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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Anorak, ein alter Barbour, der seine Wachsimprägnierung offenbar schon eingebüßt hatte, fühlte sich feucht und schmuddelig an. »Sie waren draußen im Regen.«
    »Heute Morgen, als ich nach Becca gesucht habe. Ich bin klatschnass geworden und hatte – ich hatte einfach noch keine Gelegenheit, meine Sachen zu trocknen.« Atterton fischte einen Schlüssel aus der Jackentasche. Seine Finger fühlten sich eiskalt an, als er ihn Kincaid übergab.
    Wie lange hatte der Mann hier mit nassen Sachen in der Kälte gesessen?, fragte sich Kincaid. Er steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn ohne Mühe um und betrat als Erster das Haus. In dem sauber aufgeräumten Wohnzimmer brannte eine einzelne Lampe.
    »Waren Sie heute schon einmal hier drin?«, fragte er Atterton, der hinter ihm eingetreten war. Es war kalt im Haus, und es roch nach Seife – oder vielleicht Parfüm – und Kaffee. Kincaid tastete an der Wand nach einem Schalter, und zwei weitere Lampen leuchteten auf.
    »Ich bin heute Morgen hergefahren, nachdem Becca weder ans Telefon gegangen noch in der Arbeit erschienen war, und ich dachte –« Atterton hielt inne und schluckte. »Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Und als Sie sie nicht finden konnten, haben Sie die Polizei angerufen. Waren Sie danach noch einmal hier?«
    »Ja, um die Leute vom Such- und Rettungsdienst reinzulassen. Die blonde Frau ist mit ihrem Hund durchs Haus gegangen. Es war ein Constable bei ihr. Ich wollte mitkommen, als sie wieder gingen, aber sie sagte, ich würde sie nur aufhalten. Also bin ich zum Leander zurückgefahren und habe dort gewartet.
    Aber es ist niemand gekommen, und niemand hat mir etwas gesagt. Und als ich dann noch einmal im Cottage nachsehen wollte, hat dieser Polyp da mich nicht reingelassen.« Die abschätzige Bezeichnung für den Polizisten kam Atterton ganz beiläufig über die Lippen, mit jener Art von gedankenlosem Snobismus, bei dem sich Kincaid die Zehennägel aufrollten.
    »Als Sie heute Morgen hier waren, haben Sie da die Lampe eingeschaltet?«, fragte er.
    Atterton reagierte überrascht. »Nein. Sie brannte schon, als ich hineinging. Ich bin nicht auf die Idee gekommen –«
    »Hätte Ihre Exfrau absichtlich tagsüber eine Lampe brennen lassen?«
    »Becca? Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist sehr umweltbewusst. Wirft mir immer vor, dass ich nur eine Belastung für den Planeten bin. Sie –« Attertons Lächeln verflog, bevor es seine Augen erreichte.
    Bei der besseren Beleuchtung konnte Kincaid sehen, dass Freddie Atterton ein attraktiver Mann war, mit heller Haut und dichtem braunem Haar, das er relativ lang und nach hinten gekämmt trug. Nun aber waren seine blauen Augen verschattet, sein Gesicht von Sorge und Erschöpfung gezeichnet.
    »Jetzt ziehen Sie erst mal den nassen Anorak aus«, sagte Kincaid. Als er Atterton die Jacke abnahm, konnte er sehen, dass der Anzug darunter ebenfalls feucht war. Tuch und Schnitt schienen vom Feinsten zu sein, und der Stoff roch leise nach nassem Schaf. »Setzen wir uns doch.«
    Aber Atterton blieb stehen. »Sie sehen gar nicht aus wie ein Polizist«, sagte er. »Schon gar nicht wie einer von Scotland Yard.«
    »Ich habe gerade mit meiner Familie Urlaub gemacht. Mr. Atterton –«
    »Wer hat Sie angerufen? War es Peter Gaskill?«
    »Ich kenne keinen Peter Gaskill.«
    »Er ist Beccas Chef. Superintendent Gaskill. Warum ist er nicht selbst gekommen? Es sei denn –« Atterton starrte ihn an, und seine blauen Augen verdüsterten sich. »Sie sind von der Mordkommission, nicht wahr? Deswegen haben sie Sie geschickt. Sie ist tot.« Er nickte ein Mal, wie um etwas zu bestätigen, das er bereits gewusst hatte. »Becca ist tot.«
    Plötzlich schwankte er, und als Kincaid ihn zu einem Sessel führte, ließ er sich hilflos darauf niederplumpsen.
    »Es tut mir leid.« Kincaid zog sich einen Polsterhocker heran und setzte sich Atterton direkt gegenüber. Er fürchtete, ihn eventuell auffangen zu müssen. Mit ruhiger Stimme fuhr er fort: »Das Suchteam hat ihre Leiche heute Nachmittag unterhalb des Wehrs gefunden.«
    »Becca. Aber wie – War sie – Das Skiff – Becca kann doch unmöglich –« Atterton brach ab und schauderte. Seine Zähne begannen zu klappern, doch er unternahm keinen Versuch, sich aufzuwärmen.
    Nachdem Kincaid sich einigermaßen sicher sein konnte, dass Atterton nicht jeden Moment in Ohnmacht fallen würde, wechselte er zu dem braunen Ledersofa, das mit Attertons Sessel ein Ensemble

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