Die stillen Wasser des Todes - Roman
Sergeants-Lehrgang angemeldet.«
»Oh.« Der Gedanke an den bevorstehenden Verlust versetzte Gemma unvermutet einen Stich. Natürlich hatte sie selbst Melody immer wieder gedrängt, eine Beförderung anzustreben. Und natürlich hatte sie nicht erwartet, dass Melody immer in Notting Hill bleiben würde. Aber die Beförderung würde unweigerlich Melodys Versetzung zu einer anderen Dienststelle zur Folge haben, wenn nicht gar in einen anderen Bezirk, und Gemma merkte plötzlich, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, wieder mit Melody in Notting Hill zu arbeiten.
Als sie die Enttäuschung in Melodys Zügen sah, riss sie sich zusammen und rang sich ein Lächeln ab. »Oh, gratuliere, Melody. Das freut mich wirklich für dich. Das hättest du schon längst tun sollen. Und ich weiß, dass du die Prüfung mit Bravour bestehen wirst.«
»Die Arbeit beim Sapphire-Projekt macht mir Spaß«, sagte Melody. Sie schien erleichtert, dass Gemma ihren Schritt guthieß. »Ich schätze mal, bevor du in Elternzeit gegangen bist, habe ich mich mehr oder weniger von dir mitziehen lassen, und der neue Job hat mein Selbstvertrauen gestärkt.«
Es fiel Gemma immer wieder schwer zu glauben, dass es der Tochter eines der mächtigsten Zeitungsbarone des Landes an Selbstvertrauen fehlen könnte. Aber Melody hatte sich den Wünschen ihres Vaters allein schon dadurch widersetzt, dass sie zur Polizei gegangen war, und Gemma wusste, dass ihr diese Entscheidung nicht leichtgefallen sein konnte.
»Diese Sache heute in Henley«, sagte Melody, »wird die eventuell deine Pläne durchkreuzen, nächste Woche wieder mit der Arbeit anzufangen?«
»Oh, ich bin sicher, dass wir das irgendwie regeln können, falls die Sache sich bis dahin nicht schon erledigt hat«, antwortete Gemma. Tatsächlich aber hatte sie sich schon den ganzen Abend Gedanken über alternative Kinderbetreuungsmöglichkeiten gemacht, sollte Duncan durch den Fall stärker beansprucht werden. Sie konnten nicht darauf zählen, dass Wesley oder Betty Howard rund um die Uhr als Babysitter zur Verfügung stehen würden, und wenn die Ereignisse des heutigen Tages sie etwas gelehrt hatten, dann, dass Charlotte noch nicht reif für den Kindergarten war.
»Was ist denn mit ihrem ehemaligen Kindermädchen?«, schlug Melody vor. »Hast du noch Kontakt zu ihr?«
»Alia?« Gemma runzelte die Stirn – an diese Möglichkeit hatte sie noch gar nicht gedacht. »Sie hat uns ein paar Mal besucht, und Charlotte freut sich immer, sie zu sehen. Vielleicht sollte ich sie mal anrufen, für alle Fälle …«
»Vielleicht stellt sich ja heraus, dass der Tod dieser Frau in Henley ein Unfall war, und dann ist Duncan aus dem Schneider.«
Doch Gemma sah noch Rashids Gesichtsausdruck vor sich, als er die Leiche untersucht hatte, und wollte lieber nicht darauf wetten. Rashid Kaleem war ein guter Rechtsmediziner, und sie vertraute seinem Instinkt. Außerdem fragte sie sich immer noch, warum Denis Childs so darauf beharrt hatte, dass Duncan den Todesfall untersuchte. Es gab noch andere Superintendents, die gerade nicht im Urlaub waren und sicherlich in der Lage gewesen wären, die Metropolitan Police vor Ort zu vertreten. »Vielleicht«, sagte sie – bemüht, ein wenig Überzeugung in ihre Antwort zu legen.
»Diese Kollegin, die dort tot aufgefunden wurde – hast du sie gekannt?«
Gemma schüttelte den Kopf. »Nein. Der Name kam mir jedenfalls nicht bekannt vor, und ihr Gesicht habe ich noch nie gesehen. Aber Duncan sagte, dass ihr Bezirk West London gewesen sei.«
»West London?« Melody wirkte plötzlich sehr ernst. Sie richtete sich auf und schob ihr leeres Weinglas noch weiter weg. »Das ist ein bisschen sehr nahe vor der Haustür, nicht wahr?«
»Sagen Sie Ihrem Constable, er soll ihn dort festhalten. Ich bin schon unterwegs«, wies Kincaid Singla an. Nachdem er das Gespräch beendet hatte, wiederholte er für Milo Jachym, was er soeben gehört hatte. »Hat Becca Meredith wieder geheiratet?«
»Nein. Das muss Freddie sein. Er – Sie standen sich immer noch sehr nahe. Ich glaube, Freddie ist nie so richtig über die Scheidung hinweggekommen. Hören Sie, lassen Sie mich doch mitkommen. Er sollte es von einem Freund erfahren.«
Kincaid überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. »Nein. Ich will zuerst mit ihm sprechen.«
»Aber irgendjemand sollte sich um ihn kümmern – er hat keine Verwandten hier in der Nähe –«
»Na schön. Aber geben Sie mir zuerst eine halbe Stunde mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher