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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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näher erläutern zu lassen. »Wie gesagt, ich kam her, um Euch zu befreien.«
    »Ich möchte aber Ralph von Colchester nicht heiraten. Er ist ein liederlicher, schwacher und charakterloser Lump.«
    Roland sah sie finster an. »Das geht mich nichts an. Euer Onkel bezahlt mich dafür, daß ich Euch zu ihm zurückbringe, und das werde ich tun. Was dann mit Euch geschieht, ist Sache Eures Onkels. Er ist Euer Vormund. Die Entscheidung liegt bei ihm. Eine Frau darf nicht selber bestimmen, wer Ihr Gatte sein soll. Das würde die Welt ins Chaos stürzen.«
    »Diese Welt, die Ihr Männer von Anbeginn der Zeiten regiert, steuert unentwegt ins Chaos. Was könnten da Frauen noch für Unheil anrichten?«
    »Aus Euch spricht Unwissenheit. Vielleicht fehlt es Eurem Onkel an Klugheit und Mitgefühl, aber es gehört sich, daß Ihr Euch ihm unterwerft.«
    Daria seufzte. Er war wie alle Männer, die bisher ihren Weg gekreuzt hatten. Der Mann befahl, und die Frau hatte zu gehorchen. Schade! Diesem Mann, den sie zu kennen glaubte, der sie aber nicht kannte, war es also gleichgültig, was aus ihr wurde. Was ging es ihn auch an? Dieses unverständliche Wiedererkennen ging ja nur von ihrer Seite aus, dieses wundersame Gefühl hatte nichts mit ihm zu tun. Plötzlich fiel ihr etwas ein: Wenn er sie aus den Händen Edmond von Clares befreit hatte, konnte sie immer noch ihm entfliehen. Ihm war es ja gleichgültig, was aus ihr wurde.
    »Ihr habt mir immer noch nicht Euren Namen gesagt.«
    »Ihr könnt mich Roland nennen.«
    »Ach, wie der schrecklich tapfere Roland unter Karl dem Großen? Wann verlassen wir diesen Ort, Sir?«

3
    Darias Frage brachte Roland aus dem Gleichgewicht. »Einfach so? Ihr glaubt mir also? Ihr wollt mit mir gehen? Ihr verlangt keine weiteren Beweise?«
    »Selbstverständlich glaube ich Euch. Ich bin überzeugt daß Ihr kein Priester seid.«
    »Warum?«
    Am liebsten hätte sie ihm gesagt, wie froh sie darüber war, daß er kein Mann Gottes, sondern ein Mann dieser Welt, einfach ein Mann war. Statt dessen fragte sie: »Habt Ihr meine Mutter gesehen? Geht es ihr gut? Ihr wart doch auf Burg Reymerstone?«
    »Ja. Eurer Mutter schien es gut zu gehen. Ihr seht ihr recht ähnlich, jedenfalls im Gesichtsausdruck. Wenn ich mich recht erinnere, war Euer Vater so dunkel wie ein Neapolitaner.«
    »Ihr habt meinen Vater gekannt?«
    »Ja, als junger Mann im Gefolge König Edwards. Sir James war ein tapferer und zuverlässiger Mann. Ein Jammer, daß er unter so tragischen Umständen ums Leben kam. Er hat Edward im Heiligen Lande sehr gefehlt.«
    Plötzlich ging die Tür der Kapelle auf, und der Graf erschien wieder. »Nun, Mädchen? Sag mir die korrekte liturgische Antwort!«
    Daria erwiderte rasch mit unbewegter Miene: »Et cum spiritu tuo.«
    Der Graf nickte. »Gut. Ich bin mit dir zufrieden. Ich war immer der Ansicht, daß auch Frauen etwas lernen können, und du hast es mir eben bewiesen. Was meint Ihr dazu, Pater?«
    Roland sah Daria so anerkennend an wie einen Hund, der soeben ein kleines Kunststück vollbracht hat. Im Priesterton sagte er: »Frauen können lernen, Worte nachzusprechen - in jeder Sprache -, wenn man ihnen genügend Zeit für häufige Wiederholungsübungen läßt. Es ist allerdings zu bezweifeln, daß sie die Bedeutung voll erfassen, aber Gott hat Nachsicht und Verständnis für das schwächste seiner Geschöpfe.«
    Der Graf nickte. Daria knirschte mit den Zähnen.
    »Du kommst jetzt mit mir, Daria«, fuhr der Graf fort. »Ein Händler ist eingetroffen, und du sollst dir ein Stück von seinem mitgebrachten Putz aussuchen. Am 31. Mai wirst du meine Gattin. Deshalb will ich dir meine Gunst beweisen.«
    Gehorsam folgte sie dem Grafen aus der Kapelle. Erst als sie draußen allein waren, fragte sie: »Habt Ihr mich deshalb entführt, Mylord? Um mich zu heiraten?«
    Für den Grafen grenzte ihre Frage an Unverschämtheit. Doch diesmal wollte er Gnade vor Recht ergehen lassen. »Nein, meine Kleine, ich habe dich entführt, weil ich mich an deinem Onkel rächen wollte. Ich hasse ihn wie keinen anderen Mann auf der Welt. Zuerst verlangte ich deine Mitgift als Lösegeld. Doch dann merkte ich, wie mein Herz in deiner anmutigen Gesellschaft höher schlug, und deshalb änderte ich meine Forderung. Bis Ende Mai wird er mir seinen eigenen Priester mitsamt deiner Mitgift schicken, und dann feiern wir Hochzeit. Danach kann er sich vor meiner Rache sicher fühlen. Das heißt, vielleicht. Kann auch sein, daß ich wieder anderen

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