Die Stimme des Blutes
erwiderte ihren musternden Blick. Sein häßliches Gesicht zeigte äußerste Verwirrung und tiefe Verwunderung.
Sie hob den Kopf. »Roland, hat er dir auch wirklich nichts getan? Bist du ganz heil geblieben? Ich begreife es nicht.«
Sie mußte irgend etwas falsch gemacht haben. Sein Gesicht drückte die unterschiedlichsten Empfindungen aus. Er war zornig ... ja, das war deutlich zu spüren ... aber dann schien sein Zorn zu vergehen und wurde von einer anderen Gemütsbewegung abgelöst ... Und dann fing er an zu lachen. Er warf den Kopf zurück und lachte dröhnend. Es dauerte nicht lange, und alle Männer im Innenhof folgten seinem Beispiel, lachten wie wahnsinnig und hielten sich dann vor Lachen die Seiten. Schließlich stimmte auch der Hüne mit tiefen, rauhen Tönen in die allgemeine Fröhlichkeit ein.
Man lachte über sie!
In diesem Augenblick merkte sie, daß sie sich das Kleid unter dem linken Arm aufgerissen und einen ihrer Lederschuhe verloren hatte. Er lag neben ihr auf den Pflaster. Ihr Haarband hatte sich gelöst, und die Haare hingen ihr wild über die Schultern. Das Gelächter schwoll noch an. Sie kam sich albern vor.
Mit einem Schrei rannte sie los, auf den schmalen Durchgang zu, der den inneren mit dem äußeren Burghof verband. Das Fallgitter war hochgezogen, und niemand stellte sich ihr in den Weg.
»Daria! Warte doch!«
Roland wandte sich an seinen Gegner, den hünenhaften Rollo. »Nett von dir, daß du ihr kein Härchen gekrümmt hast. Vielen Dank.« Dann fuhr er die übrigen Männer an: »Alle wieder an die Arbeit, aber schnell!«
»Das war wohl der beste Ringkampf, den ich je gesehen habe«, sagte Salin zu Rollo. »Ich kann nur hoffen, daß er etwas Gutes bewirkt hat.«
Rollo schüttelte immer noch verblüfft den Kopf. »Sie ist mir auf den Rücken gesprungen und hat mir immerzu auf den Schädel gehauen. Ja, sie wollte mir sogar mit ihren dünnen Ärmchen das Genick umdrehen.«
»Ja, du wirst auch ein blaues Auge zurückbehalten. Aber dein Genick ist ja dicker als der Stamm einer Eiche. Da war für sie nichts zu machen.«
Rollo sah staunend Daria nach. »Die hat mich angegriffen, und dabei hätte ich sie mit einem Schlag alle machen können.«
»Ja«, sagte Salin, »sie ist eben seine Frau.«
»Na, so was«, sagte Rollo, »eine Frau greift mich an! Na, jetzt geh' ich aber zu meinem Bauernhof zurück. Du kannst deinem Herrn sagen, ich komme jederzeit wieder her, wenn er den Kampf wieder aufnehmen will.«
Roland gab es bald auf, seiner Frau nachzurufen. Dafür holte er sie außerhalb der Burgmauern auf der Kuppe eines mit dichtem grünem Gras bedeckten kleinen Hügels ein. Er packte sie am Arm, und sie riß sich wieder los. Da er dabei stolperte und das Gleichgewicht verlor, rollten beide den Grashang hinunter. Am Fuß des Hügels blieben sie liegen, Roland auf dem Rücken und Daria auf der Seite.
Sie lag, wenigstens körperlich unverletzt, da und schnappte nach Luft. Dann sprang sie auf die Beine. Roland sah ihr grinsend zu. Mit einem erneuten Aufschrei machte sie sich daran, den Hügel wieder zu erklimmen. Aber da erwischte er sie noch am Fußgelenk, zog sie sachte herunter, und sie landete rücklings an seiner Brust. Er hörte nicht auf zu lachen. Er lachte über sie! Da sah sie rot und stürzte sich jetzt mit fliegenden Fäusten auf ihn.
»Hör auf, du ekelhafter Kerl! Du sollst nicht über mich lachen!«
Roland zog sie an sich und hielt ihr die Arme fest, um sich vor ihren Schlägen zu schützen. »Still!« sagte er. »Ganz ruhig!«
»Ich habe schließlich nicht gelacht! Ich hasse dich!«
»Das stimmt doch gar nicht. Lüge nicht! Es paßt nicht zu dir.« Dann knabberte er an ihrem Hals. Der Riß im Kleid ging jetzt beinahe bis zur Taille, und als er den Mund auf die glatte Haut an ihrer Schulter drückte, erfaßte ihn ein ungeheuer starkes Verlangen.
Er konnte an nichts mehr denken. Er griff nach den Trägem ihres Hemds und riß sie entzwei. Dann zog er ihr den abgetragenen Baumwollstoff bis zur Hüfte herunter, so daß ihre Brüste frei lagen. Jetzt hielt sie still.
»Verdammt schön bist du.«
Sie schluckte und wollte sich befreien, aber er hielt sie eisern fest.
»Bist du wieder ganz hergestellt?« erkundigte er sich mit erregter Stimme. »Nicht mehr von innen wund?«
Doch die Antwort wartete er gar nicht ab. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und überschüttete sie mit gierigen Küssen. Unvermittelt empfand Daria Freude darüber. Gleich darauf wurde daraus
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