Die Stimme der Erde
Gelächter aus und brachte mit Mühe hervor: »Dienwald, Ihr sprecht wie ein Höfling des Königs, und dabei liegt Ihr mitten im Schlamm... Ach, Dienwald, Euer Gesicht sieht aus ...«
Philippa war zu einer Schlammstatue erstarrt. Sie lag regungslos quer über ihm. »Rück zur Seite, Dirne!« sagte er grinsend. »Du siehst, daß wir Besuch haben. Wir müssen uns aufraffen und unsere Gäste gebührend begrüßen.«
Kassia, dachte Philippa. Kassia, die der elende Dienwald in sein Herz geschlossen hatte. Und Philippa konnte seine Gefühle für diese kleine, äußerst weiblich wirkende Person sogar nachempfinden. Diese mustergültige Frau würde sich nie dabei überraschen lassen, wie sie in einer Schlammlache quer über einem Mann lag. Ein Glück, daß sie mit Graelam de Moreton verheiratet war. Sie erinnerte sich, ihn einmal in Beauchamp gesehen zu haben.
»Beweg dich, Dirne!« sagte Dienwald lachend, umfaßte sie an der Taille und hob sie von sich weg. Behutsam setzte er sie dann auf trockenem Boden ab.
Sie spürte den schwarzen Schlamm an ihrem Gesäß.
»Graelam, geh schon mal mit deiner reizenden Gattin in den Saal! Ich muß mich nur waschen. Dann komme ich gleich nach.«
»Dafür wirst du wohl das ganze Wasser aus eurem Brunnen brauchen«, sagte Graelam, warf den Kopf zurück und lachte. »Nein, Dienwald, bewirf mich nicht mit Matsch! Meine Frau hat mir gerade diesen wunderschönen Waffenrock genäht. Allmählich gefällt mir dein schwarzes Gesicht. Es paßt zu deiner schwarzen Seele.«
Erst als Graelam und Kassia, gefolgt von einem halben Dutzend Kriegern aus Wolffeton, verschwunden waren, rührte sich Dienwald.
Philippa hatte kein Wort gesagt. Stumm saß sie wie ein Häufchen Elend im Matsch.
Dienwald rief nach einem Eimer Wasser. »Steh auf, Philippa! Los, komm da raus!« Dabei goß er ihr das kalte Wasser aus dem Eimer über den Kopf. Philippa schnappte nach Luft, fing an zu zittern und wischte sich mechanisch den Dreck vom Gesicht. Die Luft war an diesem späten Apriltag ziemlich kühl.
Nach drei weiteren Wassergüssen bat sie um die Seife.
»Du mußt dir das Kleid ausziehen«, sagte er und befahl der alten Agnes, zwei Decken zu holen. Dann blickte er auf die Zuschauer, die sich hinter vorgehaltener Hand über das Schauspiel amüsierten. Er brüllte: »Verschwindet hier! Alle! Wenn sich in zwei Sekunden noch jemand hier blicken läßt, kriegt er die stumpfe Seite meines Schwertes zu spüren!«
»Ja«, schrie Crooky, »aber den Weibern macht es Spaß, Eurem Spiel zuzuschauen.«
Dienwald brüllte abermals, und bald waren Philippa und er allein. Sie standen jetzt auf der Holzplanke und benutzten die neuangefertigte Seife. Dienwald hatte sich bereits nackt ausgezogen. Grinsend sah er Philippa an. »Ich habe alle weggeschickt, Dirne, wie du siehst. Jetzt zieh das Kleid aus!«
Sie tat es ohne Widerrede, und gemeinsam wuschen und schrubbten sie sich ab und begossen sich gegenseitig mit Wasser. Dienwald ließ kein Auge von ihr. Sie sah im Aprilsonnenschein sehr hübsch aus. Dann zog er sie an sich. Er gab ihr aber keinen Kuß, sondern seifte ihr den Rücken und das Gesäß ein. Sie spürte seine seifigen Hände zwischen den Beinen und erstarrte. Aber die Berührung war wohl nicht intim gemeint.
Als er fertig war, wusch sie ihm den Rücken, jedoch viel zurückhaltender, als er es bei ihr getan hatte.
Sobald sie sich abgetrocknet hatten, legte sich jeder eine Decke um. Philippas Gesicht glänzte jetzt rosig, das Haar klebte ihr naß am Kopf, und Dienwald fand ihren Anblick köstlich. Laut sagte er: »Dein Spiel hat mich geradezu verjüngt. Willst du mit in den Saal kommen und unsere Gäste begrüßen?«
Und mit Lady Kassia sprechen? dachte Philippa. Da würde sie sich todunglücklich fühlen und sich Vorkommen wie ein ungeschlachter Bettler, der, in eine Decke gehüllt, eine Prinzessin in schneeweißem Gewand anredet. Sie schüttelte den Kopf.
»Es sind aber Freunde von mir«, sagte Dienwald. Er bemerkte gar nicht, wie peinlich ihr eine solche Begegnung war, sondern dachte, sie stellte sich wieder mal stur.
»Jetzt nicht, wenn es Euch beliebt.«
»Na schön. Aber wenn du später doch kommen solltest, bitte ich dich, ihnen nicht deinen Namen zu nennen, und ihnen nicht zu verraten, daß du als Gefangene hier bist.«
»Als was soll ich mich denn ausgeben?« fragte sie.
Dienwald überlegte. »Als meine Waschfrau?«
»Nein.«
»Als meine Weberin?«
»Nein. Ich schlage vor, als Eure
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