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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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düngen.«
    Edmund stürzte in den Saal und kreischte: »Ein Krieger trägt des Königs Banner!« Vor dem Besucher seines Vaters blieb er stehen und schaute ihn erstaunt an. Lord Henry hob den Kopf. Edmund fragte: »Wer seid Ihr denn, Sir?«
    »He? Ach so, du bist der Balg des Halunken. Heb dich hinweg von mir, Junge! Ich bin auf dem Wege ins Grab. Ein Schwert wird mir den Kopf abschneiden. Ja, eine Lanze wird sich durch meine Rippen bohren und ...« Langsam stand er auf.
    Philippa lief zu ihm. »Vater, was geht hier vor? Kennst du den Kanzler des Königs? Warum hast du solche Angst?«
    Er schüttelte sie ab. »Junge, bring mich weg! Ja, bring mich ins Zimmer deiner Stiefmutter! Dort will ich auf die Folter und auf mein Todesurteil warten. Ja, man wird mich ins Verlies werfen, man wird mir ganz langsam die Fingernägel herausziehen, mir die Haare vom Unterleib rupfen und mir die Augen aus den Höhlen reißen.«
    Edmund riß die Augen weit auf und fragte Philippa: »Ist dieser Mann dein Vater?«
    »Ja, Edmund. Bring ihn ins Schlafzimmer deines Vaters! Er ist außer sich. Schnell!«
    »Ich möchte wissen, was dieser Burnell von mir will«, sagte Dienwald.
    »Der Kanzler des Königs ...«, sagte Philippa voller Staunen und Ehrfurcht. »Du hast doch nicht etwa eine ganz schreckliche Grausamkeit begangen, mein Gatte?«
    Dienwald sah, daß sie vor Angst blaß geworden war, und tätschelte ihr die Wange. »Ich werde den Burschen begrüßen«, sagte er dann. »Du bleibst so lange hier! Ich muß erst erfahren, was er will. Nein, geh zu deinem Vater! Vielleicht sagt er mal etwas, das einen Sinn für dich ergibt. Ich will, daß du in Sicherheit bist, bis die Sache geklärt ist. Tu, was ich dir gesagt habe, Philippa!«
    Er ging, und sie sah ihm finster nach. Er war ihr Herr und Meister, und sie liebte ihn unbedingt. Aber sollte sie sich deshalb verstecken, während er unbekannten Gefahren entgegenschritt?
    »Verlaß den Saal, Herrin, wie es der Herr angeordnet hat!«
    »Gorkel, du hast mir nicht zu sagen, was ich tun muß!«
    »Der Herr hat mich gewarnt. Er hat gesagt, Ihr würdet versuchen, ihm zu folgen. Er hat gesagt, Eure Treue zu ihm kann gefährliche Folgen haben. Ihr sollt in Eure Verwalterkammer gehen und dort bleiben. Er will Euch nicht bei Eurem Vater haben. Er glaubt, daß der Mann verrückt geworden ist.«
    »Nein, ich komm' nicht mit! Gorkel, wie kannst du es wagen! Nein!«
    Mochte Philippa auch für ihren Mann eine beachtliche Gegnerin sein, für Gorkel war sie nichts als ein schmächtiges Frauchen. Mühelos warf er sie sich über die breite Schulter und trug sie weg. Sie schlug ihm auf den Rücken und schrie ihn an. Doch das störte ihn nicht weiter.
    Im Innenhof stand wartend Dienwald, die Arme nachlässig vor der Brust übereinandergeschlagen. Gerade ritt Englands Kanzler unter dem Fallgatter hindurch ein. Der Mann war kein großer Reiter. Er hüpfte im Sattel auf und ab wie ein betrunkener Dorflümmel. Plötzlich sah er auf, erblickte Dienwald und musterte ihn mit durchdringendem Blick.
    Burnell ließ seinen Zelter schneller gehen. Dann drehte er sich zu dem bewaffneten Krieger um und sagte etwas, das Dienwald nicht verstehen konnte. Vorsichtshalber machte er sich auf einen Kampf gefaßt, blieb aber äußerlich ruhig. Er sah, wie Burnell gegenüber dem Krieger den Kopf schüttelte.
    Robert Burnell war müde, und das Gesäß hatte er sich durchgeritten. Beim Anblick von St. Erth und dem Mann, der hier der Herr war, fühlte er sich zutiefst erleichtert. Am liebsten hätte er sich vom Pferd fallen lassen und hätte auf den Knien ein Dankgebet an seinen Schöpfer verrichtet. Dienwald de Fortenberry war jung, stark und gesund. Er machte eine gute Figur und hatte ein ansprechendes Aussehen. Seine Burg war ausbesserungsbedürftig, und Burnell hatte viele Menschen gesehen, die in Lumpen umherliefen, aber es war kein Ort des Elends oder der Grausamkeit. Burnell fühlte Hoffnung in sich aufsteigen, und neue Energie durchströmte seinen Körper. Er war zufrieden.
    Zu dem Mann, der vor ihm stand, sagte er: »Ihr seid Dienwald de Fortenberry, Herr von St. Erth, Baron St. Erth?«
    »Ja, der bin ich.«
    »Ich bin Robert Burnell, Kanzler von England. Ich komme von unserem mächtigen und gerechten König Edward I. Ich komme in Frieden, um mit Euch zu sprechen. Heißt Ihr mich in Eurem Hause willkommen?«
    Dienwald nickte. Der Tag, der so vielversprechend mit leidenschaftlicher, lustvoller Liebe begonnen hatte, schien jetzt mit

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