Die stillen Wasser des Todes - Roman
kopfschüttelnd, und Kincaid fragte sich, ob es auch Brandstätten gab, die einen schönen Anblick boten. »Aber die Opfer befanden sich im Erdgeschoss, und da das Feuer sich nach oben ausgebreitet hat, sind die Leichen noch relativ unversehrt.
Die Frau – wir gehen vorläufig davon aus, dass es sich um Mrs. Craig handelt – war in der Küche. Wie es aussieht, hat sie eine Kugel in den Hinterkopf bekommen.«
Edie , dachte Kincaid. Nicht einfach nur die Frau oder Mrs. Craig.
»Der Deputy Assistant Commissioner befand sich in einem Raum, bei dem es sich dem Anschein nach um sein Arbeitszimmer handelte.«
»Sind Sie sicher, dass er es ist?«
»Ich bin ihm ein paar Mal begegnet«, erwiderte Morris und verzog das Gesicht. »Was von seinem Gesicht übrig ist, erlaubt eine Identifizierung. Das Arbeitszimmer war der Ausgangspunkt des Feuers. Neben der Leiche stand ein Benzinkanister. Er hielt die Waffe noch in der Hand, allerdings ist sie ziemlich stark beschädigt. Es handelt sich um eine Handfeuerwaffe mit kleinem Kaliber, aber für den Zweck allemal groß genug. Die Forensiker werden Ihnen sicher das Fabrikat sagen können.«
»Können Sie rekonstruieren, was passiert ist?«, fragte Kincaid, obwohl er nicht verhindern konnte, dass die Szene bereits vor seinem geistigen Auge ablief.
»Wie es aussieht, hat er seine Frau erschossen und anschließend im ganzen Erdgeschoss Benzin verschüttet. Er ist mit dem Kanister in der Hand rückwärts in sein Arbeitszimmer gegangen und hat dann die Benzinspur mit einem Feuerzeug oder einem Streichholz entzündet. Ich vermute, dass er danach abgewartet hat, bis er sicher war, dass das Feuer gut brannte. Dann hat er sich in die Schläfe geschossen.«
Sie starrten alle wie hypnotisiert zum Haus hinüber, und Kincaid fragte sich, wie ein Mensch es fertigbringen konnte zu tun, was Angus Craig getan hatte.
Eine Hupe ertönte. Als Kincaid sich umdrehte, sah er einen kleinen hellgrünen Ford zum Tor hereinfahren. Imogen Bell stieg aus und kam zu ihnen herüber. Sie sah wesentlich aufgeräumter und munterer aus als am gestrigen Morgen. Offenbar hatte sie es nicht für nötig befunden, die letzte Nacht in ihrem Wagen zu verbringen, um Freddie Attertons Wohnung zu bewachen.
»Sir«, sagte sie zu Kincaid und nickte Cullen und Owen Morris zur Begrüßung zu. » DI Singla schickt mich; ich soll mich mit Ihnen über unser Vorgehen abstimmen. Er lässt Ihnen ausrichten, dass die Spurensicherung und der Rechtsmediziner unterwegs sind. Und wir haben weitere Kräfte angefordert, um das Anwesen abzusperren. Es dürfte nicht lange dauern, bis die Presseleute in Scharen anrücken.« Sie warf einen Blick auf das Haus und schüttelte den Kopf. »Ist es wirklich wahr? Deputy Assistant Commissioner Craig?«
»Der Rechtsmediziner muss ihn noch offiziell identifizieren, aber es sieht danach aus. Kannten Sie ihn?«, fragte er, plötzlich beunruhigt.
»Ich bin ihm ein paar Mal in Henley begegnet, und wir haben auch hier und da ein paar Worte gewechselt. Er schien ganz nett zu sein.«
Kincaid schloss die Augen und sprach innerlich ein kleines Dankgebet dafür, dass Imogen Bell Angus Craig nicht näher kennengelernt hatte.
»Ach ja, Sir«, sagte Bell. »Da war eben ein Mann am Tor, der sagte, er wolle mit einem der Verantwortlichen sprechen. Ein Nachbar. Er sagt, er habe Mrs. Craigs Hund, und er möchte wissen, was er mit ihm machen soll.«
»Ganz unabhängig von dem, was Angus Craig jetzt getan hat«, sagte Gemma, »wir wissen immer noch nicht, warum er Rebecca Meredith gerade zu diesem Zeitpunkt ermordet haben sollte. Und ich kann nicht an einen Zufall glauben, wenn Rebecca ausgerechnet an dem Tag, an dem sie sich so merkwürdig zu verhalten begann, mit einem anderen möglichen Opfer von Craig gesprochen hat. Zumal, wenn diese Frau wirklich eine alte Freundin von ihr war.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum, während sie nachdachte. »Wir müssen mit dieser Frau reden.«
»Jetzt?« Melody blickte sich unter den anderen Gästen um. Es sah aus, als ob die Party sich allmählich dem Ende zuneigte. »Was ist mit den Kindern?«
»Ich werde Betty oder Hazel fragen, ob sie eine Weile auf die Kleinen aufpassen können«, sagte Gemma. Die Seifenblase der heilen Familienidylle war früher zerplatzt, als sie gedacht hatte. Aber sosehr es ihr widerstrebte, die Kinder und ihre Gäste im Stich zu lassen, wusste sie doch, dass sie einen solchen ungeklärten Punkt nicht offen lassen durfte. »Wir wissen noch
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