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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Den ganzen Tag über war immer so viel los gewesen, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatte, ihn anzurufen, bis jetzt – wenn sie denn gewusst hätte, was sie sagen sollte.
    »Iss auf«, drängte Ian und beäugte die Falafel, die sie nicht angerührt hatte. »Sonst ess ich’s dir noch weg. Mir schmecken die Dinger nämlich auch.«
    »Finger weg«, sagte Tavie, doch ihr Ton verriet, dass sie mit den Gedanken nicht bei der Sache war. Sie griff nach der Tüte, legte sie aber gleich wieder hin. Plötzlich musste sie gegen das Bedürfnis ankämpfen, sich jemandem anzuvertrauen, auch wenn ihr klar war, dass sie keine Details über die Suchaktion oder das, was danach passiert war, preisgeben durfte. »Sag mal, Ian, wenn du einem Freund etwas Gemeines an den Kopf geworfen hättest – eigentlich nur die Wahrheit, aber trotzdem gemein –, wie würdest du dich entschuldigen?«
    »Ich würde ihm einen ausgeben.«
    Sie verdrehte die Augen. »Na ja, das ist in dem Fall vielleicht nicht gerade die ideale Lösung, angesichts der Tatsache, dass ich ihn unter anderem wegen seiner Trinkerei zusammengestaucht habe.«
    Ian wurde neugierig. »Vor dem Magoos, stimmt’s? Dieser verrückte Kerl, der Boote repariert?«
    »Was – Woher hast du –« O verdammt! Sie hätte es sich denken können, dass jedes Wort, das sie sagte, mitgehört würde, und dass es sich binnen Stunden in der ganzen Stadt herumsprechen würde. »Er ist nicht verrückt«, protestierte sie. »Er war als Sanitätssoldat im Irak.«
    »Scheiße.« Ians sonst so heitere Miene wurde schlagartig ernst. »Posttraumatische Belastungsstörung?«
    »Ich glaube, ja. Und eine Kopfverletzung. Aber er redet nie darüber.« Sie zögerte und fuhr dann mit spürbarem Unbehagen fort: »Ich habe ein paar – na ja, Nachforschungen über ihn angestellt, ehe ich ihn gefragt habe, ob er beim Such- und Rettungsdienst mitmachen wolle.« Sie schämte sich, es zu gestehen, auch wenn sie berechtigte Gründe für ihre Schnüffelei gehabt hatte. »Er hat seine gesamte Einheit verloren, als sie in eine Sprengfalle geraten sind.«
    »Der arme Kerl.« Ian schüttelte den Kopf. »Was hat er denn Schlimmes getan, dass er diesen Anschiss von dir verdient hat? Ich habe gehört, ihr wärt gestern zu einer Vermisstensuche gerufen worden.«
    Natürlich hatte er das gehört. »Hör mal, Ian, ich hätte dir das eigentlich gar nicht erzählen –«
    Der Feueralarm übertönte ihre Worte.
    »Hättest du mal besser deine Falafel aufgegessen«, sagte Ian, während er sich den letzten Bissen Kebab in den Mund stopfte. »Kann man schlecht in der Mikrowelle aufwärmen – da wird der Salat ganz welk –«
    »Schsch!« Tavie hob die Hand. Die Stimme des Einsatzkoordinators wurde vom Dröhnen der Motoren in der Fahrzeughalle fast übertönt, doch zwischen den Rufen der Crew, die bereits ihre Ausrüstung fertig machte, hatte sie zwei Worte ausmachen können: Feuer und Insel. O Gott, doch hoffentlich nicht – Aus ihrem Funkgerät tönte das Rufsignal für den Notarztwagen.
    » RRV bitte – möglicherweise Verletzte«, sagte der Einsatzkoordinator. »Scheint eine Explosion gegeben zu haben – ein Hausbrand auf der Insel gegenüber von Mill Meadows.«
    Tavie sprintete zum Wagen.
    Sie bog mit dem Volvo schon auf die Straße, ehe das Löschfahrzeug die Halle verlassen hatte, und jagte den Motor hoch, dass die Reifen kreischten und Ian, den als Beifahrer sonst so schnell nichts aus der Ruhe bringen konnte, sich mit einer Hand am Armaturenbrett festhielt, während er mit der anderen hektisch nach dem Sicherheitsgurt griff. Mit Blaulicht und Sirenengeheul schossen sie die West Street hinunter und weiter über den Marktplatz. Tavie hörte, wie hinter ihnen das Löschfahrzeug ebenfalls die Sirene einschaltete, und bald sahen sie auch das flackernde Blaulicht im Rückspiegel des Volvo.
    »Los, Beeilung, verdammt noch mal«, flüsterte sie, eine Ermahnung, die an sie selbst ebenso wie an die Mannschaft hinter ihr gerichtet schien.
    »Was ist denn in dich gefahren, Tav?«, stieß Ian mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Willst du uns alle umbringen?«
    »Ich fürchte –« Mehr brachte sie nicht heraus. »Lass mich nur machen. Das Löschfahrzeug muss den Umweg über den Parkplatz vom Rudermuseum nehmen, aber so kommen wir näher heran.« An der Thames Side fuhr sie über die rote Ampel und bog so scharf ab, dass sie fast die Ecke des Angel mitgenommen hätten. Am Ende der Straße lenkte sie den Wagen

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