Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
Vom Netzwerk:
Gefallen. Dort kann er lernen, was Dienen heißt.«
    Wenigstens ist er nicht irgendwo in der Burg eingesperrt, dachte Philippa. Hoffentlich gingen die jungen Kerle nicht so grob mit ihm um! Sie zwang sich, noch etwas von der Kohlroulade zu sich zu nehmen. Dem Essen hätte eine Prise von dem wilden Thymian gutgetan, den sie gerade im Garten auf St. Erth angepflanzt hatte. In ihrem Garten. Es war merkwürdig, wie schnell sie in dieser sehr kurzen Zeit auf St. Erth heimisch geworden war. Und wie schnell ihr klar geworden war, daß der Burgherr der richtige Mann für sie war. Nur leider wollte er sie nicht haben. Er hatte sich sogar davor gehütet, ihr die Jungfernschaft zu rauben, weil er befürchtete, sie dann zu seiner Frau machen zu müssen.
    Energisch verbannte sie Dienwald aus ihren Gedanken. Jetzt war nur eins wichtig: Sie mußte Walter entfliehen und Edmund mitnehmen. Es blieben ihr nur wenige Tage. Dann würde Walter die Hochzeit anberaumen. Wenn sie nicht wollte, würde er sie zweifellos im
    Bett dazu zwingen. Zur Zeit schlief sie noch allein in einer winzigen Kammer. Dort gab es nicht mal frische Luft. Doch das war sogar gut, denn die stickige Luft in dem Kämmerchen ließ sie nachts nicht einschlafen, und so konnte sie nachdenken. Sie durfte nicht abwarten, ob Dienwald etwas unternahm. Sie mußte die Sache selber in die Hand nehmen, um Edmund und sich zu retten.
    Walter behielt sie an diesem Abend bei sich. Sie spielten Dame, und sie gewann die Partie. Sie ließ dabei außer acht, daß sie als Frau der männlichen Strategie eigentlich unterlegen sein müßte. Er nahm es ihr sichtlich übel.
    »Du hast nur Glück gehabt«, sagte er ärgerlich. »Als Kavalier habe ich dir zu lange Bedenkzeit gelassen. Da hast du mich reingelegt, Kusine, aber...« Spielerisch drohte er ihr mit dem Finger. »Ach, Philippa, du hast gewonnen, weil du so süß und sanft bist. Dein freundliches Wesen und deine herrlichen Augen haben mich vom Spiel abgelenkt. Nun siehst du mich geschlagen zu deinen hübschen Füßen. Alle meine Gedanken galten nur dir. Möchtest du jetzt schlafen gehen, meine Süße?«
    Dumm ist er nicht, dachte Philippa. Er ist wütend darüber gewesen, daß ich gewonnen habe, hat sich aber schnell gefangen, um einen guten Eindruck bei mir zu machen. Noch immer spielte er den verliebten Freier. Aber wie lange noch?
    Sie stand auf. Bevor er ging, faßte er sie an den Oberarmen und zog sie an sich. »Meine schöne Kusine«, sagte er und wollte sie küssen. Doch sie wandte den Kopf ab, und so traf er nur ihr Ohr. Das war ein Fehler. Seine Finger bohrten sich in ihre Haut, und sein Atem ging vor Ärger schneller.
    »Bitte, Walter«, sagte sie leise. »Ich möchte...« Sie fand keine Worte.
    Daraus zog er den falschen Schluß. »Ah ja, das kommt, weil er dich mißbraucht hat. Keine Angst, Kusine, ich werde dich nie gegen deinen Willen anrühren und dir nie weh tun. Ich werde für dich ein sanfter Herr sein. Du brauchst nur Vertrauen zu mir zu haben. Bei mir wirst du schnell vergessen, daß dir der Schurke Gewalt angetan hat. Schlaf gut, mein Herz!«
    Philippa nickte mit gesenktem Kopf. Doch dann sprudelte es aus ihr heraus: »Walter, du kennst mich doch kaum. Als du mich zuletzt gesehen hast, war ich noch ein kleines Kind. Warum willst du mich heiraten? Du weißt, daß ich keine Jungfrau mehr bin. Du weißt, daß mein Vater mir keine Mitgift gibt. Lieber Vetter, sag mir, warum du mich unbedingt zur Frau haben willst!«
    Sie hob den Kopf und wußte, daß sie wieder einmal mit den Füßen nachgedacht hatte statt mit dem Kopf.
    Aber auch Walter sah sich in der Klemme. Erneut fiel ihm die Widersprüchlichkeit in ihrem Wesen auf. Sie war nur eine Frau, war weichen Gemüts und lächelte ihn stets freundlich an. Und doch wagte sie es, ihn auszufragen, wenn auch in aller Freundlichkeit. Zunächst war er versucht, sie heftig zu schlagen, besann sich dann aber eines Besseren. Es lag bestimmt nur daran, daß Dienwald so grob mit ihr umgegangen war. Er, Walter, mußte ihr zeigen, daß er anders war. Zu schärferen Methoden würde er erst greifen, wenn sie ihn dazu zwang.
    »Ich liebe dich, seit ich dich vor fünf Jahren zum erstenmal gesehen haben, Philippa. Damals habe ich es Lord Henry gesagt, aber er hat nur lachend den Kopf geschüttelt und gesagt, ich wäre verrückt. Ich hatte schon fast alle Hoffnung aufgegeben, bis er zu mir kam und mir eröffnete, daß du geflohen seist, um der Hochzeit mit de Bridgport zu entgehen. Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher