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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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vorgesungen hast.«
    »Ich habe geahnt, daß so was passieren würde, Herr.«
    »Verschwinde! Ich will dich nicht mehr sehen, Narr!« Dienwald unternahm einen halbherzigen Versuch, Crooky in die Rippen zu treten, aber der Narr wälzte sich rechtzeitig aus seiner Reichweite.
    »Was wollt Ihr tun, Herr?«
    »Ich werde die Sache überschlafen. Morgen reiten wir dann nach Crandall und holen meinen Sohn und die Dirne.«
    »Und wenn Ihr erfahrt, daß sie Euch hintergangen hat?«
    »Dann lege ich ihr Fesseln an, binde sie an mein Bett und bringe ihr die Flötentöne bei, bis sie den lieben Gott und mich um Gnade anfleht.«
    »Und wenn Ihr erfahrt, daß sie Euch nicht hintergangen hat?«
    »Dann werde ich ... Aus meinen Augen, Narr!«
    Schloß Windsor
    »Dienwald de Fortenberry«, sagte König Edward und faßte seinen vom Reisestaub bedeckten Kanzler scharf ins Auge. »Ich habe von ihm gehört. Jetzt bin ich schon fast acht Monate auf englischem Boden, aber de Fortenberry hat es nicht für nötig gehalten, mir seine Aufwartung zu machen. Er war doch auch nicht bei der Krönung, nicht wahr?«
    »Nein. Aber warum sollte er auch, Sire? Wenn alle Eure Edelleute - bis zu den kleinen Baronen - Eurer Krönung beigewohnt hätten, wäre London aus allen Nähten geplatzt.«
    »Was hat er für einen Ruf?«
    »Er steht in dem Ruf, ein Schurke, Halunke, gelegentlicher Spitzbube und ein treuer Freund zu sein.«
    »Und Graelam würde es gern sehen, daß ein Halunke und gelegentlicher Spitzbube Schwiegersohn des Königs wird?«
    Robert Burnell nickte. Er war erst vor einer Stunde todmüde von der Reise zurückgekehrt. »Ja, Sire. Da Lord Graelam nicht genau wußte, ob Ihr Dienwald kennt, hat er mir alle seine Mängel und Tugenden aufgezählt. Er behauptet, Dienwald würde Euch nie um Gefälligkeiten bitten, und da er keine Familie hat, würde er auch nicht nach Euren Schatztruhen schielen. Lord Graelam und seine Lady nennen ihn ihren guten Freund. Und sie sagen, als Schwiegersohn des Königs würde er sein gesetzloses Treiben einstellen.«
    »Oder er würde es fortsetzen, in der Gewißheit, daß ich meinen Schwiegersohn nicht der Schlinge des Henkers ausliefern würde!«
    »Das hält Lord Graelam für ausgeschlossen, Sire. Dienwald de Fortenberry ist trotz allem ein Ehrenmann... nur eben wild und unabhängig wie seine Heimat Cornwall.«
    »Robbie, Ihr habt Euch von einem klugen Kanzler in einen honigsüßen Dichter verwandelt. Hmmm, de Fortenberry. Einen anderen Namen hat Euch Graelam nicht genannt?«
    Burnell schüttelte den Kopf. »Soll ich Euch vorlesen, was ich mir von Lord Graelams Bericht notiert habe, Sire?«
    Edward schüttelte den Kopf, daß die goldblonden Haare um seine Schultern flogen. Das Haar der Plantagenets, dachte Burnell. Er wünschte, er hätte Philippa zu Gesicht bekommen, um feststellen zu können, ob sie mit eben solcher Haarpracht ausgestattet war.
    »Erzähl mir jetzt von meiner Tochter!« sagte Edward plötzlich.
    »Aber faßt Euch kurz, Robbie! Ich muß mich gleich mit einigen langnasigen, unverschämten Schotten von Alexanders Hof herumstreiten.«
    »Ich habe sie nicht gesehen«, sagte Burnell schnell. Und dann wartete er darauf, daß sich ein Donnerwetter über seinem Haupt entladen würde.
    »Warum nicht?« erkundigte sich Edward freundlich.
    »Lord Henry sagte mir, daß sie gerade an der roten Ruhr erkrankt sei. Deshalb konnte er sie mir nicht vorstellen.«
    »Bei St. Gregors Zähnen, das Mädchen wird doch nicht daran sterben?«
    »Lord Henry versicherte mir, daß der Arzt auf Beauchamp keinerlei Befürchtungen hegt. Das Mädchen wird wieder gesund werden.«
    »Ich wünschte, Ihr wärt so lange geblieben, bis Ihr sie sprechen konntet, Robbie.«
    Dabei hatte ihn der König beschworen, so bald wie möglich zurückzukehren, und er hatte seinem Herrn wie immer gehorcht.
    »Lord Henry hat mir eine Miniatur des Mädchens mitgegeben.«
    Die Miene des Königs hellte sich auf. Burnell überreichte ihm das kleine Gemälde. Edward betrachtete das stilisierte Porträt und sah ein weißes, reines Gesicht und ein übertrieben spitz dargestelltes Kinn. Aber was seine Aufmerksamkeit fesselte, waren die blitzenden Augen der Plantagenets, Augen so strahlend wie der Sommerhimmel und so blau wie seine eigenen. Die Stirn war makellos, hoch und weiß, und sie hatte schmale Augenbrauen. Aber natürlich versucht ein Künstler immer zu schmeicheln, dachte er.
    Er steckte die Miniatur in den Waffenrock. »Ich muß es mir überlegen.

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