Die stillen Wasser des Todes - Roman
Nachricht würde sich im Club ausbreiten wie ein Lauffeuer.
»Ich habe schon versucht –«
»Ich weiß«, unterbrach ihn Kincaid. »Mr. Jachym, wie ich höre, waren Sie der Letzte, der Rebecca Meredith vor ihrem Verschwinden gesehen hat?«
»Ich –« Jachym schluckte. »Soviel ich weiß, ja. Das habe ich schon diesem anderen Polizisten gesagt, diesem Asiaten.«
»Sie waren Rebecca Meredith ’ Trainer?«
»Nicht offiziell, nein. Früher allerdings schon, aber das ist viele Jahre her. Bitte sagen Sie mir, was passiert ist.«
»Mr. Jachym, setzen Sie sich«, sagte Kincaid. Milo Jachym wirkte nicht wie ein Mann, der es gewohnt war, Befehle zu befolgen, doch er nahm gehorsam Platz.
»Wenn Sie erlauben?«, fragte Kincaid, und als Jachym nickte, zogen er und Cullen sich ebenfalls zwei Sessel heran. »Rebecca Meredith ’ Leiche wurde heute Nachmittag unterhalb des Hambleden-Wehrs gefunden«, sagte er. Er wusste, dass es am besten war, nicht zu lange um den heißen Brei herumzureden.
Jachym starrte sie an. »Sind Sie da sicher?«
»Ein Mitglied des Such- und Rettungsteams hat sie identifiziert. Aber wir benötigen noch eine offizielle Bestätigung. Wissen Sie, wer die nächsten Angehörigen sind?«
» O Gott.« Jachyms Hand machte eine krampfhafte Bewegung zu seiner leeren Kaffeetasse, doch er berührte sie nicht. »Hat denn noch niemand Freddie informiert? Er war außer sich vor Sorge.«
»Freddie?«, fragte Kincaid, obwohl ihm der Name aus der ursprünglichen Vermisstenanzeige bekannt vorkam.
»Freddie Atterton. Beccas Exmann.«
»War er derjenige, der sie als vermisst gemeldet hat?«
»Ich – Wir – Er kam heute Morgen zu mir. Er machte sich Sorgen um sie, und da fiel mir auf, dass ich ihr Skiff nicht auf dem Ständer auf dem Bootsplatz gesehen hatte. Aber – wollen Sie mir denn nicht sagen, was passiert ist?«
Cullen antwortete ihm. »Das Suchteam hat ihr Filippi gefunden; es hatte sich am Buckinghamshire-Ufer verfangen, nicht weit unterhalb von Temple Island. Es war gekentert, und ein Skull fehlte.«
»Aber – wenn sie dort ins Wasser gefallen wäre, hätte sie doch bestimmt ans Ufer schwimmen können. Wobei sie kaum freiwillig das Skiff zurückgelassen hätte …« Milo Jachym schüttelte den Kopf und rieb sich ungeduldig das mit angegrauten Stoppeln übersäte Kinn. »Ich bin lange genug in diesem Sport, um zu wissen, dass jedem Ruderer ein Unfall passieren kann. Aber ich hätte nie gedacht, dass Becca … Freddie hatte recht. Ich hätte sie zurückhalten sollen.«
»Er wollte nicht, dass sie aufs Wasser geht?«
»Nein. Er hatte von mir erfahren, dass sie trainiert, und er war wütend. Er hielt es für eine Dummheit.«
»Und war es das?«
»Nein. Jedenfalls fand ich das nicht. Als ich damals mit ihr gearbeitet habe, kurz nachdem sie mit dem Studium fertig war, da war sie eine Goldmedaillenkandidatin. Aber sie war leichtsinnig. Mit den Jahren schien sie ein wenig ruhiger geworden zu sein. Gestern Abend, bevor sie losruderte, habe ich ihr gesagt, dass ich ihr durchaus Chancen einräume, wenn sie es wirklich ernst meint.«
»Chancen?«, fragte Kincaid. »Chancen worauf?«
Jachym sah ihn an, als sei das eine selten dämliche Frage. »Auf eine Olympiateilnahme natürlich. Im Frauen-Einer.«
Jetzt starrte Kincaid ihn ebenfalls an. Verdammt. Als Rebecca Meredith ihnen als eine »Spitzenruderin« beschrieben worden war, hatte er angenommen, dass sie gelegentlich bei einer lokalen Regatta gestartet war.
Aber eine Olympiateilnehmerin und eine leitende Beamtin bei der Met?
Kein Wunder, dass man in den oberen Etagen Wert darauf gelegt hatte, einen eigenen Mann vor Ort zu haben. Die Journalisten würden sich wie die Geier auf den Fall stürzen.
Und er würde so bald nicht nach Hause kommen.
6
Im Einer ist der Erfolg ganz allein deine Sache; deine eigene Belastbarkeit entscheidet darüber, ob du gewinnst oder verlierst. Du allein bist für den Ausgang des Rennens verantwortlich. Die echte, ungetrübte Freude über den Sieg in einem Einer-Rennen – ob auf Anfänger- oder Spitzenniveau – gibt dir so viel, dass du noch einmal drei Jahre Training auf dich nimmst.
Brad Alan Lewis, Assault on Lake Casitas
»Augenblick«, sagte Kincaid. »Gehen wir noch mal ein Stück zurück. Sie sagen, Rebecca Meredith hätte für die Olympischen Spiele trainiert? Aber sie gehörte doch nicht zum Leander-Team.«
»Das musste sie auch nicht«, antwortete Milo. »Becca war Clubmitglied. Sie konnte Leander
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