schlage ich vor, dass Sie die Kollegen ihre Arbeit machen lassen und nach Hause fahren. Was ich ebenfalls tun werde.«
»Dieser raffinierte Hund«, sagte Doug leise, nachdem Childs weg war. »Haben Sie gewusst, dass er über Melody Bescheid weiß?«
Kincaid schüttelte den Kopf. »Nein. Und ich frage mich, was er noch alles weiß, ohne es uns zu sagen.«
»Sie werden nicht tun, was er sagt, oder?«
»Nein«, antwortete Kincaid. Er sollte es tun, das wusste er. Wenn er vernünftig wäre, würde er zur Geburtstagsparty seines kleinen Mädchens zurückkehren und ansonsten denken: Ende gut, alles gut – zumindest soweit es die Met betraf.
Aber es war noch nicht Montag. Er war offiziell noch sechsunddreißig Stunden im Dienst, und sein Fall war noch nicht abgeschlossen. »Ich werde mich mal mit dem Brandermittler unterhalten. Ein netter Kerl, fanden Sie nicht auch?«
Doug grinste und rückte seine Brille zurecht. »Hab ich mir schon gedacht, dass Sie das sagen würden.«
Als Gemma gesehen hatte, wie Kincaid nach dem Telefonat zögerte, hatte sie ihm zugeflüstert: »Geh. Na los, geh!«
»Aber was ist mit Charlotte – und der Party –«
»Mach dir keine Sorgen um sie. Ich erkläre es den Kindern. Ruf mich an, wenn du was Neues weißt.«
Er und Doug hatten sich noch rasch bei den Gästen
Weitere Kostenlose Bücher