Die Stimme der Erde
Euer Bett verschleppt und dann zum Priester!«
»Wenn Ihr Euch einbildet, irgend jemand könnte Philippa vergewaltigen, ohne daß sie ihm die Knochen bricht, dann kennt Ihr Eure Tochter sehr schlecht.«
»Du Natter von einem Weib, was weißt du denn von Liebe? Dein Leben lang habe ich dich vor solchen geilen Rüden bewahrt. Seit wann kennst du denn diesen bettelarmen Lumpenhund? Doch höchstens ein paar Tage. Und da redest du von Liebe! Ha! Er hat dich verführt, und du warst so schwachsinnig, dich von ihm verführen zu lassen!«
»Ich liebe ihn aber«, sagte Philippa ruhig. »Hör mich an, Vater! Er hat mir keine Gewalt angetan. Er ist freundlich und gut, ein ritterlicher Edelmann. Er hat mich vor Walter gerettet. Aus Liebe habe ich ihn gebeten mich zu heiraten, und er hat eingewilligt.«
Lord Henry schob sie angeekelt weg. »Du kleine Hure«, sagte er langsam. »Du brauchst dich ja nur anzusehen. Die Haare hängen dir unordentlich den Rücken herab wie einem Bauernmädchen. Barfuß bist du auch noch!« Dann holte er aus und gab ihr mit der flachen Hand eine schallende Ohrfeige. Der Schlag kam so unerwartet, daß sie zurückprallte, mit der Hüfte an einen Stuhl stieß und aufschreiend zu Boden stürzte.
Sofort kniete Dienwald, blaß vor Wut, vor ihr. »Bist du verletzt? Philippa, antworte!«
»Nein, es ist nichts. Es war nur der Schock. Ich hatte nicht erwartet, daß er mich schlagen würde.«
Behutsam streichelte Dienwald ihre Wange. Dann stand er auf und schritt auf ihren Vater zu. Lord Henrys Männer schienen sich in Standbilder verwandelt zu haben. Fassungslos starrten sie ihren Herrn und dann die Tochter und den Schwiegersohn ihres Herrn an. Normalerweise würden sie sich für Lord Henry in Stücke hacken lassen. Aber jetzt waren sie unsicher geworden. Keiner von ihnen rührte sich. Dies war ein Familienstreit, und das war gefährlicher als eine Schlacht mit den diebischen Iren.
Dienwald blieb erst ganz dicht vor Lord Henry stehen. »Jetzt hört mich an, alter Mann, und hört gut zu! Aus Höflichkeit habe ich Euch von der Hochzeit Mitteilung gemacht. Ihr habt Eure Tochter ja nicht mehr haben wollen. Ihr habt ihr nicht die geringste Achtung entgegengebracht. Ihr wolltet sie ohne Mitgift verheiraten. Noch dazu mit de Bridgport! Jetzt habt Ihr kein Recht mehr, in ihr Leben hineinzureden. Philippa ist mein, und was mein ist, steht unter meinem
Schutz. Ich töte Euch nur deshalb nicht, weil sie von Eurem Blut ist. Doch ich warne Euch. Mein Dolch ist scharf, und mein Zorn wächst von Minute zu Minute. Wenn Ihr sie noch einmal anrührt, reiße ich Euch das schwarze Herz aus dem fetten Leib! Ich meine das todernst. Also seht Euch vor, alter Mann!«
Lord Henry trat einen Schritt zurück und fuhr sich mit den Fingern durch das graue Haar. Denn nie zuvor im Leben hatte er sie geschlagen. »Es tut mir leid, daß ich dich geschlagen habe, Philippa«, sagte Lord Henry. »Aber du hast meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Du bist heimlich weggerannt, so daß ich annehmen mußte, du wärst tot, ermordet oder ...«
»Du weißt genau, warum ich weggerannt bin. Weil ich mitangehört habe, wie du zu Ivo gesagt hast, daß du mich William de Bridgport zur Frau geben willst. Was hast du denn erwartet? Daß ich vor Dankbarkeit vor dir auf die Knie fallen und freiwillig zu diesem dreckigen alten Mann gehen würde?«
Lord Henry sank kraftlos auf eine Bank. Sein Blick suchte Dienwald und noch einmal raffte er sich zu einem Zornesausbruch auf. »Ihr habt meine Wolle gestohlen und meine Männer getötet!«
»Ja, Eure Wolle habe ich gestohlen. Aber ein Mörder bin ich nicht. Einer meiner Leute hat Eure Bauern ohne mein Wissen umgebracht. Dieser Mann ist inzwischen tot. Was die Wolle betrifft, so stammt der Waffenrock, den ich trage, aus dieser Ladung. Eure Tochter hat ihn mit geschickten Fingern genäht. Mit ihr nähten viele andere Frauen daraus Kleidung für meine Leute.«
Philippa näherte sich wieder ihrem Vater. »Weißt du denn gar nicht, was Sir Walter getan hat? Er hat Dienwalds Sohn und mich entführt und nach Crandall gebracht. Er wollte mich unbedingt heiraten, Vater. Ich kann mir bis heute nicht erklären, warum. Ich war eine Fremde für ihn, und außerdem hat er eine Geliebte, die ... Nun, Schwamm drüber! Hast du ihm vielleicht eine Belohnung angeboten, die er erhalten sollte, wenn er mich aufspürte? Wollte er mich deshalb zur Frau haben?«
Wiederum blitzten Lord Henrys Augen zornig auf. »Dieser
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