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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Gräser stieg ihm in die Nase. Welch friedlicher Ort! Doch der Frieden täuschte. Geheimnisvolle Dinge gingen hier vor, die er nicht verstand. Er hatte keine Ahnung, was zu tun war. Schließlich stand er auf. »Ich muß die Botschaft an Kassia abschicken. Bestimmt wird sie dann bald hier sein, um nach ihrem Lord zu sehen.«
    Daria nickte nur.
    Es war mitten in der Nacht. Draußen tobte ein Unwetter. Blitze zuckten über den Himmel. Daria erwachte. Krämpfe wüteten in ihrem Unterleib. Sie stieß einen Schrei aus.

20
    Die Schmerzen waren unvorstellbar. Daria schrie gellend. Sie schlang die Arme um den Leib und zog die Beine an. Nichts half. Dann hörten die Schmerzen ebenso plötzlich auf, wie sie gekommen waren.
    Roland war beim ersten Schrei in die Höhe gefahren. Er war gerade im Einschlafen gewesen. »Daria!« Er faßte sie an den Armen und wollte, daß sie ihn ansah. Aber die Schmerzen trennten sie von ihm. Sie merkte nicht einmal, daß er bei ihr war. So hielt er sie fest, bis sie wieder ruhiger wurde und nur noch vor Anstrengung keuchte.
    »Es ist vorbei«, sagte sie leise mit rauher Stimme. »Es war schrecklich, aber jetzt ist es vorbei.«
    »Wo hast du die Schmerzen gehabt?«
    »Im Bauch. Krämpfe, schreckliche Krämpfe und...« Ihr Blick suchte ihn. »O nein!«
    Rasch zündete Roland mehrere Kerzen an. Als er sich umdrehte, stand sie neben dem Bett und sah an sich herab. Der Anblick jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Große Blutflecken waren an ihrem Hemd. Blut floß an ihren Beinen herunter. Zu ihren Füßen bildeten sich Blutlachen.
    Sie sah ihn fassungslos an. »Ich verstehe nicht.« Neue Krämpfe setzten ein, mit solcher Stärke, daß sie auf die Knie fiel.
    Sie verlor ihr Kind! Vornübergebeugt hockte sie auf dem Fußboden und stieß abgerissene Schreie aus. Er nahm sie auf die Arme und fühlte, wie ihr Körper sich gegen seinen Griff wand und aufbäumte. Als er sie wieder ins Bett legte, rollte sie sich sofort mit angezogenen Beinen auf die Seite, die Arme um den Leib gekrallt.
    Er griff nach seinem Schlafrock und rannte aus dem Zimmer.
    Auf dem engen Flur begegnete ihm Katherine. Im trüben Licht wirkte sie unnatürlich bleich.
    »Es ist das Kind! Sie verliert ihr Kind!«
    Katherine stürzte an ihm vorbei. Dann stand sie über ihrer Tochter und wünschte, sie könnte ihr die Schmerzen nehmen. »Gleich ist es vorbei, Daria«, sagte sie leise. »Du darfst deinen Mann nicht so erschrecken. Sieh ihn dir nur an! Er ist ja totenblaß. Er fühlt alle deine Schmerzen mit. Komm, Daria, gib ihm deine Hände! Er hilft dir.«
    Mechanisch griff er nach Darias Händen. Er kam sich so hilflos vor, daß er für jede Anweisung dankbar war. Jetzt hatte Daria ihn endlich wahrgenommen. »Roland, bitte, mach, daß es aufhört!«
    In ihrem Leib wüteten tausend Teufel, es wurde immer schlimmer, überstieg jedes vernünftige Maß und zerstörte sie von innen her. Sie betete darum, bewußtlos zu werden. Sie wünschte sich das blendende Weiß zurück, das ihr am Nachmittag erschienen war. Doch nichts erlöste sie. Sie mußte alles in voller Stärke erleiden. Sie fühlte, wie es ihr naß über die Beine lief. Da wußte sie, daß sie ihr Kind verlor, Rolands Kind. Die Feuchtigkeit war warm und klebrig.
    Und sie schrie, weil ihr Kind tot war. Sie schrie vor Trauer um sich und den Verlust ihres ungeborenen Kindes. Dann spürte sie fremde Hände an ihrem Körper, warmes Wasser und Tücher, die ihr sanft aufgelegt wurden. Roland drückte ihren Kopf an seine Brust. Sie hörte die harten Schläge seines Herzens. Jetzt sprach er zu ihr, aber sie verstand zuerst kein Wort. Erst nach einer Weile begriff sie, was er leise, aber beharrlich zu ihr sagte. Dabei zog er sie an sich und versuchte sie einzulullen.
    »Ruhig, Daria, sei jetzt still! Es ist alles gut. Jetzt ist alles wieder gut. Still!« Er wiegte sie in seinen Armen, küßte sie auf die schweißbedeckte Stirn, und vorübergehend war sie getröstet, hörte auf das, was er sagte, und überließ sich seinen sanften Worten.
    Dann hörte sie ihre Mutter sagen: »Ich muß nur die Blutung stillen. Halte sie ruhig! Versuche ... sie zu trösten!«
    Er hielt sich daran und erzählte ihr in aller Ausführlichkeit von seinem Besuch bei dem Bauern und den vier Töchtern dieses Mannes, die mit ihm nach Chantry Hall hatten gehen wollen, um in den Dienst seiner schönen Frau zu treten. O ja, sie hatten alle von ihr gehört, von ihrem freundlichen und sanften Wesen. Allmählich

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