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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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wollte er damit sagen, Daria?«
    »Ich durfte ihn nicht sterben lassen. Ich hatte eine Vision, und ich mußte verhindern, daß sie sich wie bei meinem Vater bewahrheitete. Das durfte einfach nicht sein. Ich habe zu oft in meinem Leben versagt. Diesmal durfte ich nicht versagen.« Damit ging sie aus dem Zimmer.
    Roland sagte zu Katherine: »Deine Tochter benimmt sich seltsam. Wovon redet sie überhaupt? Ich verstehe überhaupt nichts.«
    Katherine schüttelte abwehrend den Kopf und bedeutete ihm, ihr erstmal zu helfen. Gemeinsam verbanden sie Graelam mit vielen Stoffstreifen aus kräftigem weißem Tuch die verletzten Rippen.
    Roland zog dann Graelam vollständig aus und legte ihm eine leichte Decke über Beine und Unterleib. Indessen schaute Katherine aus dem Fensterspalt. Als Roland fertig war, fragte sie ihn: »Hat Daria dir von ihrem Vater erzählt?«
    »Nur, daß er kurz vor Edwards Aufbruch ins Heilige Land bei einem Turnier in London durch einen Unfall ums Leben kam.«
    »Die Sache hatte noch einen Haken. Drei Tage, bevor wir die Nachricht erhielten, hatte Daria ihn sterben sehen.«
    »Du meinst, sie hatte so etwas wie eine Vision?«
    »Ja, so kann man es nennen. Auf jeden Fall hat sie seinen Tod vorausgesehen.«
    Jetzt erinnerte sich Roland daran, daß Daria ihm einmal gesagt hatte, sie habe bei ihrer ersten Begegnung das Gefühl gehabt, ihn bereits zu kennen. Sie habe ihn in ihrem Inneren wiedererkannt.
    Das verwirrte ihn. Er mochte solch Gerede nicht. Das war doch alles Unsinn.
    »Mir ist klar, daß es dir schwerfällt, daran zu glauben, Roland. Aber stell dir einmal vor, wie das für Daria ist! Offenbar hatte sie gesehen, wie Graelam unter der einstürzenden Steinmauer verschüttet wurde. Doch irgendwie hat sie es fertiggebracht, ihn zu retten.«
    »Er war aber nie tot, sondern nur bewußtlos ... und das auch nur kurze Zeit.«
    »Kann sein«, sagte Katherine mit einem traurigen Lächeln. »Du darfst ihr aber deswegen keine Vorwürfe machen.«
    Roland warf den Kopf zurück und sagte mit kühler Zurückhaltung: »Ich bin doch kein Ungeheuer.«
    Im Weggehen fügte er hinzu: »Du mußt dich jetzt ausruhen, Katherine. Ich schicke Rolfe her. Er wird sich um seinen Herrn kümmern.«
    Im Obstgarten stieß er auf Daria. Sie saß auf der Steinbank, die jetzt allgemein Lady Katherines Bank genannt wurde, und schaute auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Wortlos setzte er sich neben sie.
    »Geht es Lord Graelam wieder besser?«
    »Ja, er kommt jedenfalls durch. Er schläft jetzt.«
    »Schickst du eine Botschaft an Kassia?«
    »Wahrscheinlich sollte ich das tun, bevor er wieder aufwacht. Er haßt Krankheit und Schwäche. Aber seine Frau muß benachrichtigt werden, für den Fall, daß irgend etwas schiefgeht. Wenn er vielleicht innere Verletzungen erlitten hat und ...«
    »Nein, er hat keine inneren Verletzungen.«
    Roland sah sie aus schmalen Augen an. »Du kannst das gar nicht genau wissen, Daria. Unmöglich! Warum behauptest du das mit solcher Sicherheit?«
    »Ich weiß es eben. Woher, ist gleichgültig. Ich habe jetzt viel zu tun, Roland. Wenn du mich im Augenblick nicht brauchst, dann ...«
    Er hielt sie zurück.
    »Ich werfe dir nicht vor, eine Hexe zu sein, falls du das befürchtest. Doch meine Männer könnten auf solche Ideen kommen. Du bist ja nicht dumm, Daria. Du weißt, daß es Gerede geben kann. Daher will ich, daß du mir genau sagst, was du getan hast, damit ich etwaigen Gerüchten entgegentreten kann.«
    »Ich schob die Männer beiseite und räumte die Steine selber weg. Sieh mal, ich wußte ja genau, welche Steine beiseite zu schieben waren, um Kopf und Oberkörper freizulegen. Dann sah ich ihn. Er lag regungslos da und atmete nicht mehr. Ich war zornig, daß ich mit den Fäusten wieder und wieder auf seine Brust einschlug und ihn wie ein keifendes altes Weib anschrie. Darüber werden deine Männer wahrscheinlich reden. Sie werden sagen, daß ich unvernünftig gehandelt hätte. Aber dann setzte seine Atmung wieder ein, und bald danach schlug er die Augen auf.«
    »Er ist nur bewußtlos gewesen.«
    »Ja, er ist nur bewußtlos gewesen.«
    Mit zusammengepreßten Lippen betrachtete er sie im Profil. »Du warst aber nicht dabei, als die Mauer ihn verschüttete.«
    »Nein, ich war im Wohnzimmer und stellte Kräutermischungen zusammen.«
    »Woher wußtest du dann, was geschehen war?«
    »Ich sah, wie es geschah.«
    Roland beobachtete, wie Bienen um den Apfelbaum in ihrer Nähe schwärmten. Der würzige Duft der

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