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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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und wir laufen alle in Lumpen umher. Deshalb habe ich eure beiden Wollewagen in meinen Besitz gebracht.« Er sah sie scharf an.
    »Daß Ihr die Wolle braucht, ist deutlich zu sehen. Aber mein Vater wird Vergeltung für den Raubüberfall üben. Darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
    »Ich will dir mal etwas sagen, Lady Naseweis. Diese tapferen Bauern werden den dritten Wagen in St. Ives verkaufen und ihren Gewinn gut verstecken. Danach gehen sie zu Lord Henry und jammern ihm laut vor, daß alle drei Wagen geraubt worden wären. Wer die Räuber waren, wissen sie aber nicht. Außerdem bist du meine Gefangene. Wenn ich ein Lösegeld für dich fordern sollte, kann ich immer behaupten, ich hätte dich in hilflosem Zustand an der Straße gefunden. Und wenn du deinem Vater die Wahrheit sagst - bildest du dir wirklich ein, die Bauern würden zugeben, daß sie gelogen und deinen Vater feige übers Ohr gehauen haben? Ich war schon nahe daran, dich als Gast aufzunehmen. Aber du bist mir für ein Weib zu frech und anmaßend. Du mußt erst gute Manieren lernen. Vielleicht werde ich sie dir beibringen. Jedenfalls bleibst du in St. Erth, bis ich mir überlegt habe, was ich mit dir anfangen soll. Und jetzt laß mich allein!«
    »Ich würde gern ganz fortgehen, und zwar für immer! Mein Vater kommt der Wahrheit bestimmt auf die Spur. Und dann macht er Euch den Garaus, wie Ihr es verdient, Pest von Cornwall! Und der einzige Dumme seid Ihr. Ihr könnt mir ruhig glauben, daß mein Vater nichts mehr mit mir zu tun haben will.«
    »Nun, vielleicht erfahre ich dafür von dir den Namen des Mannes, der dich zur Frau nehmen will. Dann schicke ich einfach diesem Schwachkopf eine Botschaft, und er kann das Lösegeld für dich bezahlen.«
    »Nein!«
    Sie ist tatsächlich blaß geworden, stellte Dienwald fest. Sehr gut, wenn sie bei dem Gedanken eine Gänsehaut kriegt. Er hätte jetzt wirklich gern gewußt, wer ihr zukünftiger Ehemann war.
    »So ein hochmütiger Einfaltspinsel!« sagte Philippa. Sie schaute aus dem schmalen Fenster ihrer Zelle in den Innenhof hinab.
    Unten schritt Dienwald de Fortenberry über den aufgeweichten Boden zu den Ställen, gefolgt von drei Hunden, zwei Kindern und einem Huhn. Er hatte das Mädchen von Northbert, dem Mann mit der platten Nase, in ein Turmzimmer einschließen lassen. Zimmer, ach was! Es war nicht mehr als eine Zelle. Sie konnte noch von Glück sagen, daß er sie nicht in die Kornkammer gesperrt hatte.
    Philippa sah ihm nach, bis er in den Ställen verschwand. Nur das Huhn trottete ihm noch nach. Die Kinder und Hunde hatte ein brüllender Stallknecht aufgehalten. Er hatte so schwarze Haare, wie Philippa sie noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Da unten ging es äußerst geräuschvoll zu. So viele Menschen, und einer lauter als der andere! Die Männer schrien und brüllten, die Frauen schrien und brüllten, die Kinder kreischten, und die Hühner gackerten. Es war ein so schrilles Durcheinander mißtönender Stimmen, daß Philippa die Ohren weh taten. Sie wandte sich von der Fensteröffnung ab und sah sich in ihrer Zelle um. Sie war lang und schmal. Das einzige Möbelstück war ein niedriges Bett mit einer faulig riechenden Strohmatratze und einer rauhen Decke. Kein Kissen, kein Trinkwasser. Unter dem Bett stand noch ein verbeulter Nachttopf. Sonst gab es nichts.
    Immerhin hatte sie es hier noch glänzend im Vergleich zu ihrem Versteck auf dem Wollewagen. Aber schließlich war sie anderes gewöhnt. Sie hatte Beauchamp mit allem Luxus, den die Burg bot, immer für selbstverständlich gehalten. Es war ja ihre Heimat gewesen. Und jetzt war sie nichts besseres als eine Gefangene. Ihre wunderbare Flucht hatte ihr nichts eingebracht als eine trübe, feuchte Zelle im Burgturm eines Mannes, der noch unberechenbarer war als das Wetter in Cornwall und der als abgefeimter Schurke galt.
    »Is ja 'ne gute Qualität, Herr«, sagte unten die alte Agnes zu dem abgefeimten Schurken, und ihre knorrigen Finger strichen liebkosend über die Wolle. »Wirklich sehr gut.«
    »Na schön«, sagte Dienwald. »Dann hol dir alle Mädchen zusammen, die du brauchst! Sie sollen dir beim Waschen und Weben zur Hand gehen. Und sag Ellis Bescheid! Ich habe Alain beauftragt, sofort Weber einzustellen. Der erste neue Waffenrock geht an Master Edmund - ja, ein neuer Rock und eine neue Hose.«
    Die alte Agnes nahm den Befehl mit saurem Gesicht entgegen, murrte aber nicht. »Und was ist mit diesem fremden Wesen, Herr?«
    »Mit wem! Ach, die!

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