Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
würde.
    Er klappte die Brieftasche zu und wandte sich den nächsten Gegenständen zu. »Eine elektronische Fahrkarte für den Londoner Nahverkehr im Standard-Etui. Eine Packung Papiertaschentücher.« Er zog den Reißverschluss eines kleinen Schminktäschchens auf und kippte den Inhalt auf den Tisch. »Puderdose. Lippenstift. Labello. Ein Döschen Aspirin. Eine Packung Tampons.« Er schob die Sachen beiseite, schüttelte den Beutel aus und sah Doug an. »Und das ist alles. Keine zerknüllten Kaugummi- oder Bonbonpapierchen. Keine Zettel mit hingekritzelten Telefonnummern. Keine Treuepunkte-Karten vom Pizzaservice. Keine Eau-de-Cologne-Pröbchen, die man mitschleppt, um sich vor einem Date rasch frischzumachen.«
    »Ausschließlich Praktisches und unverzichtbare Alltagsgegenstände«, stimmte Doug zu. »Und absolut gar nichts Persönliches.«
    »Sir«, sagte Singla, »ich verstehe wirklich nicht, warum es so wichtig sein soll, was diese Frau in ihrer Handtasche hatte und was nicht. Sicherlich –«
    »Denken Sie doch einmal einen Moment nach«, unterbrach ihn Kincaid. »Sind Sie verheiratet, DI Singla?«
    »Äh, ja, aber –«
    »Wissen Sie, was Ihre Frau so in ihrer Handtasche hat?« Kincaid dachte an Gemma, die inzwischen eine Tasche von der Größe eines kleinen Koffers mit sich herumschleppte, vollgestopft mit Charlottes Lieblingsbüchern und -keksen und natürlich Bob, dem grünen Plüschelefanten, ohne den Charlotte nie aus dem Haus ging. Er fragte sich, wie er demnächst diesen ganzen Kram mit sich herumtragen und dabei noch halbwegs wie ein richtiger Mann aussehen sollte.
    Singla schüttelte den Kopf, die Augen in gespieltem Entsetzen geweitet. »Die Küchenspüle, wenn sie sie unterbringen könnte.« Er schloss die Augen und überlegte. »Die Stundenpläne der Kinder, alte Einkaufszettel, Kassenbons aus dem Supermarkt, Gratispackungen Kekse. Sogar Teebeutel, für den Fall, dass sie im Café nicht ihre Sorte vorrätig haben. Einen Schirm, weil man ja nie wissen kann, ob es Regen gibt. Und immer ein Buch – sie liest leidenschaftlich gerne, meine Frau. Sie mag die Sorte, wo hinten diese Buchclub-Fragen drinstehen.«
    Kincaid nickte und fragte: »Welche Sorte Kekse?«
    »HobNobs.«
    »Welche Farbe hat ihr Regenschirm?«
    Singla überlegte. Sein ungehaltener Gesichtsausdruck war verflogen. »Rot mit gelben Punkten. Sie sagt, wenn es schon regnet, sollte man zum Ausgleich etwas Fröhliches dabeihaben.«
    »Welche Sorte Tee?«
    »Chai. Und sie bestellt im Café immer heiße Milch. Mir ist das ja peinlich, aber es scheint niemandem sonst etwas auszumachen.«
    »Sehen Sie?« Kincaid lächelte. »Jetzt weiß ich schon eine ganze Menge über Ihre Frau.« Er fügte nicht hinzu, dass ihm Singla dadurch schon gleich sympathischer war. »Ich würde wetten, dass sie intelligent ist, vielleicht ein wenig mollig und von heiterem und optimistischem Gemüt. Eine Frau, die weiß, was sie will, und es in der Regel auch bekommt.«
    Singla verdrehte die Augen. »Das können Sie laut sagen. Und es ist eine zutreffende Beschreibung. Aber was hat meine Frau oder die Handtasche meiner Frau mit Rebecca Meredith zu tun?«
    Die junge Polizistin, die aufmerksam zugehört hatte, meldete sich zu Wort. »Es ist nicht die Handtasche Ihrer Frau, auf die es hier ankommt, Sir. Sondern die von Rebecca Meredith. Und ich würde sagen, sie verrät uns, dass diese Frau etwas zu verbergen hatte.«

9
    Skullen ist ein Sport für Individualisten.
    Brad Alan Lewis, Assault on Lake Casitas
    Die junge Detective Constable war hoch aufgeschossen und schlaksig, mit einer energischen Art und einem etwas linkischen Charme. Sie hatte schulterlanges braunes Haar und braune Augen, und Kincaid konnte sich vorstellen, dass Rebecca Meredith vor zehn Jahren ganz ähnlich ausgesehen hatte.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er.
    »Imogen, Sir. DC Imogen Bell.«
    »Kann es sein, dass Sie auch rudern?«
    »Nein, Sir. Aber ich bin schon mit dem einen oder anderen Ruderer ausgegangen – die meisten sind ganz schön eingebildete Schnösel. Meinen, bloß weil sie ein bisschen paddeln können, müssten alle Frauen auf sie –« Sie fing Singlas Blick auf und brach ab. »Äh, verzeihen Sie, Sir.«
    »Nein, das ist schon in Ordnung. Ich bin immer interessiert an persönlichen Einschätzungen und Insider-Informationen«, erwiderte Kincaid und sah ein kurzes Lächeln um ihre Lippen spielen, ehe sie sich zusammennahm und für ihren Chef eine geschäftsmäßige Miene

Weitere Kostenlose Bücher