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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Sinnes werde, denn Damon Le Mark ist eine Giftschlange, die man zertreten muß.«
    »Womit habt Ihr ihm für den Fall gedroht, daß er Eure Forderung zurückweisen würde? Daß Ihr mich umbringen würdet?«
    Dies ging weit über das hinaus, was der Graf einer Frau gestattete. Er handelte blitzschnell. Er gab ihr einen heftigen Backenstreich, der sie zurücktaumeln ließ. Mit der Schulter prallte sie schmerzhaft gegen den Türpfosten.
    »Halt deinen frechen Mund, Daria! Solche unverschämten Äußerungen mißfallen mir sehr - und dem lieben Gott auch.«
    Wut packte sie. Doch es war eine andere Wut als die auf ihren Onkel, der mit kaltem Bedacht Grausamkeiten verübte und sich daran weidete. Daher war ihre Wut auf Edmond von Clare schnell verraucht. Der Graf hielt es einfach für seine Pflicht, sie - eine Frau -ständig zu ermahnen und zu strafen. Er glaubte, er täte es zu ihrem Besten und nicht, weil es ihm ein perverses Vergnügen bereitete. Er wollte sie ein seiner Meinung nach anständiges Benehmen lehren.
    Roland hielt sich im Dunkel zurück. Er mußte sich allerdings sehr beherrschen. Er hatte ihre Frage an Clare gehört und dann gesehen, wie er sie schlug.
    Er stellte fest, daß er sie in diesem Augenblick bewunderte. Sie hatte Mumm im Leib, der mit den Jahren noch stärker werden würde, wenn man ihr die geringste Gelegenheit und Ermunterung verschaffte. Sie weinte nicht, und sie gab keinen Laut von sich. Sie strich nur glättend über ihren Mantel und stand schweigend, stolz und trotzig da, in Erwartung dessen, was der Graf von ihr verlangen würde. Roland fragte sich, wie oft er sie wohl während ihrer Gefangenschaft geschlagen haben mochte, um sie auf ihren Platz als Frau zurückzuweisen. Er mußte sie bald von hier wegbringen.
    Im Verlauf dieses Tages erkundete Roland die ganze Burg und fand einen Fluchtweg, den er benutzen würde. Er erfuhr, daß Daria ihre Zofe bei sich hatte, und beschloß, diese ältere Frau nicht mitzunehmen. Sie würde bei der Flucht nur zum Hemmschuh werden. Die Zofe mußte hierbleiben.
    Am Abend nahm der Graf ihn wieder voll in Beschlag, so daß er keine Gelegenheit bekam, insgeheim mit Daria zu sprechen. Sie sah ihn jetzt nicht mehr so an, als wäre er ein Schreckgespenst oder als wäre sie ihm schon früher einmal an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit begegnet. Dennoch vermied sie seinen Blick, was ihm unverständlich war und seinen Ärger erregte.
    Beim Schachspiel sagte der Graf, eine Figur ziehend, zu ihm: »Mich interessiert eine bestimmte Streitfrage.«
    Roland setzte seinerseits den Königsbauern vor und wartete ab. Er hatte den Wert der Geduld schätzen gelernt.
    »Haben Frauen eine Seele? Was glauben die Benediktiner?«
    »Wie Ihr schon sagtet, ist es eine strittige Frage. Selbst im Benediktinerorden gibt es hier entgegengesetzte Meinungen.« Auf einen Bauernzug des Grafen antwortete Roland, indem er den Königsspringer weiterzog.
    »Ja, gut, aber als Benediktiner seid Ihr doch sicherlich der Ansicht, daß man eine Frau für Ungehorsam, schlechte Laune, Faulheit oder Unfrömmigkeit züchtigen muß, nicht wahr?«
    »Allerdings. Doch ist es allein Sache ihres Gatten, das geeignete Züchtigungsmittel anzuwenden.«
    Der Graf zog die dichten, roten Brauen zusammen. »Sie ist ja schon beinahe meine Frau. Sie ist jung und daher noch zu formen. Aber sie hat auch die ganze Perversität ihre Geschlechts in sich, und in ihren Adern rollt das Blut eines Mannes, der in Sünde verkommt. Von Tag zu Tag wird sie frecher. Daher braucht sie die harte Hand eines Mannes.«
    »Doch noch ist sie nicht Eure Frau.«
    »Wenn sie keine Seele hat, kommt es auch nicht darauf an, was sie ist - Ehefrau, Hure oder Jungfrau.«
    Roland umklammerte den Damenläufer und schob ihn dann weiter. »Ich glaube, daß Frauen ebenso Gottes Geschöpfe sind wie Männer. Sie sind genauso geschaffen wie wir - sie haben Arme, Beine, ein Herz und eine Leber. Sie sind nur schwächer, körperlich und vielleicht auch geistig. Dafür haben sie andere Werte. Sie gebären Kinder und sind bereit, sie mit ihrem Leben zu schützen. Daher haben sie genausoviel Anspruch auf Gottes Gnade wie der Mann. Schließlich, Mylord, können wir uns allein nicht fortpflanzen, und wir können unseren Kindern nicht die Brust geben. Der liebe Gott hat ihnen diese Eigenschaften geschenkt, die die Fortdauer des Menschen und damit seine Unsterblichkeit sichern.«
    »Ihr kommt mir mit Sophisterei, Pater, statt meine Frage zu beantworten.

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